Von Herkunft und Zukunft
Wo haben die Katholiken im Norden ihre Wurzeln? Pfarrer Kirchhoff hat die Gottesdienstbesucher in seiner Pfarrei nach dem Geburtsort ihrer Mutter gefragt – und ein überraschendes Ergebnis herausbekommen.
Rund 88 000 fremdsprachige Katholiken lebten laut kirchlicher Statistik 2017 im Erzbistum Hamburg. Das entspricht fast 22 Prozent aller Katholiken im nördlichsten deutschen Bistum – die Tendenz ist seit Jahren steigend. Einen – teils auch innerdeutschen – „Migrationshintergrund“ haben jedoch noch sehr viel mehr Menschen, jedenfalls im Pastoralen Raum Dithmarschen und Steinburg. Zu diesem Ergebnis kommt Pfarrer Joachim Kirchhoff. Er hat in den Gottesdiensten zwischen Heide und Glückstadt (also noch in Büsum, Meldorf, Marne, Hohenlockstedt, Brunsbüttel und Itzehoe) nach der Herkunft der Mütter der Gläubigen gefragt. Das überraschende Ergebnis: Weniger als zehn Prozent der befragten Katholiken haben ihre Wurzeln an der schleswig-holsteinischen Westküste.
Auslöser der Aktion war die Vorstellung neuer Messdiener in Brunsbüttel: Dort gibt es sechs Mädchen und Jungen, die zum Teil sogar in Brunsbüttel geboren wurden. Doch ihre Mütter stammen aus Polen, Italien, Syrien, von den Philippinen und aus dem Oldenburger Münsterland. Nur eine der sechs Mütter ist selbst in der kleinen Stadt an der Elbe geboren.
Das wollte Pfarrer Kirchhoff nun genauer wissen. Und so kam es, dass er, wenn er dieser Tage Gottesdienste in seiner Pfarrei feierte, stets eine große Europakarte mit im Auto dabei hatte. Die Gottesdienstbesucher forderte er auf, nach der Messe mit einer Pinnadel den Geburtsort ihrer Mutter zu markieren. Lag dieser Ort außerhalb Europas, sollten Ort und Land auf einem separaten Zettel notiert und angebracht werden. Die meisten Gottesdienstbesucher machten mit. „Das Ergebnis der Aktion zeigt, dass es etwa zwei gleichgroße Gruppen gibt, nämlich Mütter, die östlich der Oder-Neiße-Linie geboren sind und solche, die aus West- bzw. Süddeutschland stammen“, erläutert Kirchhoff. Etwa ein Fünftel der Mütter stamme wiederum aus einem anderen europäischen Land, aus Asien, Afrika oder Lateinamerika. Kirchhoffs Fazit: „Wir haben eine verschiedene Herkunft und eine gemeinsame Zukunft. Miteinander sind wir unterwegs als glaubende Menschen in unseren Kirchengemeinden“, sagt er. Die gemeinsame Muttersprache sei dabei der christliche Glaube. Aus Kirchhoffs Sicht stellt das ein Stück weit auch die Notwendigkeit fremdsprachiger Missionen im Erzbistum in Frage.
„Es wäre doch schön, die Reichtümer zu teilen“
„Auffällig ist, dass die meisten Mütter in einem katholischen Mehrheitsgebiet geboren sind und aus ihren Familien dort sehr unterschiedliches katholisches Brauchtum mitgebracht und weitergegeben haben. Da wäre es doch schön, wenn wir unsere Reichtümer miteinander teilen. Damit aber alle alles verstehen können, sollten wir als gemeinsame Sprache ein einfaches Deutsch benutzen“, argumentiert der Pfarrer. Und: „Musik und gemeinsames Singen im Gottesdienst verbindet. Warum nicht eine Melodie aus Zimbabwe oder Polen mit einem deutschen Text singen? Das wäre doch eine gute Aktion, in unserem Pastoralen Raum genauso wie im Erzbistum.“ Wer Lust hat, sich an einem solchen Projekt zu beteiligen, kann sich direkt per E-Mail an pfr.kirchhoff@kath-itzehoe.de wenden.
Text u. Foto: Marco Heinen