Anfrage zum Leben nach dem Tod

Wann ist Auferstehung?

Kürzlich hieß es in der Lesung, dass alle Verstorbenen am letzten Tag auferstehen und in den Himmel enthoben werden. Jesus sagt aber zu dem Schächer am Kreuz: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.“ Und von den Heiligen glauben wir, dass sie schon jetzt im Himmel sind. Ist das nicht widersprüchlich? Albert Steffens, Brüggen

In der Lesung, die Sie ansprechen (1 Thessalonicher 4,13-18), formuliert Paulus die jüdische Auferstehungsvorstellung seiner Zeit: Wenn der Messias kommt, wird er die Gräber öffnen und die Verstorbenen zu Gott führen – weshalb sich fromme Juden gern am Tempelberg bestatten ließen, um als Erste dran zu sein. Für Paulus ändert sich daran nur, dass der Messias, also Jesus, nicht erstmals kommt, sondern wiederkommt, und damit rechnet er sehr bald. Falls sich die Wiederkunft aber doch verzögert, kann man für die Verstorbenen Hoffnung haben.

Daran anschließend hat die christliche Theologie lange ein Zwischenstadium formuliert für die Zeit zwischen dem eigenen Tod und der Auferstehung am Jüngsten Tag. Der Kerngedanke: Die Seele lebt direkt nach dem Tod weiter, die leibliche Auferstehung erfolgt am letzten Tag, wenn die Weltgeschichte endet.

Die heutige Theologie denkt so nicht mehr. Vor allem deshalb, weil diesen Ideen eine sehr lineare Zeitvorstellung zugrunde liegt. Gestern, heute, morgen. Geradeeben, jetzt, später. Aber mal abgesehen davon, dass seit Albert Einstein selbst die moderne Physik daran zweifelt, dass die lineare Zeit alles ist: Gott ist wohl doch in einem anderen Sinn ewig als im Sekundentakt. 

Und damit sind wir bei Ihrer Frage. Denn widersprüchlich sind die Sätze nur, wenn in Gottes Reich unsere Zeitvorstellung gelten würde. Aber möchten Sie endlose Jahrmillionen lang auf der Wolke Harfe spielen? 

Nein, heute ist der Gedanke eher der: Im Moment unseres Todes endet unsere Erfahrung von Raum und Zeit. Individuelles Gericht und Jüngster Tag, Auferstehung der Seele und des Leibes fallen in eins. Heute im Paradies oder schon jetzt im Himmel zu sein, daran dürfen wir glauben. Und die Uhr neben dem Sterbebett zurücklassen. Und außerdem gespannt sein, ob der Himmel oder das Paradies ein Ort oder doch eher ein Zustand sind.

Susanne Haverkamp