Anstoß 06/21

Verstehen Sie Spaß?

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Pablo Picasso, der spanische Maler, konnte kein Englisch. Eines Tages besuchte ihn Charlie Chaplin.  Der englische Schauspieler konnte kein Spanisch und kein Französisch.


Hier könnte die Geschichte schon zu Ende sein, aber: Beide begrüßten sich, lächelten sich an und dann forderte Picasso Chaplin mit Zeichensprache auf, ihm zu folgen. Sie gingen ein Stockwerk höher und Picasso zeigte wortlos seine Bilder. Chaplin schaute, staunte, lächelte, verstand.
Danach winkte Chaplin Picasso ebenfalls, ihm zu folgen. Sie gingen ins Badezimmer und Chaplin spielte einen Mann, der die Seife nicht aus den Ohren kriegt. Picasso kriegte sich nicht ein vor Lachen.
Beide haben sich prächtig verstanden, auch ohne etwas zu sagen.
Das Wunder des Verstehens ohne Sprachen zu kennen habe ich oft bei internationalen Treffen erlebt, bei denen Kinder dabei sind. Da spielten rumänische, lettische, ungarische, deutsche, schwedische, tschechische und sorbische Kinder zusammen. Jedes redete in seiner Sprache und sie lachten und rannten und hatten jede Menge Spaß. Am besten ging es bei den Kleinen, die noch im Kindergarten waren. Je älter, desto schwieriger ließ sich hier fast als Regel aufstellen.
Wir Erwachsenen standen da nur staunend herum, redeten soweit es ging auf Englisch und beneideten die Kleinen, für die das Wort „Sprachbarriere“ keine Relevanz zu haben schien.
Es ist hilfreich sich immer mal wieder bewusst zu machen, wie viel uns als Menschen verbindet. Dass es nicht darauf ankommt, woher ich bin und welche Sprache ich spreche, sondern was für ein Mensch ich bin. Mal ganz ernst gesprochen: das „verstehen können“ gehört für Ebenbilder Gottes zur Grundausstattung. Und dazu gehört, sich aufeinander einzulassen, ein wenig Mut, Überwindungskraft und mit Sicherheit eine gute Prise Humor. Sie müssen es ja nicht gleich so machen wie Charlie Chaplin und Pablo Picasso. Aber ich bin mir sicher, wenn Sie wollen, fällt Ihnen auch was ein.  Charlie Chaplin hat das richtige Rezept, um mit einer offenen Haltung auf andere zugehen zu können: „Jeder Tag, an dem du nicht lächelst, ist ein verlorener Tag“.

 
Guido Erbrich, MDR-Senderbeauftragter der katholischen Kirche