Immer am ersten Freitag im März

Weltgebetstag mit Brisanz

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Eine Vielzahl von Frauen steht im Altarraum einer Kirche
Nachweis

Foto: privat

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Frauen aus 13 Lingener Gemeinden treffen sich jährlich zum Weltgebetstag. Foto: privat

Am 1. März beten Frauen in ganz Deutschland um den Frieden in der Welt. Für dieses Jahr haben sie Palästina als Partnerland ausgewählt. Nach dem Überfall der Hamas bekommt der Weltgebetstag eine ganz neue Dimension. Frauenreferentin Barbara Nick-Labatzki hat den Tag mit vorbereitet.

Damit hatte niemand gerechnet, am allerwenigsten der Geheimdienst Israels: Am 7. Oktober 2023 überfiel die Hamas von Palästina aus Orte und Einrichtungen jenseits der Grenze, tötete viele Israelis, verschleppte Hunderte nach Palästina. Von diesem Tag an war Barbara Nick-Labatzki klar, dass der Überfall zur Herausforderung für den Weltgebetstag der Frauen 2024 werden würde. Denn schon 2017 hatten die Verantwortlichen der Weltgebetstagsbewegung Palästina zum Partnerland erklärt. Jedes Jahr am ersten Freitag im März beten Frauen unterschiedlicher christlicher Konfessionen in Deutschland für Frauen in einem anderen Land. Mal Polen, mal Wales, mal Madagaskar – und jetzt eben Palästina. Nick-Labatzki organisiert im Bistum Osnabrück diese Bewegung und bildet Frauen aus, die am 1. März in den Gemeinden das Gebet leiten werden.

Palästina wurde schon 2017 ausgewählt

„Als Palästina 2017 ausgewählt wurde, war schon klar, dass das konfliktbehaftet ist, denn es gab von Beginn an antisemitische Vorbehalte“, sagt Nick-Labatzki. Und als der Überfall geschah, war sofort spürbar, dass es Konsequenzen geben würde. Der Weltgebetstag sei eine „Graswurzelbewegung“, sagt die Frauenreferentin, den Frauen an der Basis werde viel Freiheit zugebilligt. Aber in diesem Fall sei es sinnvoll gewesen, zunächst abzuwarten, wie die Bundesebene reagiert, um die Einheit zu wahren. Diese Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Den Diözesen wurden mögliche Antworten auf Fragen übermittelt, die jetzt viele stellten. Es wurde ein Friedensgebet formuliert. Und es wurde das Titelbild geändert, das stets von einer Künstlerin aus dem Beispielland gestaltet wird. Das Bild gab es bereits, die Künstlerin setzte aber in sozialen Medien eine Nachricht zugunsten der Hamas ab und wollte diese auch nicht widerrufen. Es sei wohl das erste Mal in der Geschichte des Weltgebetstags, dass es kein Titelbild aus dem beteiligten Land gebe, sagt Nick-Labatzki.

„So können wir sensibel auf die Situation schauen“

Geändert wurde auch der Einladungstext, Fürbitten wurden ergänzt. Die bestehenden Erfahrungsberichte von Frauen aus Palästina wurden in den Kontext eingeordnet. „Wir machen deutlich, dass es sich dabei um persönliche Worte handelt, die sich nicht unbedingt mit der Haltung der Verantwortlichen in Deutschland decken“, so Nick-Labatzki. Dabei ist ihr aber wichtig, dass nichts von dem gestrichen wurde, was die palästinensischen Frauen vor dem 7. Oktober bereits verfasst hatten. Die Gebetsordnung wird immer von Frauen aus dem Beispielland verfasst, das soll auch 2024 so sein. „So können wir sensibel auf die Situation schauen“, sagt sie, „und wir klammern den Konflikt nicht aus.“ Und es werde die Frage positiv beantwortet, ob überhaupt für Palästina ein Gottesdienst gefeiert werden kann. „Das ist möglich, denn es geht um das große Ziel des Friedens.“

Und wie hat die Frauenreferentin selbst die Zeit seit dem 7. Oktober erlebt? „Als sehr anstrengend“, sagt sie. Selten würde Berufliches so sehr ihr Privatleben durchdringen. Denn natürlich rede sie mit Freundinnen und Freunden nach Feierabend über die politische Brisanz des Weltgebetstags 2024, die einen Standpunkt zwar erfordere, der aber nicht einfach zu setzen sei. 

Es geht um Frieden und Mitmenschlichkeit

„Eine Positionierung halte ich für unbedingt notwendig, sie ist lediglich nicht so eindeutig und leicht einnehmbar wie bzgl. anderer Themen. Das ist emotional immer noch sehr anstrengend.“ Der Weltgebetstag werde mit den Stimmen der palästinensischen Frauen begangen, „aber das bedeutet nicht, dass wir als Verantwortliche auf einer Seite stehen“. Es gehe ihr um Frieden und Mitmenschlichkeit. „Dafür möchte ich meine Stimme erheben.“ 

Verbunden „...durch das Band des Friedens“  so das diesjährige Motto, feiern die Lingener Frauen  am 1. März um 19 Uhr in der St.-Marien-Kirche Brögbern-Damaschke, Duisenburger Straße 10, einen ökumenischen Gottesdienst. In Lingen haben sich dafür Frauen aus 13 christlichen Gemeinden zusammengeschlossen. In der Einladung heißt es: "Alle Frauen, Männer, Kinder die mit uns für den Frieden beten und singen möchten, sind herzlich zur Mitfeier des Gottesdienstes eingeladen.“ Im Anschluss besteht die Möglichkeit, bei einem kleinen Imbiss in den Austausch zu kommen. 

Matthias Petersen