"Fair-Teiler" gegen Lebensmittelverschwendung

Verwenden statt Verschwenden

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Hinter dem Pfarrzentrum der Gemeinde St. Bonifatius in Lingen steht eine Holzhütte. Mit diesem „Fair-Teiler“ engagieren sich junge Leute gegen Lebensmittelverschwendung.


Direkt bei der Kirche steht der „Fair-Teiler“. Holger Berentzen und Franziska Blickle freuen sich über die gute Resonanz. Foto: Elisabeth Tondera

Die grünen Türen lassen sich leicht öffnen, drinnen stehen ein Kühlschrank und ein Regal. Heute warten einige Mandarinen, Äpfel, eine Spitzpaprika, eine Artischocke, eine Kiste mit Bohnen und mit Weintrauben sowie Kekse und Gummibärchen auf Abnehmer. 

Der „Fair-Teiler“ ist ein Projekt von „foodsharing“ – einer Initiative, die sich gegen Lebensmittelverschwendung engagiert. Sie will nach eigener Aussage „ungewollte und überproduzierte Lebensmittel in privaten Haushalten sowie von kleinen und großen Betrieben ‚retten‘“. Franziska Blickle, Studentin der Theaterpädagogik an der Hochschule Osnabrück am Standort Lingen, ist seit drei Jahren aktiv dabei. Die ehrenamtlichen Mitglieder kooperieren in Lingen mit dem Reformhaus Kaune, dem Bioladen Kornblume und der Lingener Tafel. Sie holen dort regelmäßig Lebensmittel ab, die noch genießbar sind, aber nicht mehr verkauft werden können, weil sie Schönheitsfehler haben oder das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. „Wir waren zunächst eine rein studentische Gruppe und hatten einen Verteiler an der Hochschule, der nur für Studierende zugänglich war. Mit der Zeit ist die Gruppe größer und gemischter geworden, und es begann die Suche nach einem Standort, der für alle zugänglich ist“, erzählt Blickle.

Studenten bauen die Hütte selbst auf

Zwei Jahre hatte es gedauert, bis es soweit war. Den Platz an der Kirche hat die Gruppe über den Kontakt zum Dekanatsreferenten Holger Berentzen bekommen. Nach seiner Aussage sind die Kirchengemeinden offen für das Thema. „Es gab verschiedene Ideen. Letztendlich hat sich Pfarrer Burke der Sache angenommen und sie vor den Kirchenvorstand gebracht. Da fiel die Entscheidung für den Standort“, berichtet der Dekanatsreferent. 

Der Platz hinter dem Pfarrzentrum St. Bonifatius ist wegen des einfachen Zugangs ideal. Weil es aber ein Außenobjekt ist, musste ein Fundament gebaut werden. Die Stadt Lingen hat das Projekt mit 500 Euro für Materialkosten unterstützt, das Holz ist eine Spende der Firma Vehmeyer aus Haselünne. Der Kirchenvorstand stellt den Standort und den Strom zur Verfügung, und den Kühlschrank hat die Gruppe vom Nachhaltigkeitsfonds der Hochschule Osnabrück bekommen. Alle Arbeiten haben die foodsharing-Mitglieder ausgeführt. Holger Berentzen hat den Aufbau begleitet und ist beeindruckt. „Das war beachtlich, wie die Studierenden das geschafft haben“, erzählt er. 

Jeden Tag putzt jemand aus dem Team die Regale

Franziska Blickle erklärt, wie der „Fair-Teiler“ funktioniert: „Die Holzhütte ist 24 Stunden geöffnet, man kann jederzeit die Tür öffnen und sich bedienen oder etwas hineintun. Alles ist entweder von den Lebensmittelbetrieben gerettet oder aus privaten Haushalten. Wer sich etwas herausholt, sollte selbst prüfen, ob die Lebensmittel noch genießbar sind.“ Wer etwas hineinlegen möchte, sollte auf die Haltbarkeit achten. Leicht Verderbliches, wie Kühlwaren, Hackfleisch, Rohmilchprodukte und Speisen mit frischen Eiern sowie Produkte mit abgelaufenem Verbrauchsdatum gehören nicht in den „Fair-Teiler“ ebenso wenig wie Non-Food-Artikel. Jeden Tag putzt jemand vom Team die Regale durch. Auch ein Desinfektionsspender ist vorhanden.

Franziska Blickle hat beobachtet, dass die kleine Hütte gut angenommen wird. „Das freut mich total, weil wir vorher Probleme hatten, die Lebensmittel loszuwerden. Jetzt findet alles Abnehmer, auch eine überreife Banane.“

Auch Holger Berentzen freut sich über die gute Resonanz. Er kann von seinem Bürofenster den Standort sehen und hat an einem Vormittag gezählt, dass innerhalb von zwei  bis drei Stunden die Tür zwölfmal geöffnet wurde – von Studenten, aber auch älteren Menschen. Oft unterhalten sie sich miteinander, auch Berentzen hat schon viele Gespräche geführt. „Das ist wunderbar, das ist gut für uns“, sagt er.

Elisabeth Tondera
 
Wer sich bei foodsharing engagieren möchte, kann Infos per E-Mail bekommen: emsland@foodsharing.network