Wenn der Papst ins Unreine spricht
In Rom ist viel los. Missbrauchsskandal, Kurienreform, Jugendsynode, ein Papst in der Schusslinie. Da passte es, dass Erzbischof Stefan zum Medienempfang einen Römer eingeladen hatte: den Medienmann Pater Bernd Hagenkord.
Papst Franziskus krempelt seine Kurie weiter um, berichtet der Journalist Bernd Hagenkord. Er selbst ist betroffen. Der Jesuitenpater, der von 2002 bis 2008 in Hamburg als Schulseelsorger (und geistlicher Beirat dieser Zeitung) arbeitete, war bislang deutscher Chefredakteur von „Radio Vatikan“ gewesen. Heute ist er einer von drei Chefs von „Vatican News“, der neuen Nachrichtenzentrale des Papstes. Diese schickt kirchliche Nachrichten für Rundfunk, Presse, Internet in alle Welt. Kein leichter Job: „Wir senden in 35 Sprachen, aber das ist noch nicht alles. Wir müssen auch die unterschiedlichen Kulturen berücksichtigen.“
Die Chinesen wollen ganz andere „News“ haben als die Schweizer, das Englisch der Inder ist eine andere Sprache als das Englisch in den USA, Franzosen und Senegalesen kann man nicht den gleichen französischen Text bieten. Dazu kommt: „Die Erde ist rund. Das heißt, überall auf dem Globus ist eine andere Uhrzeit. Das müssen wir koordinieren.“
„Der größte Kontinent ist noch gar nicht erfasst“
Der Vorteil: Bernd Hagenkords Redaktion gehen nie die Themen aus. Da ist der Papst selbst: „Ein wahnsinnig guter Kommunikator. Es geht direkt los, eins zu eins, die fünf Menschen, die gerade um ihn herumsitzen, sind die wichtigsten auf diesem Planeten.“ Und er spricht auf Flugreisen spontan in die Mikrophone, nicht immer zur Freude aller Zuhörer.
„Aber mir ist ein Papst, der mal ausrutscht, lieber, als jemand, der jedes Wort poliert“, sagt Hagenkord. Nur einmal habe Franziskus richtig falsch gelegen: Als er im Januar den chilenischen Bischof Juan Barros verteidigte, der einen Missbrauchstäter gedeckt hatte. „Das hat ihm einen Knacks gegeben.“
Das Thema Missbrauch, schätzt der Jesuitenpater, wird die katholische Kirche so schnell nicht los. Die Kirche hat versagt? „Nein, versagt hat die Hierarchie. Und wenn ich Hierarchie sage, meine ich auch uns, die Orden. Wir sind Teil des Systems.“ Es wird weitere Enthüllungen in der Weltkirche geben, vermutet Hagenkord. „Und der größte Kontinent, Asien, ist noch gar nicht erfasst.“
Seine Hoffnung, ebenso wie die des Gastgebers Erzbischof Heße, liegt auf Papst Franziskus. Der römische Nachrichtenchef nennt die Umwälzungen durch den Papst „irreversibel“. Erzbischof Heße dagegen gestand im Schlusswort: „Ich bin für jeden Tag dankbar, an dem dieser Papst im Amt ist.“
Text: Andreas Hüser