Anfrage
Wann wurde die Kelchkommunion unüblich?
Seit wann kommunizieren katholische Gläubige in der Regel nur mit der Hostie?
Rochus Schrammek, 01309 Dresden
Die Anweisung Jesu im Abendmahlssaal ist eindeutig: Esst das Brot und trinkt aus dem Kelch, nehmt mein Fleisch und mein Blut – und so war es auch in den ersten Jahrhunderten. Das Brot wurde gebrochen, der Kelch herumgereicht.
Das änderte sich auch nicht, als man ritueller mit Brot und Wein umging. Durfte das Brot anfangs krümeln, durfte es das bald nicht mehr; und vom Wein solle, mahnte Hippolyt von Rom (um 200) kein Tropfen verloren gehen. Die Kommunion mit Brot und Wein blieb über 1000 Jahre selbstverständlich.
Das änderte sich in der Westkirche ab dem 12. Jahrhundert. Ein wesentlicher Grund war die theologische Einsicht, die besonders Thomas von Aquin (1225-1274) stark betonte, dass auch in einer der Gestalten Christus vollständig gegenwärtig ist.
Hinzu kam, dass zu dieser Zeit die Schaufrömmigkeit stark zunahm: die Aussetzung der Hostie in kostbaren Monstranzen, das Aufkommen des Fronleichnamsfestes – das alles kommt aus dieser Zeit. Das heilige Brot anzuschauen, anzubeten und (ganz selten) zu kommunizieren, war, was zählte.
Hygienische oder praktische Gründe waren es dagegen nicht, die zur Abschaffung des Laienkelches führte. Was man daran sieht, dass es im Mittelalter den Ablutionswein gab – ein Kelch mit nichtkonsekriertem Wein, aus dem Kommunikanten tranken, um sich den Mund auszuspülen.
Der Laienkelch verschwand im Laufe von 300 Jahren schleichend und geräuschlos aus der kirchlichen Praxis. Erst in der Reformationszeit wurde er zum Politikum. Der frühe Reformator Jan Hus behauptete, die Kommunion unter beiderlei Gestalten sei heilsnotwendig – was das Konzil von Konstanz (1415) als häretisch verurteilte.
Später wurde der Kelch zum Unterscheidungskriterium der Konfessionen. Noch das Kirchenrecht von 1917 setzte fest: „Die Heiligste Eucharistie soll nur unter der Gestalt des Brotes gereicht werden.“ (Canon 852). Diese Haltung änderte sich erst mit der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils. Als Ausnahme gilt die Kelchkommunion aber weiterhin.
Susanne Haverkamp