Delegierte treffen sich zu Regionalkonferenzen
Synodaler Weg geht weiter
Die Corona-Pandemie bringt den Reformprozess der katholischen Kirche durcheinander: Die zweite Synodalversammlung wurde verschoben, dafür finden fünf zusätzliche Regionalkonferenzen statt. Diskussionsbedarf gibt es reichlich.
Aus den Schlagzeilen war er zwar verschwunden - trotzdem haben Bischöfe und Laienvertreter den Synodalen Weg nicht verlassen. Das Reformprojekt soll am Freitag mit fünf Regionenkonferenzen fortgesetzt werden. Das neue Format ist der Pandemie geschuldet und tritt an die Stelle der ursprünglich für das erste Septemberwochenende in Frankfurt geplanten zweiten Synodalversammlung.
Jeweils maximal 50 Teilnehmer sollen in Berlin, Dortmund, Frankfurt, Ludwigshafen und München zum Austausch zusammenkommen. Auf die Agenda gesetzt wurde eine Zwischenbilanz aus den "kirchlichen Erfahrungen in der Corona-Krise". Doch dabei wird es sicher nicht bleiben. Schließlich gilt es, einen "weiteren Schlag in die Magengrube" zu verdauen, wie die "Süddeutsche Zeitung" die Mitte Juli veröffentlichte römische Pfarreien-Instruktion nannte.
Nach dem vatikanischen Schreiben können Laien mitwirken an der Gemeindeleitung, tatsächlich leiten, verwalten, moderieren und koordinieren dürfen indes nur Priester. Bestrebungen, Teams Leitung anzuvertrauen, widerspricht die Instruktion direkt. Laien wird weiter die Predigt in Messfeiern untersagt. In einer bislang kaum bekannten Deutlichkeit widersprechen Bischöfe diesen Vorgaben.
Wenn aber die Veränderungs- und Anpassungsbemühungen der meisten Bischöfe an die deutsche Realität katholischen Lebens Anlass für kirchenrechtlich motivierte Belehrungen bieten - wie und warum sollen dann überhaupt weiter die vier Kernthemen des Synodalen Weges besprochen werden? Es scheint kaum vorstellbar, dass am Ende des Synodalen Weges keine weitreichenden Veränderungswünsche zu den Punkten Sexualmoral, priesterlichen Lebensform, Macht und Rolle der Frauen stehen. Und dann?
Nicht zuletzt durch den Brief aus Rom in den Hintergrund getreten ist der Ende Mai angekündigte Rückzug des Kölner Weihbischofs Dominikus Schwaderlapp aus der Arbeitsgruppe Sexualmoral. Der Würzburger Bischof Franz Jung äußerte die Hoffnung, "dass dieses Beispiel nicht Schule macht, auch wenn es in gewissen Kreisen gefeiert wird". Schwaderlapp hatte seinen Rückzug damit begründet, dass die in dem Forum mehrheitlich verfolgte Linie auf eine Veränderung der kirchlichen Sexualmoral abziele.
Tragisch ist eine andere Nachricht aus der Arbeitsgruppe Sexualmoral: Der Unfalltod des Freiburger Moraltheologen Eberhard Schockenhoff reißt menschlich und inhaltlich eine nur schwer zu schließende Lücke. Er war nicht nur als Vermittler und Moderator gesetzt, er hatte wesentlichen Anteil als Vordenker gehabt.
Bischof verfasst offenen Brief zu Sexualmoral
Die vier Arbeitsgruppen sollen die Vorarbeit zu den Synodalversammlungen leisten. In den Gruppen wirken neben Vertretern der Synodalversammlungen Experten des jeweiligen Themas mit. Coronabedingt gab es nur wenig Gelegenheit zu persönlicher Begegnung. Trotzdem soll auf den Regionenkonferenzen bereits über Inhaltliches - konkret die Themen Frauen und Sexualität - gesprochen, aber natürlich nicht entschieden werden.
Zu beiden Themen wurden vorab Vorlagen veröffentlicht. Dabei zeigt das Papier zum Thema Sexualität mit zum Teil kontroversen Voten die Spannbreite katholischen Denkens: Während eine Mehrheit Sexualität grundsätzlich "als von Gott geschenkte, positive Kraft und als Teil der personalen Identität des Menschen" verstanden haben will, formuliert eine andere Gruppe, erst "Offenheit für eine Weitergabe des Lebens" gebe dem sexuellen Akt seine eigentliche Sinnrichtung. Gleichgeschlechtliche Beziehungen werden auch unterschiedlich bewertet. Es stellt sich die Frage, ob und wie diese Positionen miteinander versöhnt werden können.
Der Arbeitstext über die Rolle der Frauen listet detailreich und präzise auf, was unter den Bedingungen des Kirchenrechts schon heute möglich erscheint, formuliert aber auch Forderungen weit darüber hinaus. Am Mittwoch meldete sich der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer mit einem offenen Brief zu Wort und warf darin den Verfassern dieses Papiers vor, gegen Verabredungen im Forum verstoßen zu haben. So seien Textbestandteile veröffentlicht worden, die vorher noch hätten beraten werden sollen. Die Passagen enthielten eine "einseitig verfälschte Bibeltheologie", so Vorderholzer.
Die Pressesprecher des Synodalen Weges betonten dazu auf Anfrage, Vorderholzers Punkte müssten im Forum selbst "angesprochen und gemeinsam geklärt werden". Dem Präsidium des Synodalen Wegs seien klare und transparente Verfahren auf allen Beratungsebenen sehr wichtig. Die vom Bischof genannten Sachfragen könnten "in den Regionenkonferenzen besprochen werden, wenn sie dort aufgeworfen werden".
Der von den Bischöfen als Folge des Missbrauchsskandals und des damit verbundenen Vertrauensverlustes ins Leben gerufene und vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) gleichberechtigt mitgetragene Synodale Weg ist auf Ebene der Weltkirche einmalig. Die Erwartungen sind hoch. Klar ist auch, dass nicht wenige der weiblichen Teilnehmer von ihrer Kirche am Ende mehr als warme Worte erwarten.
Der vor einem halben Jahr gewählte Bischofskonferenz-Vorsitzende Georg Bätzing weiß das und bekundet Willen zu Veränderungen. Zugleich muss er aufpassen, dass der eingeschlagene Weg nicht zu stark von dem der Zentrale in Rom abweicht. Ein Spagat, für den der Begriff "Erwartungsmanagement" genutzt wird. Für ihn sind bei den Regionalkonferenzen außerdem sein Stellvertreter in der Konferenz, Franz-Josef Bode, Bischofskonferenz-Sekretär Hans Langendörfer, ZdK-Chef Thomas Sternberg und seine Stellvertreterin Karin Kortmann zuständig.
kna