Rabbinerin spricht vor Katholiken

Warum Gott den Rechtsstaat braucht

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Vier Männer und eine Frau bilden ein Gruppenbild
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Foto: Edmund Deppe

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Treffen beim Katholischen Büro: der Osnabrücker Bischof Dominicus Meier (l.), Rabbinerin Elisa Klapheck, der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer, der Leiter des Katholischen Büros Felix Bernard und Weihbischof Wilfried Theising aus Vechta

Weltweit geraten Demokratie und Rechtsstaat unter Druck. Über deren jüdische Wurzeln und die Frage, warum Antisemitismus nicht nur Juden bedroht, ging es bei einem Abend der katholischen Kirche in Niedersachsen.

Antisemitismus gefährdet nach Aussage der Frankfurter Rabbinerin Elisa Klapheck nicht nur Juden, sondern insgesamt die Grundlagen des säkularen Rechtsstaats. Viele wüssten zu wenig, wie sehr jüdische Tradition zur Grundlage moderner Demokratie gehöre, sagte sie in Hannover beim Empfang des Katholischen Büros Niedersachsen. Solidarität mit Juden empfinde sie als zweischneidige Sache, wenn Juden nur als Opfer betrachtet würden, und jene, die sich solidarisieren, meinten, sie selbst seien nicht betroffen. "Wir reden mitunter zu viel über Antisemitismus und zu wenig über das Judentum", kritisierte Klapheck. Leider beschränke sich öffentliches und mediales Interesse in Deutschland oft auf die Opferrolle von Juden oder reduziere sich auf Folklore, wenn es etwa um Familienfeste zu Chanukka oder Pessach geht.

Warum Gott den säkularen Rechtsstaat braucht

In ihrem Vortrag "Warum Gott den säkularen Rechtsstaat braucht" skizzierte die Politikwissenschaftlerin und Theologin, wie Entwicklungen zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit von jüdischer Theologie inspiriert worden seien. Dies beginne bei den biblischen Erzählungen über Gottes Bund mit dem Volk Israel am Berg Sinai über antike jüdische Theologen bis hin zu politischen Denkern der Aufklärung und ersten Demokraten in der deutschen Revolution von 1848. Sie plädiere daher für einen neuen Dialog zwischen Religion und Politik.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte zuvor gewarnt, Deutschland müsse sich gegen Tendenzen des jüngsten US-Wahlkampfs wappnen. Dort seien "erkennbar alle Grenzen gefallen" in Richtung Beleidigungen, Hass und Spaltung. Zwar sei die Wahl demokratisch verlaufen und ihr Ergebnis zu respektieren. "Das Verstörende aber ist, dass eine stabile Demokratie auf jemanden setzt, der so polarisiert und spaltet", beklagte Weil. Inzwischen entwickelten sich weltweit etliche Demokratien in Richtung Autokratie. Insofern würden die Zeiten deutlich schwieriger für alle, die eine Gesellschaft zusammenhalten wollen. Das berühre sowohl den Staat als auch die Kirchen. (kna)