Wegen Corona: Feier mit nur 100 Gläubigen

Ungewöhnliche Priesterweihe

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Markus Hartlage und Hubertus Lutterbach werden am 12. September im Osnabrücker Dom zu Priestern geweiht. Der eine war vorher Krankenpfleger, der andere ist als Professor tätig. Mitfeiern dürfen nur 100 Gläubige.

Diese Priesterweihe ist ungewöhnlich. Aus zwei Gründen. Zum einen musste sie wegen Corona verschoben werden. Und auch jetzt dürfen nicht viele Gläubige in den Dom, die Weihe wird deshalb live im Internet übertragen. Zum anderen fallen die beiden Weihekandidaten auf: Markus Hartlage hat mehrere Jahre als Krankenpfleger gearbeitet, Hubertus Lutterbach ist seit 20 Jahren Professor für Christentums- und Kulturgeschichte an der Universität Essen-Duisburg.


Hubertus Lutterbach ist Professor in Essen. Foto:
Matthias Petersen

Hubertus Lutterbach (58) blickt schon auf ein vielgestaltiges Leben zurück. Schon vor über 30 Jahren hatte er über die Möglichkeit der Priesterweihe nachgedacht, doch als 25-Jähriger „hätte ich als Priester älteren Menschen nicht das geben können, was ich meinte, das sie sich wünschten“, sagt er heute. Lutterbach wurde 1961 in Lippstadt geboren, wuchs in Anröchte auf und wurde geprägt von der kirchlichen Jugendarbeit. Eine „kritische Kirchlichkeit abseits einer Volksfrömmigkeit“ habe sich entwickelt, wie er sagt. Es folgte das Theologiestudium in Münster, er genoss die spirituelle Seite der Ausbildung – wollte aber nicht Priester werden.

Die theologische Abschlussarbeit und die folgende Dissertation widmeten sich der Spiritualität der Mönche, seine anschließende Habilitation der christlichen Geschichte der Sexualität. Es folgten Assistentenjahre in Münster bei dem Kirchengeschichtler Arnold Angenendt, unterbrochen von Auslandsaufenthalten in Rom, Princeton und Yale. Im aJahr 2000 erhielt er den Ruf nach Essen, wo er junge Männer und Frauen ausbildet, die das Lehramt für alle Schulformen anstreben. Immer getrieben von der Hauptfrage: Wo sind die religiösen Spuren unserer scheinbar religiösen Gesellschaft? Lutterbach ist Institutsleiter, lehrt mit Begeisterung und bezeichnet sich scherzhaft als Corona-Opfer: „Denn jetzt darf ich nicht lehren.“

"Mir gefällt die Idee der französischen Arbeiterpriester"

Neben der Professorentätigkeit hat er sich ehrenamtlich im sozialen Bereich engagiert, als Hospizhelfer und Mitarbeiter der Telefonseelsorge. Im nebenberuflichen Studium der „Supervision und Coaching“ arbeitete er unter anderem mit jungen Strafgefangenen. „Ich erlebe die Spannung zwischen Wissenschaft und sozialer pädagogischer Arbeit immer wieder als zutiefst inspirierend“, sagt er. Und spürt den Wunsch, das alles in eine „berufliche Form zu bringen“. Die sieht er in der Tätigkeit des Priesters und findet bei Bischof Bode offene Türen. „Für mich verweben sich gerade ganz unterschiedliche biografische Stränge zu einem Zopf“, sagt Lutterbach. In erster Linie werde er Priester für die Uni sein, in zweiter Linie für das, was das Bistum Osnabrück an Aufgaben bereithält. Ab November wird er der Pfarrei Heilig Kreuz in Osnabrück zugeordnet sein. „Wie ich genau eingesetzt werden kann, lässt sich noch nicht sagen. Das muss ich erst noch mit Pfarrer Heiner Lange­wand besprechen, und das muss sich vielleicht auch erst zeigen.“ Dass er den Pfarrer seit 20 Jahren kennt, freut ihn besonders.

Als Diakon hat Lutterbach zweieinhalb Jahre im Betreuerteam einer therapeutischen Jungenwohngruppe in der Behindertenhilfe St. Johann in Osnabrück mitgearbeitet, wobei er betont, dass sich die Jungen nicht als behinderte Menschen verstehen. Das alles neben seiner Tätigkeit als Institutsleiter. Wie er sein Priestersein leben will? Da gefällt ihm die Idee der französischen Arbeiterpriester, die mit den Menschen leben und auch als Priester tätig werden – wenn es von ihnen gewünscht ist. Eine besondere Primizmesse will er nicht feiern, er werde einfach mit seiner Arbeit beginnen. „Aber ich feiere gerne“, sagt er lächelnd.

 


Markus Hartlage stammt aus Bremen. Foto: Matthias
Petersen

Markus Hartlage (45) hat schon früh den Gedanken gehabt, Priester zu werden. „Als ich nach der Erstkommunion als Ministrant mit dem Priester in der Bremer St.-Georg-Kirche am Altar stand, habe ich manchmal gedacht: Das möchte ich auch gerne machen.“ Mal stärker, mal schwächer sei dieser Gedanke gewesen. Nach der Schule und nach ein paar Semestern Biologiestudium machte er aber eine Ausbildung: „Ich wollte auf jeden Fall etwas mit Menschen zu tun haben, da war der Beruf des Krankenpflegers genau richtig für mich.“

Zwei Pilgerreisen nach Rom und Jerusalem legten dann den alten Wunsch wieder frei: 2009 gab er den Beruf auf und begann das Theologiestudium, um Priester zu werden. Eltern und Freunde bestätigten seinen Gedanken: „Viele haben gesagt, dass das gut zu mir passt. Das war eine große Hilfe für mich“, sagt er. 

Doch 2015 gab es einen Bruch in dem scheinbar geraden Weg: „Ich habe die Entscheidung, zölibatär zu leben, infrage gestellt und eine Beziehung begonnen“, sagt er. Aber nach zweieinhalb Jahren als Pastoralassistent in Papenburg habe er sich entschieden, den Weg zum Priesteramt wieder aufzunehmen. „Letztlich hätte ich mir beide Wege vorstellen können: den als Priester ebenso wie den als Ehemann und Vater. So habe ich jetzt den Eindruck, dass ich wirklich eine freie Entscheidung gefällt habe.“

Als Diakon war er in der Osnabrücker Pfarrei St. Elisabeth eingesetzt. Seit dem 1. Juni gehört er zur Pfarreiengemeinschaft Ankum, Eggermühlen und Kettenkamp, wo er dann auch Kaplan sein wird. Normalerweise erfahren die Weihekandidaten erst am Tag der Priesterweihe, wo es hingeht. Corona macht es möglich, dass auch diese Tradition in diesem Jahr anders aussieht. Für Hartlage kein Problem: „So konnte ich die Gemeinden schon einmal kennenlernen.“

"Viele haben mir gesagt, dass das gut zu mir passt"

Nicht so leicht fiel ihm da schon die Verlegung der Priesterweihe. „Andererseits hätte ich es mir auch nicht verzeihen können, wenn dadurch eine Infektionswelle ausgelöst worden wäre.“ Traurig für ihn ist nur, dass am nächsten Samstag nur 100 Gläubige im Dom sein können. Gerne hätte er seine große Schar von Freunden eingeladen. Für Hartlage sind diese Beziehungen wichtig: „Gerade, weil ich ja keine eigene Familie haben werde, bedeuten mir die Kontakte zu Freundinnen und Freunden sehr viel“, sagt er.

Kurz vor der Weihe sind die beiden Kandidaten im sogenannten Presbyteratskurs im Priesterseminar auf ihre Aufgabe vorbereitet worden. Sie haben zum Beispiel Liturgie geübt oder das Zuhören in der Begleitung oder der Beichte. „Ich habe gelernt, wie ich als Zelebrant selber ins Gebet finde“, sagt Hartlage, „wie ich den Menschen zum Beispiel die Vergebung zuspreche, die ja einem ganz bestimmten Gottesbild entspricht.“ Die Messe sei für ihn die „äußere Feier einer inneren Haltung“, so der 45-Jährige, der seine spirituelle Heimat in der Fokolar-Bewegung gefunden hat. „Jesus Christus ist die Mitte. Das Sakrament soll im Zentrum stehen.“

Primizgottesdienste feiert Markus Hartlage an mehreren Orten: Am Sonntag, 13. September, um 10 Uhr und um 17 Uhr in St. Ursula in Bremen, am Samstag, 19. September, um 17 Uhr in St. Nikolaus in Ankum und am Sonntag, 20. September, um 10 Uhr in St. Elisabeth in Osnabrück.

Matthias Petersen

Die Priesterweihe am Samstag, 12. September, wird ab 9.30 Uhr live im übertragen: www.bistum-osnabrueck.de/live-gottesdienste/