Weltgebetstag der Frauen 2024
Vom Leben der Frauen in Palästina
Foto: Kathrin Schwarze
Welche Rolle spielt die aktuelle Situation in Nahost beim WGT-Vorbereitungstreffen in Lingen?
Als Team ist es uns jetzt noch wichtiger, dass die Teilnehmerinnen einen persönlichen Zugang zum Thema finden. Wir werden zuhören und mehr Gesprächsmöglichkeiten schaffen. Der Weltgebetstag kann nicht helfen, den Konflikt zu befrieden, aber die Werkstätten können beispielsweise über die historischen Hintergründe aufklären und anregen, den Konflikt aus palästinensischer, jüdischer und israelischer Perspektive zu betrachten.
Insgesamt bekommt das Weltgebetstagsmotto mehr Gewicht: in den Gottesdiensten und in der Auseinandersetzung mit den Bibeltexten. Auch Flexibilität und Kreativität sind gefragt. Wir werden die Gottesdienste vermutlich stärker als Friedensgebete gestalten – je nach Situation. Dennoch möchten wir ermutigen, sich für die Anliegen der Frauen in Palästina zu öffnen. Es geht nicht darum, sich auf eine Seite des Konflikts zu stellen, dafür ist er zu komplex. Vielmehr geht es darum, zuzuhören, solidarisch zu sein und sich auf die Seite des Friedens und der Menschlichkeit zu stellen.
Welche Kraft können Gebete um Frieden in der Welt entfalten?
Gebete können Sicherheit und Hoffnung schenken sowie Hoffnungszeichen setzen. Dies kann nicht zuletzt die Resilienz des Betenden stärken und zum Handeln motivieren. Beten verändert – weil es mein Denken und mein Handeln verändert. Für mich sind Gebete auch Ausdruck meiner Solidarität mit Menschen, die in Krisengebieten leben. Gebete stellen uns in eine Gebetsgemeinschaft mit anderen Betenden. Allein durch dieses Wissen können sie eine besondere Kraft entfalten.
Wie leben christliche Palästinenser?
Christen machen nur etwa ein Prozent der palästinensischen Bevölkerung aus – Tendenz sinkend. Insgesamt werden sie anerkannt, wobei Übergriffe, etwa auf christliche Symbole, insbesondere in Jerusalem, zunehmen.
Allgemein sind Christinnen und Christen in Palästina im Alltag ähnlich eingeschränkt wie muslimische Palästinenser. Die gesellschaftlichen Strukturen sind patriarchal, was die persönliche Freiheit von Frauen einschränkt und sich auch in der gesundheitlichen Versorgung widerspiegelt. Für verheiratete Christinnen ist die Situation insofern anders, da sie sich, im Gegensatz zu muslimischen Frauen, nicht scheiden lassen dürfen. Priester vermitteln auch bei Problemen innerhalb der Familie und Ehe, und oft wird aufgrund des christlichen Ideals sowie der christlichen Minderheit die Familie priorisiert.
Krieg bedeutet vor allem Leid für die Zivilbevölkerung. Wie können Frauen zu Hoffnungsträgerinnen für Frieden werden?
„Sumud“ ist nicht nur das arabische Wort für Standhaftigkeit sondern ein praktischer Wert, eine Lebensphilosophie in Palästina. Hierbei geht es um Würde und Respekt im Umgang mit sich selbst und anderen, um Menschlichkeit trotz aller Ungerechtigkeiten und Widerstände. Die Palästinenserinnen leben diese Haltung.
Zu Hoffnungsträgerinnen des Friedens werden Frauen vor allem in der Gemeinschaft. Nicht zu unterschätzen ist auch Bildung, die zu Frieden und Gerechtigkeit beitragen kann. Weil Frauen in den Familien noch immer einen starken Einfluss auf die nächste Generation haben, ist es besonders wichtig, ihre Bildungschancen zu erhöhen.
Ein Vorbereitungstreffen für den Weltgebetstag im Bistum Osnabrück findet am ersten Novemberwochenende im Ludwig-Windthorst-Haus in Lingen statt. Am 1. März 2024 wird der WGT dann in vielen ökumenischen Gottesdiensten gefeiert.