Von Christsein und Krieg

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Podiumsdiskussion
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Foto: Matthias Schatz

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Bei der Diskussion (v.l.n.r.) : General a. D. Klaus Wittmann, Militärdekan Monsignore Bernward Mezger und der als Moderator agierende Dompfarrer Thorsten Weber. 

Angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine und der darauf folgenden Aufrüstung auch in Deutschland befasste sich im Rahmen der Sankt-Ansgar-Woche eine Diskussion mit christlicher Friedensethik und Waffengang.

Kriegstüchtig – an diesem Begriff, den Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im November als Ziel für die Bundeswehr vor­gab, scheiden sich die Geister. So stand er denn auch mit einem Fragezeichen versehen über einer Diskussionsrunde zu „christlicher Friedensethik und Soldatenberuf“, die im Rahmen der Sankt-Ansgar-Woche im Haus der kirchlichen Dienste stattfand. „Das war ein Weckruf von Pistorius, der am Platze war, weil wir eine Ballung an Krisen haben, wie wir sie lange nicht hatten, und weil wir darauf nicht vorbereitet sind“, rechtfertigte General a.D. Klaus Wittmann die Wortwahl des Verteidigungsministers. 

Der 77 Jahre alte Wittmann hatte nicht nur verschiedene Führungspositionen bei der Bundeswehr und bei der NATO inne, er ist auch promovierter Historiker, Lehrbeauftragter an der Professur für Militärgeschichte der Universität Potsdam und in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) engagiert. So war er Mitglied der 10. Synode der EKD und der Kammer für Öffentliche Verantwortung, in der die Friedensdenkschrift des Rates der EKD von 2007 entstand. Schon zu Beginn seines einleitenden Vortrags stellte Wittmann klar: „Es braucht eine neue Denkschrift der evangelischen Kirche zur Sicherheitspolitik angesichts revisionistischer und imperialistischer Bestrebungen.“ In diesem Zusammenhang schloss sich Wittmann sinngemäß einer Äußerung von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg an, als er meinte: „Wenn Russland aufhört zu kämpfen, ist der Krieg zu Ende. Wenn die Ukraine aufhört zu kämpfen, ist es mit der Ukraine zu Ende.“

Anschließend sprach er sich für eine stärkere militärische Unterstützung der Ukraine auch durch Deutschland aus, plädierte beispielsweise für die Lieferung der Taurus-Marschflugkörper und warf Bundeslanzler Olaf Scholz „Eskalationsangst“ vor. Waffenlieferungen seien die „Lebensader“ der Ukraine, die jedes Recht habe, sich zu verteidigen. „Ein Sieg Putins wäre ein Präzedenzfall für andere Despoten“, außerdem würde Putin dann weitere Staaten in Europa überfallen. „Wenn Putin seine Ziele erreicht, wird es viel teurer, als es jetzt schon ist.“ Um ihn abzuschrecken, brauche es Kriegstüchtigkeit. 

Militärdekan Monsignore Bernward Mezger hingegen kann sich mit diesem Begriff nicht recht anfreunden, wie er nach seinem anschließenden Vortrag in der Diskussion mit Wittmann und dem Publikum verdeutlichte. Er habe diesen Begriff schon vor rund sechs Jahren an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg gehört und bereits damals gesagt, er gefalle ihm nicht. „Der kämpfende Soldat muss gefechtsfähig sein, weil er sonst das Leben anderer gefährdet.“ Daher müsse es vielmehr „friedfertig“ und „konfliktfähig“ heißen. Er verstehe die Bestrebungen, die Gesellschaft „krisenfest“ zu machen. „Aber auch da gilt es, konfliktfähig zu sein.“

„Auch Nichthandeln kann schuldig machen“

In seinem Vortrag hatte sich Mez­ger zuvor mit christlicher Ethik auseinandergesetzt. Ausgangspunkt war das fünfte Gebot, das laut Mezger wörtlich übersetzt laute „nicht morden“. Das bedeute, dass man sich nicht raushalten könne, dass man nicht zulassen solle, dass gemordet werde. Auch Nichthandeln könne schuldig werden lassen. „Es ist von vielen Christen schwer auszuhalten, dass wir Frieden wollen, aber zur Abwehr von Terror und Gewalt Waffen anwenden müssen.“ Der göttliche Friede aber sei ein teleologisches Konzept, „also ein Ziel, auf das wir hinarbeiten, aber nicht erreicht haben.“ 

Das korrespondierte durchaus mit einer Auffassung Wittmanns. Der Genrals a.D. konstatierte nämlich unter anderem auch: „Wer die Waffe in die Hand nimmt, macht sich voraussichtlich schuldig. Aber wer nicht handelt, macht sich auch schuldig.“ Mezger verwies in diesem Zusammenhang dann auf die Vergebung, die es bei Christen für jene gebe, die sich im Krieg schuldig machen oder sich schuldig fühlen.

Trotz des Dissenses bei dem begriff „kriegstüchtig“ zeigten sich schlussendlich die Positionen des katholischen Geistlichen und des engagierten Protestanten nicht weit voneinander entfernt. Beide rechtfertigten letztlich die militärische Verteidigung der Ukraine, deren Unterstützung durch Waffenlieferungen und die friedliche, auf Abschreckung ausgerichtete Intention der Aufrüstung der Bundeswehr. 

Und auch als es um die Interpretation der Bergpredigt ging, darum, auch die andere Wange hinzuhalten, wenn jemand einen auf die rechte Wange schlägt, lagen der Ex-General und der Militärdekan recht nahe beieinander. „Die Bergpredigt bedeutet, den Aggressor nicht als Feind, sondern als Gegner zu sehen und am Ende auch vergeben zu können“, sagte Mezger. Wittman sprach sich für Versöhnung mit dem Feind aus. 

Matthias Schatz