Kolping-Podiumsdiskussion
So viel kosten Kleider wirklich
Wer seine Bekleidung unter ethisch korrekten Maßstäben kaufen will, hat es nicht leicht. Mehrere Siegel sorgen dafür, dass der Kunde ein gutes Gewissen haben kann. Zu einer Diskussion hatte Kolping nach Ankum eingeladen.
Im Saal des See+Sporthotel Ankum wurde es voll, als der Kolping-Diözesanverband, die Kolpingjugend, die Kolpingsfamilie Ankum und Fairtrade-Town Ankum zur Diskussion über den „Preis der Mode“ einluden. Auf dem Podium saßen Maria Flachsbarth, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Petra Leutner, Professorin für Modetheorie und Ästektik, Markus Demele, Generalsekretär bei Kolping International, Barbara Küppers vom Kinderhilfswerk terre des hommes, Kalina Magdzinska, Fachfrau für Nachhaltigkeit bei Brands Fashion und Michaela Reithinger, Referentin bei Fairtrade Deutschland.
Das Thema des Abends war komplex: Deutschland sei der zweit- oder drittgrößte Textilmarkt der Welt, erklärte Staatssekretärin Flachsbarth. Rund 70 Milliarden Euro würden jährlich in Deutschland für Textilien ausgegeben. Jeder Deutsche kaufe 60 Kleidungsstücke pro Jahr, von denen fast die Hälfte selten angezogen oder sogar bald weggeworfen werde. „Uns als BMZ war es wichtig, mit dem ,Grünen Knopf‘ anzufangen, wir wollten die Macht des Marktes reinbringen“, erklärte sie in Bezug auf diese Zahlen und die Einführung des staatlichen Textilsiegels „Grüner Knopf“. Dieses berücksichtigt zunächst neben einer Unternehmensprüfung nur die beiden ersten Produktionsschritte Nähen und Zuschneiden sowie Färben und Bleichen (siehe „Zur Sache“).
Schwierig, ethisch korrekt zu konsumieren
Auch Leutner war der Meinung, die Macht der Kunden sei nicht zu unterschätzen: Diese könnten Einfluss nehmen und Druck ausüben, indem sie beispielsweise nach entsprechenden Standards oder Siegeln fragten. Barbara Küppers hingegen erklärte: „Es geht mir auf den Zeiger, dass der Verbraucher ständig mit Moral belästigt wird.“ Verbraucher könnten nicht erkennen, was konkret alles in Kleidung „drin“ sei. Damit sprach sie die fehlende Transparenz von Lieferketten an.
Das passte zu Demeles Erfahrungsbericht: Der Vertreter von Kolping erzählte, wie schwierig es für ihn sei, ethisch korrekt zu konsumieren. Moderator Franz-Josef Ewerding, der kurzfristig für die erkrankte WDR-Moderatorin Yvonne Willicks eingesprungen war, bat die Podiumsteilnehmer um eine kleine „Siegelkunde“. Michaela Reithinger von Fairtrade Deutschland wies darauf hin, dass das Fair-Trade-Siegel nicht nur Kaffee, Bananen und Schokolade zertifiziere, sondern auch die indische Näherei Purecotz auszeichne. Und Kalina Magdzinska von Brands Fashion aus Buchholz berichtete, ihr Unternehmen sei dabei, die erste weltweit zertifizierte Lieferkette nach den Fairtrade-Textilstandards zu installieren. Brands Fashion wirbt damit, „Mode für Marken“ zu machen.
Demele wiederum brachte die Katholische Soziallehre in die Diskussion und betonte, die Textilarbeiter hätten ein Recht auf gute Arbeitsbedingungen. Konkret sprach er sich unter anderem für ein Lieferkettengesetz aus. „Wir haben es mit Freiwilligkeit versucht, es war nicht falsch, das zu machen“, so Flachsbarth: „Wenn freiwillig nicht greift, machen wir Ordnungsrecht, und zwar noch in dieser Legislaturperiode.“
Claudia Sarrazin
Zur Sache
Der „Grüne Knopf“ ist ein staatliches Siegel. Neben einer Unternehmensprüfung werden die beiden Produktionsschritte Nähen und Zuschneiden sowie Färben und Bleichen berücksichtigt.
Das Fair-Trade-Siegel steht für Rohbaumwolle, die fair angebaut und gehandelt wurde.
Der Global Organic Textile Standard (GOTS) regelt die Produktionskette vom Rohstoffanbau bis zum Endprodukt und umfasst auch soziale Mindeststandards.
Das Oeko-Tex-Standard-100-Siegel prüft nur die Schadstoffrückstände am Endprodukt.
Die Fair Wear Foundation entwickelt mit Unternehmen eine Verbesserung der sozialen Bedingungen in allen Konfektionsbetrieben.
Weitere Infos gibt es hier: www.suednordberatung.de