Aktionen in den Gemeinden
So kreativ kann Advent sein
Dieses Jahr ist der Advent anders. Viele traditionelle Aktionen und Veranstaltungen können nicht stattfinden. Dafür gibt es andere Ideen. Wie der Advent trotz Corona zu einer Zeit der Vorfreude werden kann, zeigen Beispiele aus den Gemeinden des Bistums Osnabrück.
10.000 Segenstüten für Christen in Nordhorn
„Weihnachtlich(t)“ – so lautet der Name einer Aktion von fünf Konfessionen in Nordhorn. Gemeinsam werden 10 000 „Segenstüten“ gepackt für Menschen, die aufgrund der Corona-Pandemie nicht an den Gottesdiensten teilnehmen können oder wollen. Neben einem Anschreiben der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Nordhorn (ACK) finden sich in den Tüten eine weihnachtlich gestaltete Kerze, das Weihnachtsevangelium, das in verschiedenen Rollen an Heiligabend zu Hause in den Familien gelesen werden kann, ein kurzer Hausgottesdienst mit Gebet und Lied und ein Leporello zum Ausmalen und Basteln für die Kinder.
Entstanden war die Idee bereits im September in der Ökumenischen Pastoralkonferenz. Das Packen der 10 000 Tüten erfordert viele Helfer: Allein in der katholischen Stadtpfarrei sind Gruppenleiterrunden, Pfadfinder, Gemeindeausschüsse sowie weitere Ehrenamtliche und Hauptamtliche im Einsatz. Die Tüten stehen ab dem 2. Advent unter anderem in den Kirchen zum Mitnehmen bereit. Dann sind die Gottesdienstbesucher gefragt, an die daheim gebliebenen Menschen zu denken und die weihnachtliche Botschaft buchstäblich in die Welt zu tragen.
Sebastian Hamel
Trotz Corona: Im Advent Kontakte pflegen
Wenn Andreas Langkau an Heiligabend denkt, klingt er ein wenig skeptisch. „Ganz unbeschwert und in großer Zahl können wir sicher nicht zusammenkommen“, sagt der Bildungsreferent aus Borkum. Deshalb möchte er den Blick vom reinen „Feiern“ verlagern auf das gemeinsame „Tun“ – schon jetzt, lange vor dem Fest. In Beziehung zu bleiben mit dem Nächsten und mit Gott, darin liegt für den Seelsorger das Wesen von Weihnachten.
Daher hat er einen „Kontakt-Adventskalender“ entworfen, den sich nicht nur Borkumer auf der Internetseite der Kirchengemeinde herunterladen können. Jedes Kind, jeder Jugendliche und Erwachsene kann sich auf dieser Vorlage Namen eintragen: von Großeltern, Freunden, Bekannten, Arbeitskollegen, Schulkameraden oder Gemeindemitgliedern. Entweder für jeden Tag bis Heiligabend oder auch nur an zwei oder drei Terminen – je nachdem, wie viel Zeit man erübrigen kann. Und dann schickt man der Person eine schöne Karte, greift zum Telefon und ruft an oder – falls möglich – steht für einen kurzen persönlichen Gruß an der Haustür. „Jeder kann das so machen, wie er oder sie möchte“, sagt Langkau ausdrücklich. „Hier geht es nicht um einen Wettbewerb, sondern darum, Kontakte zu pflegen oder sogar neue Beziehungen aufzubauen. Dafür ist der Advent doch eine schöne Zeit.“ Der Kalender kann seiner Ansicht nach dabei helfen, trotz aller notwendigen Beschränkungen miteinander verbunden zu bleiben – über die Ferne hinweg und mit den Menschen, die wegen ihres Alters oder Krankheiten eher zu Hause bleiben möchten.
Auch Melanie Paul, ihr Ehemann und die zwei Kinder machen bei dieser Aktion mit. „Unser Kalender hängt zentral am Kühlschrank in der Küche“, sagt sie. Vor gut einem Jahr ist die Familie aus Nordbaden auf die Insel Borkum gezogen – „das war schon immer unsere zweite Heimat.“ Aber natürlich stellt Melanie Paul fest, dass es aus der Distanz nicht ganz einfach ist, den Kontakt zu Freunden und früheren Kollegen zu halten. „Da kommen einem tausend Sachen dazwischen und man schiebt den Anruf immer wieder auf.“ Deshalb empfindet sie den Adventskalender als „tolle Sache“, sich selbst ein wenig für ein Telefonat oder einen Brief zu verpflichten. Anfangs hatte die Familie daran gedacht, nur für die Wochenenden Namen in den Plan zu schreiben. „Aber dann hat sich die Liste ganz schnell für alle 24 Tage gefüllt“ – mit Großonkeln und Patentanten, alten Schulfreunden und Musikkameraden, auch das frühere Au-Pair-Mädchen in Russland steht darauf. Der erste Anruf geht an einen ehemaligen Schulkameraden ihres Mannes, der letzte am Heiligabend an die Eltern. „Wir freuen uns schon darauf.“
Andreas Langkau hat sich ebenfalls für die Maximum-Variante entschieden und 24 Namen in seinem Adventskalender notiert: von nahen und entfernt wohnenden Freunden, von Borkumern und älteren Menschen im Seniorenheim. Er freut sich schon auf manchen Anruf, auf sicher auch erstaunte Reaktionen und positive Antworten. Für den Seelsorger kann so ein Grundgeheimnis von Weihnachten im Alltag konkret umgesetzt werden: „Wie Gott den Menschen in Jesus auf ungewöhnliche, aber sehr persönliche Weise nahe gekommen ist, so nähern auch wir uns einander in dieser Zeit der großen Kontaktbeschränkungen.“ Er hofft, dass die Idee Kreise zieht.
Petra Diek-Münchow
Die Vorlage für den Kalender gibt es als Download
Sternenfenster laden ein
Sterne haben in der Advents- und Weihnachtszeit eine besondere Bedeutung. Die Pfarreiengemeinschaft Wallenhorst lädt in der Adventszeit Familien dazu ein, jeden Tag einen gebastelten Stern ans eigene Fenster zu hängen. Abends können die Sterne beleuchtet werden. So können Spaziergänger auch in den Abendstunden die bunten Fenster erkennen. An Heiligabend weist ein größerer Stern darauf hin: Jetzt ist Weihnachten da!
Kirchenmusikerin Maria Hartelt ist für die Adventsaktion zuständig: „In unserer Familie habe ich früher in der Adventszeit einen gebastelten Stern für die Kinder versteckt, der erst gesucht werden musste, bevor wir ihn aufhängen können“, erzählt sie. Familien könnten dazu das Lied „Tragt in die Welt nun ein Licht“ singen. Dies sei eine schöne Alternative zum traditionellen Adventskalender. Auch könnten sie Sterne für Großeltern, Nachbarn oder das Altenheim basteln. Hartelt: „Die Aktion verbindet Familien, obwohl man sich nicht treffen kann. Vor allem die Kinder merken, dass sie nicht allein sind in dieser schwierigen Zeit.“
Mit Sternen möchten auch Jugendreferentin Manuela Hauke und der Pfarrgemeinderat St. Pankratius aus Borgloh die Gemeinde durch den Advent begleiten. Sie laden zu einem besinnlichen Spaziergang durch das Dorf ein, bei dem 24 geschmückte Adventsfenster zu bewundern sind. Vereine, Verbände und Familien machen mit. So entsteht ein bunter Rundgang durch das Dorf. Ziel sei es, die Gemeinde auf den Weg zu bringen, so Hauke. Die Corona-Zeit biete die Chance, auch außerhalb der Gottesdienste andere Formen der Gemeinschaft zu erleben und präsenter zu werden: „Kirche ist in den Zeiten viel kreativer und lebendiger.“
Catharina Hövermann
Goldene Schätze in Bremen
Wer in diesen Tagen am Atrium Kirche in Bremen vorbeiläuft, sollte sein Handy griffbereit haben. Die Fensterfront des katholischen Informationszentrums leuchtet golden. 24 QR-Codes sind dort angebracht – dahinter verbergen sich 24 adventliche Botschaften. Die Codes müssen mit dem Handy nur einzeln gescannt werden. Dann öffnen sich Türchen in Form eines kurzen Videoclips, eines Fotos, eines Weihnachtsgedichts von Bertolt Brecht, einer biblischen Geschichte oder eines fiktiven WhatsApp-Chats zwischen Maria und Josef. Besinnliches, Überraschendes und Humorvolles für Menschen, die in der Bremer Innenstadt unterwegs sind.
Martin Bruns, Leiter des AtriumKirche, und Gemeindereferentin Anja Wedig hatten die Idee. „Wir wollten ein Kommunikationsangebot, das gut ins touristisch geprägte Schnoorviertel passt und moderne Medien und christliche Inhalte miteinander verbindet“, sagt Anja Wedig. „Ich stelle mir vor, dass ein Passant plötzlich mit der Weihnachtsbotschaft der Engel konfrontiert wird. Das ist doch toll!“ Für jeden Geschmack sei etwas dabei, es habe Spaß gemacht, dieses Projekt in relativ kurzer Zeit umzusetzen.
Golden sind die QR-Codes deshalb, „weil es sich um kostbare Botschaften handelt“, erklärt Martin Bruns. Zu sehen ist unter anderem ein selbst gedrehtes Youtube-Video mit Propst Bernhard Stecker. Oder die Aufnahme eines Chor-Flashmobs der Berliner Stadtmission: In einem Kaufhaus wurde spontan das „Gloria in excelsis deo“ angestimmt. „Solche Dinge machen Mut – auch wenn die Kaufhäuser momentan nicht so voll sind“, sagt Martin Bruns. „Gerade in der Corona-Zeit brauchen wir auch frohmachende, aufmunternde Nachrichten.“ Die QR-Code-Aktion heißt deshalb „Froh!“. Froh ist in Großbuchstaben geschrieben und mit einem Ausrufezeichen versehen.
Im zweiten Lockdown sind auch im AtriumKirche Kontakte stark eingeschränkt. Das Infozentrum öffnet nur drei Stunden vormittags. Dennoch: „Wir wollen diese Zeit nicht nur defizitorientiert betrachten, sondern schöpferisch-kreativ mit ihr umgehen und positive Akzente setzen“, betont Bruns.
Seine Kollegin Anja Wedig ist überzeugt: „Unsere adventlichen Botschaften sind kleine Schätze. Man kann von ihnen zehren, sie können trösten oder ein Lächeln ins Gesicht zaubern.“ Ihr liebstes Szenario: Jemand pflückt sich einen QR-Code, am nächsten Tag den zweiten, und er hört gar nicht mehr auf mit dem Sammeln – bis der Korb voll ist.
Anja Sabel
Viele weitere Aktionen haben wir in der aktuellen Ausgabe des Kirchenboten veröffentlicht.