Kirchengemeinden auf Instagram

Segen per Video

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Viele junge Menschen sind auf der Internetplattform Instagram aktiv, wo Bilder und Videoclips von den Nutzern hochgeladen werden. Auch Kirchengemeinden können sich dort präsentieren, mit Impulsen oder einem kurzen Segen.


Auf dem Instagram-Account der Pfarrei Seliger Eduard Müller
findet sich der "Instasegen".

Schauspieler werben für ihren neuen Film, Teenager zeigen ihre Urlaubsfotos, Firmen präsentieren ein neues Produkt. Die Fotos auf Instagram setzen Menschen und Dinge in Szene, wer darauf klickt, kann den dazugehörenden Text lesen. Manchmal steht da, wo und wann das Bild aufgenommen wurde, manchmal liest man nur ein „So schön hier heute!“. Welcher Berg im Hintergrund zu sehen ist, bleibt unerwähnt. Oft geht es nicht um Infos, sondern um Emotionen. Viele, die auf Instagram aktiv sind, wollen mit denen, die ihnen dort folgen, ihre Gefühlswelt teilen. 

Auch katholische Verbände, Hilfswerke und Bistümer sind auf Instagram vertreten, die Kirchengemeinden ziehen nach. Doch was macht einen guten Instagram-Auftritt aus? Dafür brauche es Personen, die authentisch sind, die sich der richtigen Sprache und Ästhetik bedienen, sagt Tobias Aldinger, Referent für Glaubenskommunikation und Evangelisierung im Erzbistum Freiburg und Mitglied der Netzgemeinde „da_zwischen“. Auf Instagram gehe es um Interaktion mit denen, die die Beiträge lesen, also den Followern. Wer dort einen Account betreibe, müsse sich fragen: „Habe ich Lust auf meine Community?“ Aldinger ist selbst unter @tobiald auf Instagram aktiv und hat die Seelsorgeeinheit Waldkirch in Bezug auf Instagram beraten.


Warum  wollen wir das?
Als Erstes, so sagt Tobias Aldinger, möge sich das Gremium einer Pfarrei, das einen Instagram-
auftritt wünscht,  fragen, warum die Gemeinde auf Instagram mitmischen will. Sucht der Kirchenvorstand nur einen weiteren Social-Media-Kanal, um auf Termine aufmerksam zu machen, auf das tolle Orgelkonzert, den spirituellen Gemeindeabend? „Ein institutioneller Account ist völlig sinnlos“, sagt Aldinger. Das Medium Instagram lebe von Persönlichkeiten, die Lust hätten, mit anderen in Kontakt zu treten. „Wenn ich als Kirchengemeinde auf Instagram vertreten sein will, brauche ich Leute, die es machen können und die Ahnung haben.“

Wer soll es machen?
Instagram sei an Personen gebunden, sagt Aldinger. Deshalb müsse man überlegen, wer daran Freude haben könnte, wen man ansprechen kann. Man könne das Pflegen des Accounts nicht einfach an jemanden aus dem Seelsorgeteam delegieren und sagen: „Mach das mal nebenher.“  

Sprache und Ästhetik
Wenn sich jemand gefunden hat, der Lust auf Instagram hat und dort vielleicht auch privat unterwegs ist, sollte diese Person „Sprache und Ästhetik“ des Mediums treffen: Lust haben, mit Bildern und Videos zu arbeiten, Texte in der Erklärungsspalte kurzfassen, die Nutzer duzen. „Man kann auch Sie sagen, aber das dann ganz bewusst entscheiden“, rät Aldinger. 

Brauche ich ein Team?
Weil im Instagramaccount regelmäßig neue Inhalte auftauchen sollten, ist der zeitliche Aufwand nicht zu unterschätzen. Gut sei, wenn man von Anfang an im Team arbeiten könne, sagt Aldinger. Zwei, drei oder fünf Leute, die alle die Zugangsberechtigung haben, um etwas  zu posten. Nur so könne man aktuell bleiben und dem Medium entsprechend Dialog und Interaktion pflegen, also auf Kommentare der Follower wieder reagieren. Kernfrage für alle sei: „Habt Ihr Lust auf Eure community?“

Viele Helfer beteiligen
Weil in einer Pfarreiengemeinschaft viel an verschiedenen Standorten passiert, ist es gut, alle einzubinden. Kita-Personal und Katechten, Lektoren und Gruppenleiter – alle sollten mitmachen. Manchmal ist es möglich, anhand des Jahreskreislaufs Beiträge vorzuplanen, Aktionen zum Thema fairer Handel mit Fotos auf Instagram darzustellen oder ein schönes Bild von der Roratemessen im Advent hochzuladen. Es sei zum Beispiel möglich, im Sommer den Account ganz vom Zeltlagerteam übernehmen zu lassen, sagt Aldinger, so sprechen junge Leute andere Jugendliche an.


Die "tagesschau" berichtete über volle Altkleidercontainer,
das wurde kommentiert.

Das Gesamtkonzept
Von Vorteil sei auch, wenn die Gemeinde ein Gesamtkonzept entwickle. Und sich frage: Welches ist unsere Zielgruppe? Wen wollen wir auf Instagram erreichen? Das seien in der Regel Menschen zwischen 14 und 44, die eine Kirchengemeinde sonst eben nicht mehr erreicht. Für das Design des Auftritts könne man sich den Rat von Profis holen.

Waldkirchkatholisch
In der Seelsorgeeinheit Waldkirch (Erzbistum Freiburg) wird der Instagramaccount von Diakon Jörg-Christoph Gairing gepflegt. Der 39-Jährige stellt die Inhalte ein, die Infos und Fotos dazu bekommt er von anderen aus der Gemeinde geliefert. Die Videos zu der Serie „Ortsgespräch“ dreht und schneidet er selbst, dazu nutzt er sein Smartphone. Ein Videoclip von einer Minute erfordert einen mehrstündigen Zeitaufwand für Hinfahrt zum Dreh, Rückfahrt, Schnitt und Hochladen.

Der „Instasegen“
Ebenfalls auf Instagram vertreten ist die Pfarrei „Seliger Eduard Müller“ aus dem Erzbistum Hamburg. Die Pfarrei erstreckt sich über ein großes Gebiet mit neun Kirchstandorten, unter anderem in Neumünster, Bad Bramstedt und Bad Segeberg. Der Instagramaccount existiert seit November 2019 und wird von David Dudyka gepflegt, der mit einer halben Stelle für Öffentlichkeitsarbeit in der Pfarrei beschäftigt ist. Dudyka hat das Format des Instasegens entwickelt, ein kurzes Video, das am Freitagabend zum Auftakt des Wochenendes hochgeladen wird. Das Video ist mit Musik unterlegt, einige Einstellungen zu Beginn sind immer gleich: Blick auf Kerzen; Füße, die eine Treppe hochgehen; eine Hand, die eine Türklinke herunterdrückt. Und schon stehen die Zuschauer mit Pastor Robert Schönmüller in der Kirche und hören, was er diese Woche kurz und knapp zu sagen hat. Das Video ist mit Musik unterlegt und endet mit einem Segen.

Den Ton treffen
Beim Instasegen zeige sich, dass es sehr  von den Akteuren abhänge, wie das Format ankomme, sagt David Dudyka. „Es ist wichtig, dass man verschiedene Menschen vor der Kamera hat. Jeder erreicht mit seinem Ich eine bestimmte Zielgruppe aus einem bestimmten Milieu.“ Man müsse unterschiedliche Personen präsentieren. So habe Pastor Schönmüller eine direkte Art, die bei vielen Menschen gut ankomme, Kaplan Gábor Kant oder Gemeindereferent Thorsten Tauch sprächen wieder andere Menschen besonders an. „Das ist keine One-Man-Show“, sagt Dudyka. Er würde gerne mehr Frauen im Instasegen präsentieren, aber nicht alle seien bereit, vor der Kamera zu stehen.

Ans Zielpublikum denken
Diakon Jörg-Christoph Gairing von der Seelsorgeeinheit Waldkirch versteht den Instagramaccount als offenes Fenster, mit dem man anderen Menschen zeigen könne, „wie wir das Christentum vor Ort leben und dass wir nicht im Elfenbeinturm sind.“ Instagram richte sich an ein jüngeres Publikum, das man sonst nicht erreichen könne. Die anderen würden bereits durch Medien wie Tageszeitung, Pfarrbrief und Facebook erreicht. 
David Dudyka hofft, dass der „Instasegen“ Menschen anspreche, die sonst kaum etwas mit Kirche zu tun haben. Wenn das Video auf dem Marktplatz in Neumünster aufgenommen wurde, versieht er es mit dem hashtag #Neumünster; so landet vielleicht auch eine junge Frau, die aus dem Ort kommt, auf dem Account der Pfarrei. Und schaut sich an, wie Kaplan Gábor Kant in 45 Minuten auf den Punkt bringt, wofür man an diesem Tag um Gottes Segen bitten kann.

Andrea Kolhoff