Aus Alt wird Neu: Upcycling
Unseren Planeten nicht weiter zumüllen
Was tun mit einer alten Jeans im Schrank? Nicht einfach wegwerfen, sondern eine Handytasche daraus nähen. „Upcycling“ wird das heute genannt. Zu einem solchen Seminar haben sich in der Jugendbildungsstätte Marstall Clemenswerth in Sögel Menschen mit und ohne Behinderung getroffen.
Der Materialraum ist eine Fundgrube für „Upcycling“-Fans. Links stapeln sich gebrauchte Schuhe, ausgetrunkene Milchtüten und leere Konservendosen. Rechts quellen alte T-Shirts, Hosen und Wollreste aus einem Karton. Alles mit viel Aufwand produziert, getragen, genutzt – und zu schade für Altkleidercontainer und Mülltonne. Findet auch Marian Berg und fischt eine Jeans aus der Kiste. „Daraus kann man prima eine neue Handytasche machen“, sagt der 16-Jährige und setzt sich an die Nähmaschine. Auch um ihn herum herrscht an diesem Samstag im Marstall Clemenswerth kreatives Chaos.
In der Jugendbildungsstätte treffen sich an drei Tagen Menschen mit und ohne Behinderung zu einem „Upcycling“-Wochenende. „Das ist gerade ganz aktuell“, sagt Christine Schütte von der Kontaktstelle „Gemeindenähe“ im Meppener Vitus-Werk. Sie leitet das Seminar mit Marstall-Teamerin Lina Tallen. „Upcycling“ – das ist mehr als nur die Wiederverwertung von Altpapier oder Altkleidern. Beim „Upcycling“ werden Abfallstoffe oder gebrauchte Gegenstände aus Haus und Garten umgewandelt, aufgewertet und bekommen eine völlig neue Funktion. Der Ehemann von Christine Schütte macht nach ihren Worten gerne Neu aus Alt. „Er hat schon öfter Blumentöpfe aus ausgetretenen Schuhen und Lampen aus Eimern gebastelt“, erzählt sie.
Biogurken in Plastikfolie – das ist ärgerlich
Solche Ideen kursieren auch im Internet und in Büchern. Aber für Christine Schütte und Lina Tallen ist das Thema nicht einfach ein Trend. „Wir müssen aufpassen, dass wir unseren Planeten nicht weiter vollmüllen“, sagt die 20-jährige Teamerin. Sie beobachtet bei jungen Leuten ein Umdenken, wie man gebrauchte Gegenstände weiternutzen kann. Das Sofa aus einer Holzpalette, der Seifenspender aus einem Nutellaglas oder die Vase aus einer Glühbirne sehen nicht nur witzig aus, sondern schonen auch die Ressourcen. Wenn jeder von uns nur ein wenig mehr „upcyclen“ würde, könnte man eine Menge Müll vermeiden. „Denken Sie doch nur mal an den Plastikteppich, der auf den Weltmeeren schwimmt“, sagt Lina Tallen.
Bei den Teilnehmern kommt beides gut an: Umweltbewusstsein und in großer Runde zu basteln. Aus übrig gebliebenen Papprollen entstehen Stiftehalter und Adventskalender, aus Tontöpfen und Wollresten kleine Engel. Karin Vieler aus dem Vitus-Werk erzählt, dass sie aus einer leeren Konservendose ein Windlicht mit Sternenmuster gebastelt hat. Und auch das Vogelhäuschen aus den Tetrapacks – das reizt sie noch.
Marian Berg hat inzwischen mehr als nur eine Handytasche produziert. Der 16-Jährige macht als Betreuer bei dem Kreativwochenende mit. Nicht nur, weil Textiles Gestalten ihm liegt, sondern auch, weil er gern mit Menschen mit Behinderungen zusammen ist. Außerdem findet er es wichtig, nicht ständig Ressourcen zu verschwenden. „Wir dürfen so nicht weitermachen. Manchmal hat man das Gefühl, der Müll kommt einem entgegen, wenn man die Haustür aufmacht.“ Das findet auch Marion Segbers aus Spahnharrenstätte. „Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft“, sagt sie und ärgert sich, wenn im Supermarkt Biogurken in Plastikfolie eingeschweißt sind. Auch zu Hause versucht sie, Müll zu vermeiden und Dinge wiederzuwerten – und hofft nun, Ideen mitzunehmen, mit denen sie ihr Zuhause verschönern kann. Damit sie es nicht so macht, wie manche „andere Leute: Die kaufen sich neue Sachen, die alt aussehen und werfen ihre alten weg.“
Petra Diek-Münchow