Seit 1992 ist das Bibelmobil auf Achse

Über eine Million Kilometer mit der Bibel unterwegs

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Seit 1992 ist das Bibelmobil auf Achse, um den Menschen das Wort Gottes näherzubringen. Der umgebaute Reisebus – bereits das zweite Bibelmobil – muss nun dringend durch ein neues Fahrzeug ersetzt werden.

An über 1000 Orten in Deutschland, Polen, Tschechien, Ungarn und Rumänien hat das Bibelmobil bereits Station gemacht. Mitarbeiter Stephan Naumann (64) aus Görlitz und Andreas Schmidt (57) aus Ullersdorf bringen den Besuchern dabei das Wort Gottes näher.    Fotos: Andreas Kirschke

 

Sage und schreibe 1 034 000 Kilometer zeigt der Tacho-Stand an. Der Neoplan-Bus Marke MAN fährt auf Verschleiß. Die Kosten für Reparaturen, Wartungen und TÜV steigen seit einiger Zeit. Es ist der dritte Bus seit Bestehen des Ökumenischen Bibelmobils 1992. „Allein mit ihm sind wir in den vergangenen elf Jahren rund 500 000 Kilometer gefahren“, schildern Andreas Schmidt (57) aus Ullersdorf und Stephan Naumann (64) aus Görlitz, Referenten des bundesweit aktiven Vereins Bibelmobil. Über 1000 Orte in Deutschland und einige Orte in Polen, Tschechien, Ungarn und Rumänien haben sie besucht und machten Station in Kirchengemeinden, auf Marktplätzen, in Ein­kaufs­­zentren, auf Schul­höfen, auf Märkten und Festen. „Wir kommen in viele Orte, in denen sonst Kirche fehlt. Wichtig ist uns, stets zuzuhören und das Gespräch zu suchen“, meinen die beiden. „Wir wollen Offenheit und Neugier für den Glauben wecken.“
Andreas Schmidt ist von Anfang dabei. Seit 1992 arbeitet er als Referent für das Bibelmobil. Zu Hause, verwurzelt in der Evangelischen Kirchengemeinde Jänkendorf-Ullersdorf, engagiert sich der 57-Jährige im Gemein­dekirchenrat und im Gebetskreis. Stephan Naumann stammt aus dem Vogtland. Seit dem zehnten Lebensjahr wohnt er in Görlitz. Verwurzelt ist er in der dortigen Evangelisch-Reformierten Kirchengemeinde, wo er sich im Predigtdienst und in der musikalischen Arbeit engagiert. Seit 2003 arbeitet er als Referent für das Bibelmobil.

Bibelausgaben in über 40 Sprachen
Im Bus, der wie ein Klassenzimmer, ein Buchladen und ein Info-Zentrum zugleich wirkt, können Besucher Bibeln in über 40 Sprachen entdecken. Das reicht von A wie Arabisch über H wie Hebräisch bis T wie Tok Pisin (Papua Neuguinea) und Türkisch. Mittendrin ist die „kleinste Bibel der Welt“ auf Englisch. Nur drei mal drei Zentimeter misst der Mikro-Film. Darauf sind 1245 Buchseiten mit drei Millionen Buchstaben vermerkt. „Das Original ist heute in Washington im weltweit größten Bibelmuseum ausgestellt“, berichtet Andreas Schmidt. „Hier im Bibelmobil haben wir eine Kopie des Originals auf Mikro-Film.“ Im Bus gibt es zudem eine vier mal vier Millimeter kleine „Nano-Bibel“ auf Deutsch. Nur unter dem Mikroskop lässt sie sich lesen. „Dafür braucht man doppelten Glauben“, meint Andreas Schmidt zwinkernd. „Zum einen den Glauben daran, dass es tatsächlich eine Bibel ist. Zum zweiten den Glauben daran, dass es technisch machbar ist, so ein Buch unter einem Spezialmikroskop zu lesen.“
Im Bus steht auch eine Buchdrucker-Presse. Sie erinnert an Johannes Gutenberg (1400-1468) Er erfand 1450 den Buchdruck mit beweglichen Lettern. 1452-1454 schuf er in Mainz die Gutenberg-Bibel, die bis heu­te für ihre hohe technische und ästhetische Qualität geachtet ist. „Oft kommen wir mit Besuchern darüber ins Gespräch. Da geht es um die Geschichte. Ebenso um das Buchdrucker-Handwerk“, sagt Stephan Naumann. „Daran anknüpfend geht es immer wieder um die Bibel.“ Die Besucher können sich unter Anleitung je nach Wunsch vier Bibel-Zitate drucken. Das sind das „Hohelied der Liebe“ (1 Korinther 13), „Der Herr ist mein Hirte“ (Psalm 23), die Seligpreisungen (Matthäus 5) und „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an“ (1 Samuel 16, 7). Hält das Bibelmobil auf Messen wie der Jugendmesse „You“ in Berlin und der Leipziger Buchmesse, ist es dort der größte christliche Stand. „Wichtig ist, Jesu Botschaft in klarer, lebensnaher Sprache zu den Menschen zu bringen“, sagt Stephan Naumann.

Viele berührende Begegnungen
2016 hielt das Bibelmobil im sächsischen Borna. Stephan Naumann stellte dort symbolisch eine Thesen-Tür auf. Diese erinnerte an Martin Luthers 95 Thesen, 1517 in Wittenberg veröffentlicht. „In Borna sollte an unsere Thesen-Tür ein jeder seine eigene These heften. Das sollte zu Diskus­sion und Austausch anregen“, sagt Stephan Naumann. „Ein Ein­wohner schlug spontan eine islamfeindliche These an die Tür. Er schrieb noch dazu, dass das christliche Abendland verfällt. Daraufhin fragte ich ihn, ob er weiß, was christliche Werte sind, und er konnte sie mir nicht erklären. Ich lud ihn ein, die Seligpreisungen zu drucken mit der Bemerkung ,Da haben Sie die christlichen Werte Schwarz auf Weiß‘. Nach circa zwei Stunden kam er wieder. Er fand seine These doch nicht mehr so gut und wollte sie selbst entfernen …“ Solche Begegnungen berühren die Mitarbeiter des Bibelmobils.

 

Andreas Schmidt zeigt eine der besonderen Bibelausgaben, die „Nanobibel“. Sie lässt sich nur unter dem Mikroskop lesen.


Es sind auch die Begegnungen zwischen Christen verschiedener Konfessionen. „Das Bibelmobil kann Christen vereinen“, ist Stephan Naumann überzeugt. Er erzählt von einer zweiwöchigen Tour 2008 durch Rumä­nien. 5000 Interessierte kamen binnen weniger Tage. Sie alle vereinte die tiefe Sinnsuche im Leben, die Suche nach Gott. Auch in Deutschland gibt es immer wieder prägende Begegnungen. „Oft spüren wir ungeahnte Offenheit“, sagt Andreas Schmidt. „Wir erfahren manche Kritik, die man dem Gemeindepfarrer nicht sagt.“
Mitunter kommt das Bibelmobil auch in nahezu entchristlichte Gebiete. Dort erfahren die beiden Mitarbeiter mitunter Häme, Spott, Ignoranz oder sogar offene Ablehnung. „Gerade in solchen Gegenden hören wir zu und bleiben offen“, sagt Andreas Schmidt. „Die Bibel – so stellt sich in den Gesprächen heraus – ist Baustein unserer Kultur. Wir feiern christliche Feste. Fast die Hälfte unserer Vornamen ist christlichen Ursprungs. Wir leben nach der christlichen Zeitrechnung. Viele Redewendungen stammen aus der Bibel. Ethische Normen basieren auf der Bibel.“
Dringend notwendig ist nun ein neuer, gebrauchter Bus. 250 000 Euro werden dafür benötigt, für den Innenausbau noch einmal  50 000 Euro. Der Verein Bibelmobil will mindestens 30 000 Euro Spenden einwerben. Rund 40 000 Euro sollen aus Kollekten kommen, 30 000 Euro aus öffentlichen Mitteln. 100 000 Euro sollen Sponsoren beisteuern.
„Aufgeben ist keine Option. Ein neuer Bus soll uns in den nächsten zehn Jahren mit neuen Bibelprojekten zu den Menschen bringen“, unterstreicht Stephan Naumann. „Allein können wir das nicht stemmen. Wir brauchen Unterstützer. Der Verein Bibelmobil ist ein Glaubenswerk. Darum ermutigen wir Gemeinden und einzelne Christen, uns zu unterstützen: durch Gebet, durch freiwillige Einsätze und durch Spenden.“

Kontakt: Verein Bibelmobil,  Langenstraße 43, 02826 Görlitz, Internet: www.bibelmobil.de

Von Andreas Kirschke