Schule heute

Wie Barbie in Reli zum Thema wird

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Szene aus Barbie-Film
Nachweis

Foto: picture alliance/associated press

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Szene aus dem Barbie-Film mit Margot Robbie und Ryan Gosling als Barbie und Ken.

Schnell und aktuell – das ist RUexpress. Das neue Angebot will dabei helfen, dass im Religionsunterricht aufgegriffen wird, was gerade im Gespräch ist: in Kirche, Kultur, Gesellschaft und Politik.

Weltreligionen sind ein beliebtes Thema im Religionsunterricht. Martin Luther. Die Wunder Jesu. Markus Tomberg, Professor für Religionspädagogik an der Theologischen Fakultät Fulda, stellt das nicht infrage, aber er sagt: „Der Religionsunterricht muss aktueller werden. Er muss Themen bearbeiten, die relevant sind für unsere Gesellschaft und die die Jugendlichen beschäftigen.“ Krieg und Frieden zum Beispiel, der Klimawandel, aber auch kirchliche Fragen, die öffentlich verhandelt werden, wie die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren.

Der Religionsunterricht hätte dafür Zeit und Raum. „Es ist von Bundesland zu Bundesland etwas unterschiedlich, aber oft kann bis zu ein Drittel der Unterrichtszeit unabhängig vom Lehrplan unterrichtet werden“, sagt Tomberg. Das Problem ist nur: Aktuelle Themen kommen in Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien kaum vor – zumindest nicht mit neueren Entwicklungen und frischem Material. „Und da kommen wir ins Spiel“, sagt Tomberg.

„Wir“, das ist der Deutsche Katecheten-Verein, dessen stellvertretender ehrenamtlicher Bundesvorsitzender der Hochschullehrer ist. „Wir hatten vor einiger Zeit einen Strategie-Workshop mit dem Kommunikationsberater Erik Flügge. Es ging darum, wie wir unsere Arbeit neu aufstellen können“, sagt Tomberg. Flügge, unter anderem bekannt durch das Buch „Wie die Kirche an ihrer Spreche verreckt“, riet zu mehr Service, zu Material, das wirklich praktisch nützlich ist. Herausgekommen ist RUexpress.

RUExpress
Anregungen für Lehrkräfte. Logo des Anbieters RUexpress

„Diese Arbeitshilfe bereitet aktuelle Themen aus Politik und Kultur, Kirche und Zeitgeschehen sehr zeitnah für den Religionsunterricht auf“, sagt Tomberg. Alle zwei Wochen erscheint sie. Teils mit geplanter Aktualität, wie ein Unterrichtsentwurf zum Jahresbeginn, zur Europawahl, zu den anstehenden Landtagswahlen oder zur Spielemesse Gamescom, teils direkt am Puls der Nachrichten wie bei dem Hinweis aus dem Vatikan, ein Segen für homosexuelle Paare solle 15 Sekunden nicht überschreiten. „Auf so etwas wollen wir schnell reagieren“, sagt Tomberg und: „Themenplanung mit einem Veranstaltungskalender vor der Nase zu machen – das war schon etwas ungewohnt.“

Gestaltet wird RUexpress von einem Team aus etwa 15 Autorinnen und Autoren, dazu Grafik und Lektorat. „Unser Ziel ist es, theologisch kenntnisreich und didaktisch kompetent zu arbeiten“, sagt Tomberg. Die Entwürfe umfassen jeweils etwa fünf Seiten und sind immer für bestimmte Klassenstufen ausgelegt. Schwerpunkt seien die Klassen 5 bis 10, die Grundschule sei nicht im Blick, sagt der Religionspädagoge: „Die haben andere Themen und eine ganz andere Herangehensweise.“ 

Was ist aktuell? „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute“

Neben einer thematischen und didaktischen Einführung ins Thema finden die Lehrerinnen und Lehrer konkrete Arbeitsblätter und vielseitige Aufgaben, mit denen sie sofort starten können. Hinzu kommen Verlinkungen und QR-Codes, die zu weiterem Material führen, etwa zu passenden Musikstücken oder Videos. „Das alles kann man auch selbst im Netz finden, aber das braucht Zeit und deshalb liefern wir das“, sagt Tomberg. Die Entwürfe gibt es im Download inklusive fertiger Kopiervorlagen, als grafisch gestaltete PDFs, aber auch als offene Word-Dateien. „So kann man alles noch nach eigenen Bedürfnissen verändern und an die eigene Lerngruppe anpassen, vielleicht auch an ältere oder jüngere Schülerinnen und Schüler“, sagt Tomberg. Nützlich soll es eben sein und die Bereitschaft fördern, eine eigentlich schon geplante Stunde doch ganz anders zu machen. Aktuell und relevant.

Aber wer entscheidet, was aktuell und relevant ist? „Das Leben“, sagt Tomberg. „Das Zweite Vatikanische Konzil hat gesagt, Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute seien auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Kirche. Und das gilt natürlich auch für den Religionsunterricht.“ 

Zumal es bei vielen Themen, die weltlich klingen, christliche Anknüpfungspunkte gebe. „Wir haben zum Beispiel ein RUexpress zum Barbie-Film gemacht“, sagt Tomberg. Barbie, ein Kassenschlager, der für einen Oscar nominiert ist und dessen Song „What was I made for?“ von Billie Eilish mit dem Grammy ausgezeichnet wurde. „Letztlich geht es in dem Film um Identität und wofür man auf der Welt ist“, sagt Tomberg. Das sei zweifellos ein Thema für den Religionsunterricht. Und der Film zweifellos ein interessanter Stoff für Jugendliche.

Und die Europawahl? Oder die Landtagswahlen und der Umgang mit der AfD? Gehört so etwas nicht mehr ins Fach Politik? „Der Religionsunterricht trägt zur Urteilsbildung bei“, sagt Tomberg. „Da sind Themen wie demokratische Mitbestimmung oder ein Menschenbild, das mit dem Glauben vereinbar ist, durchaus passend.“ Und was die Europawahl betrifft: „Ohne den Mönchsvater Benedikt sind unsere europäische Kultur und die europäische Zusammenarbeit kaum denkbar.“

Seit Anfang dieses Jahres gibt es RUExpress, der fünfte Teil ist gerade erschienen – diesmal pünktlich zum Weltfrauentag zum Thema: „Der Equal Pay Day, die kirchlichen Berufe und die Frage, was ich werden will“ ist gerade erschienen. Und wie ist die Resonanz? „Viele halten das für eine super Idee“, sagt Markus Tomberg. Aber es gebe ein Problem: „Wir können das nicht kostenlos machen, denn Autorinnen und Autoren, die Grafik, das Material – das alles kostet Geld.“ Ein Einzelabo kostet deshalb 6,50 Euro im Monat, Schulen zahlen 15 Euro für das gesamte Kollegium. Aber, sagt Tomberg, das könne sich lohnen. Weil es für die Lehrenden Zeit spart und für die Lernenden den Unterricht spannender macht. Oft vermutlich spannender als die Weltreligionen, Martin Luther und die Wunder Jesu.

Leseproben und Bestellung unter: www.ruexpress.de
 
Susanne Haverkamp