Impuls zur Fastenzeit

Wir geben alles

Geld

Foto: kna/Harald Oppitz 

Wer viel gibt, bekommt meistens auch viel zurück.
 

Normalerweise verzichten wir in der Fastenzeit auf etwas. Wie wäre es, in diesem Jahr mal das Gegenteil zu tun – und besonders verschwenderisch zu sein? Zu verschwenden gäbe es viel: Zeit und Geld, Freude und Liebe, Kraft und Hoffnung. Hier sind Ideen, wie das aussehen könnte.

Verschwenden wir Zeit!

Ja, Zeit ist knapp. Sie rast und rast, und manchmal rätseln wir, wo sie geblieben ist. Wie soll es da möglich sein, sie zu verschwenden? Vielleicht, indem wir sie uns bewusst nehmen, für ein konkretes Projekt. Zum Beispiel: beim örtlichen Pflegeheim fragen, ob man Bewohner mit dem Rollstuhl durch den Park schieben kann, zum Frische-Luft-Schnappen und Reden. Oder: gezielt unsere Talente anbieten – und der Oma das neue Smartphone einrichten, dem Enkel das Rad reparieren, den Nachbarn beim Streichen unterstützen. Oder: in eine demokratische Partei eintreten und helfen, unsere Gesellschaft gegen die Extremisten zu verteidigen. Jede Minute, die ein Ziel hat, wird sich nicht verschwendet anfühlen, sondern sinnvoll investiert.

Verschwenden wir Geld!

Stimmt, Geld ist ein heikles Thema – und ein Aufruf zur Verschwendung kann falsch verstanden werden: als herablassend, nötigend, unangemessen. Gemeint aber ist er anders: als Anregung, zu überlegen, wie viel Gutes sich mit wenigen Euros tun lässt. Die katholischen Hilfswerke fördern wertvolle Projekte auf der ganzen Welt, und jeder Mensch weiß selbst am besten, welche er unterstützen will: ob in der Ukraine, Afrika oder Südamerika. Und jeder weiß, was für Spenden er sich leisten kann oder will. Fest steht: Wenn viele mitmachen, kann aus kleinen Summen Großes wachsen.

Verschwenden wir Freude!

Das klingt banal – ist es aber nicht. Denn Freude können so viele Menschen gebrauchen, und es kostet so wenig, sie zu geben. Wie wäre es, der Fahrkartenkontrolleurin in der Bahn frohes Schaffen zu wünschen oder der Verkäuferin beim Bäcker einen wunderbaren Tag? Wie wäre es, an der roten Ampel dem traurig aussehenden Mann auf der anderen Straßenseite ein Lächeln zu schenken? Und beim Kaffeeklatsch im Freundeskreis mal nicht über das zu sprechen, was einen geärgert hat – sondern über das, was einen gerade freut? Egal, in welcher Form: Die Freude wächst, wenn man sie teilt. Das ist mehr als ein abgenudelter Kalenderspruch. Es ist die Wahrheit. 

Liebe schenken
Volle Konzentration auf Liebe und Lob. Foto: istockphoto/ugude

Verschwenden wir Liebe!

In der Theorie ist es klar: Wir Christen sollen unsere Nächsten lieben. In der Praxis aber, im Alltag, vergessen wir das schon mal. Jetzt, in der Fastenzeit, könnten wir uns voll aufs Lieben konzentrieren. Möglichkeiten gäbe es zuhauf. Wir könnten unserer Partnerin einen Liebesbrief schreiben – auch und gerade nach vielen gemeinsamen Jahren. Wir könnten einen Kumpel in den Arm nehmen, dessen Mutter vor einigen Monaten gestorben ist, und ihn fragen, wie es ihm geht. Wir könnten beim Fußballspiel des Patenkindes zuschauen und es nachher loben: „Hey, du bist ja richtig gut!“ Wir könnten der Sprechstundenhilfe, die uns mit dem fiebernden Baby einen schnellen Termin gibt, Danke sagen – und vielleicht ein paar Euro ins Trinkgeldschwein stecken. Oft ist zurzeit zu lesen, die Welt sei voller Hass. Wahrscheinlich ist gerade ein guter Moment, um diese Welt mit Liebe zu füllen.

Verschwenden wir Kraft!

Wer jung ist, hat sie meist in den Armen und Beinen, die Kraft. Wie wäre es, sie in den nächsten Wochen mal nicht nur im Fitnessstudio und auf dem Fußballplatz einzusetzen, zum Hantelstemmen und Toreschießen, sondern auch, um der Oma aus dem vierten Stock den Einkauf hochzuschleppen? Oder um der Mutter an der U-Bahnstation den Kinderwagen die Treppe runter zum Gleis zu tragen? Oder um dem Nachbarn mit Rückenproblemen die kaputte Waschmaschine ins Auto zu wuchten? 

Wer alt ist, hat die Kraft vielleicht eher im Kopf. Wie wäre es, sie in den nächsten Wochen zu nutzen, um dem Enkel bei den Mathe-Hausaufgaben zu helfen? Oder um dem syrischen Flüchtlingsmädchen Deutsch-Nachhilfe zu geben? Oder um mit den erwachsenen Kindern darüber zu sprechen, was früher in schwierigen Zeiten Mut gemacht hat? 

All das bringt richtig was, sogar uns selbst. Denn wer seine Kraft verschenkt, der macht nicht nur Menschen froh. Der ist in ihren Augen auch ein Held.   

Verschwenden wir Hoffnung!

Manche Menschen sagen, sie verzweifelten am Zustand der Welt. Sie klagen, die Nachrichten erdrückten sie: Putins Krieg, Trumps Irrsinn, der Aufstieg der AfD. Dazu die Klimakatastrophe, die Kirchenkrise, die Spaltung der Gesellschaft. Sie fühlen sich hilflos, machtlos, schutzlos. Es wäre so wichtig, ihnen Hoffnung zu schenken. Und ihnen klarzumachen: Ja, all diese Probleme sind da, und sie sind groß. Aber wir können etwas tun. Wir können versuchen, Lösungen zu finden. 

Wir können uns mit Gleichgesinnten zusammentun, uns engagieren und in besonders düsteren Momenten gegenseitig ermutigen. Wir können uns daran erinnern, dass die schlechten Schlagzeilen nur die halbe Wahrheit sind – und dass auf der Welt jeden Tag auch viel Gutes passiert, das nur niemand sieht. Und, ganz wichtig: Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott bei uns ist. Ist das nicht ein schöner Grund, Hoffnung zu haben?

Andreas Lesch