Schwestern von der heiligen Elisabeth verlassen im Juni Halle

„Unser Auftrag ist erfüllt“

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Die Schwestern von der heiligen Elisabeth verlassen im Juni Halle. Die heute Verantwortlichen im Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara wollen deren Anliegen, Menschen in ihren Nöten beizustehen, weiterführen.

Schwester M. Dominika Kinder, Provinzoberin der Elisabeth-Schwestern in Deutschland, Cäcilia Branz, Krankenhaus-Seelsorgerin, Thomas Wüstner, Geschäftsführer des Krankenhauses St. Elisabeth und St. Barbara in Halle.    Fotos: Krankenhaus (2),  Eckhard Pohl (1)

Nach 130 Jahren segensreichen Wirkens für Kranke und Arme verlassen die Grauen Schwestern bis Ende Juni Halle. „Unser Auftrag ist erfüllt“, resümierte die Provinz-
oberin der deutschen Provinz der Kongregation der Schwestern von der heiligen Elisabeth, Schwester M. Dominika Kinder, nüchtern vor Journalisten in Halle. Da sich hierzulande keine jungen Frauen mehr finden, die sich mit ihrem ganzen Leben dem Dienst an Armen und Kranken widmen, müsse ein klares Ende gesetzt werden. Gut sei: „Was die Schwestern geschaffen haben, wird heute von Menschen, die stetig mit einem guten Teil ihres Lebens etwas für andere tun, weitergeführt.“
Die Elisabeth-Schwestern, auch Graue Schwestern genannt, sind dann in Deutschland noch mit sechs Niederlassungen präsent: zwei in Reinbek, zwei in Berlin, zudem in Magdeburg und Dresden. Die bisher in Halle verbliebenen 16 Ordensfrauen gehen an einen Ort ihrer Wahl, so Schwester Dominika. Der Altersdurchschnitt der Schwestern in der Saalestadt liege bei 83 Jahren, zwei seien jünger als 70 Jahre alt. Die Schwestern hätten in dem großen, vor 100 Jahren für viel mehr Ordensfrauen gebauten Haus keine echte Lebensqualität mehr. „Wir nehmen sie mehr in unsere Familie von derzeit über 150 Schwestern auf“.
Wie das auf dem Krankenhaus- Innenhof befindliche Kloster und frühere Provinzhaus künftig genutzt werden kann, sei noch ungeklärt, so die Provinzoberin. Es stehe außen wie innen unter Denkmalschutz.
Erst kürzlich, am 31. Januar, hatten die Schwestern – in Corona-Zeiten nur im kleinen Rahmen – auf 130 Jahre Anwesenheit in Halle zurückblicken können. 1891 hatte die katholische Gemeinde die Elisabeth-Schwestern in die wirtschaftlich aufstrebende Stadt geholt. Zunächst kamen vier junge Frauen aus dem schlesischen Neiße, um ihren ambulanten Pflegedienst für Arme und Kranke gleich welcher Konfession aufzunehmen. 1894 entstand eine Pflege- und Betreuungseinrichtung für kranke Kinder mit 24 Betten. 1896/97 wurde das Elisabeth-Krankenhaus mit 80 Betten gebaut und später auf 150 erweitert. Weil der Standort Mauerstraße für die Pflege von Kindern nicht geeignet war, wurde 1904 am damaligen südlichen Stadtrand in der Barbarastraße ein Grundstück mit Garten erworben und dort das Kinderkrankenhaus St. Barbara errichtet.
Als dann Mitte der 1920er Jahre zwischen 60 und 80 Schwestern in Halle tätig waren und es auch zahlreiche Novizinnen gab, wurde auf dem Grundstück an der Mauerstraße 1926 das Klostergebäude im neobarocken Stil errichtet, das die Schwestern bis jetzt bewohnen. Zwei Jahre später wurde das Krankenhaus erweitert. Über die Kriegsjahre bis in die 1960er Jahre hinein leisteten die Ordensfrauen den Hauptteil der Arbeit auf den Stationen, in Küche, Backstube, Wäscherei ... Als die Schwestern mangels Ordensnachwuchses zunehmend den Einsatz in der Pflege aufgeben mussten – die letzte schied 2003/04 aus dem aktiven Dienst aus – waren sie weiterhin seelsorglich oder etwa am Elisabeth-Tisch für Bedürftige der Stadt tätig. Ihre Aufgabenbereiche übertrugen sie sukzessive an Mitarbeitende.

„Sinnfragen haben nicht nur Christen“
So gibt es auch schon etliche Jahre ein – derzeit fünfköpfiges – Seelsorgeteam, das jetzt Cäcilia Branz leitet. Trotz vieler nichtchristlicher Klinik-Mitarbeiter und noch mehr Patienten, die keiner Religion angehören, erlebt die Klinik-Seelsorgerin einen Bedarf an den Angeboten im Rahmen des christlichen Profils des Krankenhauses: „Sinnfragen haben nicht nur Christen“, sagt die Seelsorgerin. Bei der werktäglich angebotenen Mittagsbesinnung etwa habe ihr eine Frau gesagt: „Ich komme, weil hier Dinge gesagt werden, die ich sonst nirgends höre.“ Im Leben von Patienten und Personal gebe es „ganz viele Ansatzpunkte für existenzielle Fragen“, sagt Branz. Darauf hätten die Ordensschwestern Antwort zu geben versucht. Heute würden dies auch Christen in Berufen wie Diakon oder Pastoral-/Gemeindereferentin und als Ehrenamtliche tun. Die Pastoralreferentin Branz leitet auch den Fachbereich Christliches Profil des Elisabeth Vinzenz Verbundes (EVV), zu dem das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara gehört.
Auch Geschäftsführer Thomas Wüstner sieht gute Chancen, den Lebensfragen der Menschen mehr als nur rein medizinische Angebote machen zu können. Unter dem Motto „Halt geben. Haltung zeigen. Mehr als ein Krankenhaus.“ versuche man stets, „medizinisches und gesellschaftliches Angebot miteinander zu verbinden“ und den Menschen mit seiner Seele im Blick zu haben.
Schwester Dominika, die auch EVV-Aufsichtsratsvorsitzende ist, ist für alles Engagement und Mühen der jetzt Verantwortlichen um Erhalt und zeitgemäße Ausgestaltung des Christliche Profils sehr dankbar. Aber sie sieht auch nüchtern: Ob es hierzulande längerfristig gelingen werde, Kliniken in christlicher Trägerschaft zu führen, werde sich zeigen. Offen sei dabei auch, ob dies Kirche und Gläubigen ein wichtiges Anliegen bleiben werde, gerade auch in Regionen mit massiver Diaspora.

Am 27. Mai soll es in Halle einen Abschiedsgottesdienst geben.

Von Eckhard Pohl