Café International in Nordhorn

"Viele sind uns hier richtig ans Herz gewachsen"

Image
Ehrenamtliche im Café International in Nordhorn
Nachweis

Foto: Petra Diek-Münchow

Caption

Hilfe und Beistand: Das möchte das Team des „Café International“ geflüchteten Menschen in Nordhorn bieten. Zum Gespräch gibt es auch Saft, Kaffee und Kekse. Foto: Petra Diek-Münchow

„Café International“ heißt der offene Treffpunkt in Nordhorn, bei dem geflüchtete Menschen aus vielen Ländern seit sieben Jahren Kontakt, Rat und Hilfe bekommen. Bis zu 20 Ehrenamtliche kümmern sich um die Gäste.

Die Türen zum Saal des Gemeindehauses St. Josef in Nordhorn stehen weit auf – wie immer am Donnerstagnachmittag ab 16.30 Uhr beim „Café International“. Die Gäste strömen herein: Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Familien, Alleinstehende. Mit einem Lächeln im Gesicht nehmen sie an der gedeckten Tafel Platz, freuen sich auf eine Tasse Tee und Gebäck, plaudern mit Tischnachbarn und den Ehrenamtlichen, die alles sorgsam vorbereitet haben.

„Hallo! Schön, dass ihr da seid“, grüßt Sybille Meier in die Runde, nimmt den einen oder die andere in den Arm. Man kennt sich über die Jahre, denn viele der Besucherinnen und Besucher kommen schon lange und regelmäßig in den offenen Treffpunkt. Aus Somalia oder Afghanistan, aus Syrien oder Eritrea, aus dem Sudan oder Albanien und weiteren Ländern sind sie nach Deutschland und in die Grafschaft Bentheim geflüchtet, um Zuflucht und ein neues Zuhause zu suchen. Im „Café International“ finden sie Austausch, Beistand, praktische Hilfe – und Freundlichkeit.

Sybille Meier ist die erste Ansprechperson der etwa 20 Ehrenamtlichen, die die Gäste betreuen. Auch ihr Ehemann sowie Maria Partmann und Helga Hilberink gehören zu diesem Team, bei dem Männer und Frauen aus mehreren katholischen und evangelischen Kirchengemeinden mitmachen. Und das schon seit über sieben Jahren. 

Weil ab Herbst 2015 viele Geflüchtete in den Nordhorner Stadtteil Bookholt zogen, war das Café der reformierten Gemeinde in der Innenstadt oft überfüllt. „Deshalb haben wir im Januar 2016 im katholischen Gemeindehaus von St. Josef ebenfalls einen Treffpunkt eröffnet“, erzählt Ursula Strieker vom Sozialausschuss. Nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung.

Das Angebot stößt noch immer auf eine hohe Resonanz. Zeitweise kommen bis zu 60 Menschen. „Jede und jeder ist hier willkommen“, sagt Sybille Meier und freut sich über das harmonische Miteinander, das auch neue Gäste spüren. Da wird sofort Kaffee oder Saft eingeschenkt, da gibt es gleich ein Lächeln, da wird schnell gefragt: „Wie geht es euch? Können wir irgendwie helfen?“

Wie bei Elsaida, die zu Beginn als 14-Jährige ins Café kam. Sie stammt aus Albanien, hat hier viel Hilfe bekommen und hilft jetzt selbst anderen Geflüchteten. Sybille Meier spricht mit ihr kurz über eine Frau, die vor einigen Tagen neu angekommen ist in Nordhorn. „Wir haben Möbel organisiert. Kannst du ihr das mitteilen?“ Inventar, Haushaltsartikel, Fahrräder – das ist nur ein kleiner Teil der vielen Aufgaben, um die sich die Ehrenamtlichen kümmern. Lang ist die Liste, von der Maria Partmann und Helga Hilberink berichten. Das Café-Team übt Deutsch mit den Gästen, hilft beim Ausfüllen von Formularen und übersetzt „Bürokraten-Deutsch“, unterstützt bei Bewerbungsschreiben und der Wohnungssuche.

Wir dürfen nicht vergessen, dass viele mit Traumata zu kämpfen haben.

Und bei Bedarf begleiten sie die Geflüchteten zum Beispiel bei Terminen im Jobcenter, beim Arzt, Behörden und Vorstellungsgesprächen. Selbst beim Umzug packt mancher tatkräftig mit an. Wie viel Zeit das kostet? Die Frauen schauen sich an und schmunzeln ein wenig. „So manche Stunde in der Woche“, sagt Partmann und Sybille Meier verhehlt nicht, dass es zuweilen einer 20-Stunden-Stelle gleicht.

Auch für die Kinder gibt es im Keller des Gemeindehauses während der Café-Zeit ein Angebot – begleitet von Carsten Maat, Jugendreferent der reformierten Kirche. Acht Jungen und Mädchen sitzen an diesem Donnerstag hier: spielen Billard, malen, basteln, lesen. Bei gutem Wetter geht es nach draußen.

Zum „Café“ gehört auch das „Stübchen“ – ein Raum im Gemeindehaus, aus dem sich die Gäste mitnehmen dürfen, was sie gerade brauchen: Kleidung, Bettwäsche, Porzellan, Töpfe, Spielzeug.  Über solche ganz praktische Hilfe hinaus hat das Team immer auch ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Geflüchteten. Wenn es Probleme in der Familie oder in der Schule gibt, wenn das Heimweh übermächtig wird, wenn schmerzhafte Erinnerungen an Krieg und Flucht aufsteigen. „Wir dürfen nicht vergessen, dass viele mit Traumata zu kämpfen haben“, mahnt Maria Partmann. Das sind dann oft intensive Gespräche, die auch die Ehrenamtlichen nicht einfach abstreifen können.

Warum also investieren sie alle so viel Zeit und Mühe in diese Aufgabe? Helga Hilberink bringt es auf einen kurzen, einfachen Nenner: „Wir wollen helfen“, sagt sie. „Und wir bekommen viel zurück.“ Dabei spricht sie nicht von Dankbarkeit oder gar Anerkennung, sondern von Freundschaft und Freundlichkeit, Gemeinschaft und persönlichen Kontakten, die lange tragen. „Wir waren schon zu Hochzeiten und Festen eingeladen“, erzählt sie. „Viele sind uns hier richtig ans Herz gewachsen.“

Das gilt unter anderem für Maryam Sekandri und Eugenie Kouassi, zwei junge Frauen aus Afghanistan und von der Côte d’Ivoire in Westafrika. Beide kommen oft auf einen kurzen Besuch ins „Café International“. Sie leben bereits ein paar Jahre in Nordhorn und haben besonders zu Beginn viel Beistand erfahren in dem offenen Treff: beim Deutschlernen, bei der Suche nach Wohnungen, einer Ausbildung bis hin zum Kindergartenplatz.  

Auch Eugenie Kouassi zählt mehrere Beispiele auf, wobei ihr das Team geholfen hat – bei Praktika, der Stellensuche, wo sie ein Rad bekommt und wie damit fährt. „Das musste ich erst mal lernen“, sagt sie. Und auch dafür gab es „hier immer Hilfe“.

Zur Sache

Das „Café International“ öffnet jeden Donnerstag (außer in den Schulferien) von 16.30 bis 18.30 Uhr im Gemeindehaus St. Josef in Nordhorn, Veldhauser Straße 173. Eingeladen sind Geflüchtete – Familien und Alleinlebende – sowie alle, die in lockerer Runde Kontakt zu Menschen aus verschiedenen Nationen aufbauen möchten. Wer mithelfen möchte, kann sich an Sybille Meier wenden, Telefon 0 59 21/3 84 03, E-Mail: sybillenoh@gmx.de

Petra Diek-Münchow