Vorsorgevollmacht für Online-Konten

Wem kann ich vertrauen?

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Wer eine Vorsorgevollmacht für seine Online-Konten ausfüllt, ist im Ernstfall auf der sicheren Seite. Die Vertrauensperson erhält die Liste mit den Passwörtern und darf online Verträge abschließen oder hat Zugriff auf die Accounts in sozialen Netzwerken.


Es ist sinnvoll, eine Liste aller Online-Accounts mit den Passwörtern zu erstellen und für den Bevollmächtigten sicher aufzubewahren. Grafik: Verbraucherzentrale Niedersachsen

Die App der Krankenkasse, das Kundenkonto beim Plattenversand, der Auftritt bei Instagram: All das liegt brach, wenn ein Mensch sich nicht mehr selbst um seine Belange kümmern kann. Viele wichtige Angelegenheiten werden heutzutage online abgewickelt, dazu gehören E-Banking und der Schriftverkehr mit Behörden. Ohne Passwörter bekommen die Angehörigen keinen Zugang und können in wichtige Vertragsdaten keinen Einblick nehmen und auch nichts regeln, doch selbst wenn ihnen die Passwörter bekannt sind, dürfen sie nicht einfach online den Handyvertrag oder ein Zeitungsabonnement kündigen. „Ich muss bevollmächtigt sein“, betont Kathrin Körber, Rechtsexpertin bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen in Hannover.

Die Verbraucherzentrale Niedersachsen rät dazu, für seinen digitalen Nachlass unbedingt rechtzeitig Vorsorge zu treffen. Das gilt nicht nur für den Todesfall, sondern auch für die Situation, dass jemand seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, zum Beispiel durch Krankheit oder nach einem Unfall. Das kann jeden treffen, in jedem Alter. Rechtsexpertin Kathrin Körber empfiehlt, sich frühzeitig darüber Gedanken zu machen, welche Vertrauensperson Zugang zu den Online-Accounts haben soll. „Denn im Ernstfall haben auch Ehepartner und Kinder nur Zugang zu den Online-Accounts, wenn deren Inhaber dies rechtzeitig mit einer Vorsorgevollmacht geregelt hat.“
 

Wer wird bevollmächtigt?
Die herkömmliche Vorsorgevollmacht zu Geldangelegenheiten und Gesundheitsfragen kann um eine Vorsorgevollmacht für digitale Angelegenheiten ergänzt werden. Sie legt fest, wer die Verwaltung der Onlinekonten übernehmen soll.


Daten löschen?
Es sollte geregelt werden, was sich der Verfasser der Vollmacht wünscht. Ist er bei Facebook aktiv? Schreibt sie regelmäßig bei Twitter? Gibt es einen Instagram-Account mit vielen Fotos? Wird ein Blog betrieben? Diejenigen, die bevollmächtigt werden, müssen wissen, welche Texte und Daten gelöscht werden sollen. Was soll mit dem Account im sozialen Netzwerk geschehen? Wann müssen Onlineverträge gekündigt werden? Die Vollmacht muss detailliert festlegen, wie mit den einzelnen Accounts umgegangen werden soll.


Vollmacht unterschreiben
Die digitale Vorsorgevollmacht ist nur gültig, wenn sie unterschrieben und mit Datum versehen ist. Sie sollte am besten  der bevollmächtigten Person übergeben werden, die sie gut aufbewahrt. Alternativ kann die Vertrauensperson auch über den Aufbewahrungsort informiert werden. Außerdem sollten die Angehörigen erfahren, dass Regelungen für die Online-Accounts erfolgt sind und wer bevollmächtigt wurde.


Eine Liste erstellen
Das macht Arbeit, ist aber sinnvoll: Man sollte eine Liste mit allen Onlinekonten erstellen. Die Übersicht aller Accounts mit Benutzernamen und Kennwörtern hilft sowohl dem Inhaber als auch der bevollmächtigten Person, den Überblick zu behalten. Die Liste kann auf Papier oder digital erstellt werden und muss kontinuierlich gepflegt werden: neue Accounts ergänzen und alle löschen, die nicht mehr gebraucht werden.

Es kann auch ein Passwort-Manager genutzt werden. Die Programme speichern die Logindaten und können auch starke Passwörter erstellen. Anwender müssen sich dann nur noch ein einziges gutes Master-Passwort merken. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik empfiehlt etwa das Programm KeePass. Die Stiftung Warentest hat im Januar 2020 Testergebnisse für 14 Passwort-Manager veröffentlicht


Liste sicher aufbewahren
Die Liste mit den Online-Accounts sollte man sicher deponieren, zum Beispiel im Tresor oder in einem Bankschließfach. Sie kann auch auf einem USB-Stock oder anderen externen Medien gespeichert werden. Den Stick am besten auch im Tresor oder Schließfach hinterlegen, um ihn vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Achtung: Ein USB-Stick ist äußeren Einflüssen ausgesetzt – die gespeicherten Daten können verloren gehen. 
externe datenverwaltung?

Es gibt Firmen, die eine Verwaltung der digitalen Accounts als Onlineleistung anbieten. Allerdings werden die meisten erst tätig, wenn ein Nachlass zu regeln ist. Wie sicher der Service der Anbieter ist, lässt sich schwer beurteilen. Es ist ratsam, sich nach Leistungsumfang und Kosten zu erkundigen.


Erben haben Zugang
Der Rechtsstreit eines Ehepaares in Deutschland, das von „facebook“ nach dem Tod der Tochter Zugang zu deren Facebook-Account gefordert hatte, ist in letzter Instanz entschieden worden. Nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) muss Facebook das Konto der Tochter öffnen. Schon 2018 war entschieden worden, dass Facebook das digitale Erbe an die Eltern übergeben muss, daraufhin erhielten die Eltern von Facebook 14000 PDF-Seiten. Mit dem Beschluss vom 27. August 2020 habe der BGH deutlich gemacht, dass Online-Accounts vererbt werden und Eltern direkten Zugriff erhalten müssen, sagt Kathrin Körber. Für Jugendliche, die viel bloggen und chatten, könne es sinnvoll sein, eine Vertrauensperson mit einer Vorsorgevollmacht für die Online-Accounts auszustatten: „Vielleicht will ich gar nicht, dass das meine Eltern lesen.“

Andrea Kolhoff