Spurensuche bei frischem Wind

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Zur Errichtung der neuen Pfarrei Seliger Eduard Müller kamen in Neumünster rund 350 Menschen zusammen. Erzbischof Stefan Heße bezieht in seiner Predigt Stellung zur Flüchtlingsfrage und zur Europawahl.

Gottesdienst unter freiem Himmel zur Pfarreigründung in Neumünster
Zum Gottesdienst unter freiem Himmel gab es Sonne – und kalten Wind.  Foto: Marco Heinen

Als Erzbischof Stefan Heße mit seiner Predigt beginnt, fährt im einen Steinwurf weit entfernten Neumünsteraner Bahnhof mit Geklapper und Gequietsche ein Zug ein. Ganz in der Nähe versucht ein Rotkehlchen mit seinem Gesang gegen den Lärm anzukommen. Und immer mal wieder dringen dissonante Nebengeräusche aus den aufgestellten Lautsprechern, wenn eine kräftige Windböe über die Mikrofone vorne am Altar und seitlich beim Projektchor weht (was der Qualität des Gesangs allerdings keinen Abbruch tut). Außerdem ist es empfindlich kühl beim Gottesdienst unter freiem Himmel zur Gründung der neuen Pfarrei Seliger Eduard Müller. Müller gehörte zum Kreis der vier Lübecker Märtyrer und wurde 1911 in Neumünster geboren. 

Heße: Europa ist „eine Verheißung des Friedens“ 

Viele der rund 350 Gläubigen frösteln. Und dass trotz des Sonnenscheins, um den Pfarrer Peter Wohs und die vielen Aktiven aus der neuen Pfarrei durchaus erfolgreich bei Petrus nachgesucht hatten. An mehr Wärme und weniger Wind hatte aber wohl niemand gedacht.

Dennoch, der Erzbischof hält es für richtig, ab und zu zum Gottesdienst nach draußen zu gehen­ – ­in diesem Fall in einen improvisierten Altarraum hinter dem Eduard-Müller-Haus: „Wir müssen merken, dass wir auf dem Weg sind, auch wenn das manchmal unangenehm ist“, sagt er. Dieser Weg sei nicht ziellos, sondern es sei ein Weg auf den Spuren Jesu’. 

Dessen Spur finde sich „nicht nur in einem Buch“, sondern sei auch „an den Zeichen der Zeit“ abzu­lesen. Dazu gehöre etwa das Schicksal der Flüchtlinge auf dem Mittelmeer. „Wenn wir uns darüber streiten, ob Rettungsschiffe in irgendwelchen Häfen anlanden dürfen oder nicht, dann halte ich das für einen großen Skandal“, sagt Heße. In seiner Funktion als für Flüchtlingsfragen zuständiger Bischof reist er an diesem Sonntag (19. Mai) nach Äthiopien, um sich über neueste Entwicklungen der Fluchtproblematik zu informieren und ein Zeichen der Solidarität zu setzen.

Wenige Wochen vor der Wahl plädiert Heße auch für Europa. „Ich kann mir unsere Zeit gar nicht ohne Europa vorstellen.“ Für ihn sei Europa „eine Verheißung des Friedens“. Auch der heilige Ansgar und der heilige Vicelin seien frühe Europäer gewesen. „Auf diesen europäischen Weg sind wir als Christen alle gestellt“, stellt der Erzbischof fest.

Unter den Gottesdienstbesuchern sind Menschen aus allen Ecken der neuen Großpfarrei. Auch alte Bekannte sind gekommen. So etwa der Pfarrer im Ruhestand Paul Boon, an den man sich vor allem in Bad Segeberg und Trappenkamp noch gut erinnern kann, aber auch Domkapitular Berthold Bonekamp, den man in Bad Bramstedt schätzt. 

Pfarrer Wohs würdigt die gute Ökumene

Nicht zuletzt sei der evangelische ­Propst­ Stefan Block erwähnt, der ein Grußwort spricht. Pfarrer Peter Wohs lobt die Ökumene in Neumünster und zeigt sich erfreut, dass nun der Entwicklungsprozess der Pfarrei endlich zu Ende ist. „Wenn ich auf das zurückschaue, was wir bis jetzt gemacht haben und wie wir uns zurechtgefunden haben, dann bin ich richtig stolz auf uns“, sagt er. Auch Pastor Moozayil Kuriakose (MST) ist „froh und sehr glücklich“, wie er später beim Anstehen für eine heiße Suppe sagt. Wenn man auf einer Treppe höher steigen wolle, müsse man die nächste Stufe nehmen. Das sei jetzt geschafft.

Anschließend wird noch in kleinem Rahmen ein bisschen gefeiert. Die Kolpingsfamilie informiert an einem Stand über das Leben Eduard Müllers. Am Sweet’n fair-Wagen gibt es heiße Getränke, gleich daneben Gekühltes und beim Zeltlager-Team Grillwürste. Der ökumenische Posaunenchor steht auch noch auf dem Programm, ebenso wie eine Andacht. Der Reporter ist da aber schon wieder weg – mit einem der klappernden und quietschenden Züge. 

Text u. Foto: Marco Heinen