Christliche Höhepunkte im Jahreskreis: Christkönig
Wir gehen nicht ins Leere
Ein Christus mit weit geöffneten Armen. Die größte Christusstatue der Welt steht bei Swiebodzin in der polnischen Diözese Zielona Góra. Foto: Raphael Schmidt |
Die meisten können inzwischen mit einen Navigationssystem im Auto umgehen. Das ist tatsächlich eine hilfreiche Erfindung in dem größer gewordenen Verkehr auf den Straßen. Ich habe in meinem Auto im Navigationssystem meine Heimatadresse eingespeichert – so kann ich schnell abschätzen, wie lange ich nach Hause brauche, wenn ich unterwegs bin und welchen Weg ich am besten nehme. Aber der Weg führt dann sicher an den Ort, wo ich zu Hause bin.
Was hat das mit dem Christkönigsfest zu tun? Wir feiern dieses Fest am letzten Sonntag des Kirchenjahres. Ein ganzes Jahr lang waren wir – im Bild gesprochen – unterwegs mit dem Herrn und haben ihn wieder tiefer kennengelernt und so durch das Hören des Evangeliums und die großen Feste die wichtigsten Geheimnisse unseres Glaubens, die in seinem Leben ihren Ursprung haben. Das zurückliegende Jahr war, wie wir wissen, geprägt von den Einschränkungen des kirchlichen Lebens durch die Pandemie und wir erinnern uns noch gut, was es bedeutet, wenn Ostern nicht wie sonst gefeiert werden kann. Das Osterfest ist zwar nicht ausgefallen – aber es war eben ganz anders als sonst.
Bekenntnistag der Jugend in schwerer Zeit
Mit dem 34. Sonntag im Jahreskreis sind wir am Ziel des Kirchenjahres angekommen. Das Christkönigsfest beendet den Jahreslauf des liturgischen Kalenders. Es ist ein Christus-Fest, das erst im Jahre 1925 durch Papst Pius XI. in unseren Kalender kam. In diesem Jahr hat man ein Jubiläum begangen: Es war 1600 Jahre her, dass das Konzil von Nicäa stattgefunden hatte. Unser Glaubensbekenntnis, das wir häufig sprechen, geht im Wesentlichen auf dieses Konzil zurück. Die Zeit, in der dieses Fest zum ersten Mal gefeiert wurde, war die Zeit des aufstrebenden Nationalsozialismus insbesondere in Deutschland. Recht bald fand darum am Christkönigssonntag der Bekenntnistag der Jugend statt, den es bis heute in manchen Bistümern, auch in der ostdeutschen Diaspora, noch gibt.
Die jungen Menschen versammelten sich in den Pfarreien oder auch an Wallfahrtsorten, um ihr Bekenntnis zu Christus zu erneuern und zu vertiefen. Oft war das auch eine klare Demonstration gegen die weltlichen Herrscher und noch mehr gegen Weltanschauungen und Ideologien, die dem Glauben fremd und abträglich waren. Gegenüber solchen zerstörerischen Mächten sollte der Blick auf Christus, den König des Weltalls, gerichtet werden.
Denken wir noch einmal an das eingangs erwähnte Beispiel vom Navigationssystem und der darin gespeicherten Heimatadresse. Man könnte sagen: Das Christkönigsfest ist so etwas wie das „heimatliche Ziel“ des liturgischen Jahres. Der wiederkommende Christus kommt auf uns zu und lädt uns ein in sein „Reich der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens“, wie es in der Präfation des Festes heißt. In der frühen Christenheit findet sich in der Apsis der Kirchen oft das Bild des Pantokrators, des Weltenherrschers, der die Gläubigen anschaut und ihnen segnend entgegen kommt. Die Gottesdienst feiernde Gemeinde sollte immer wissen, auf wen sie zugeht und wer der Herr ihres Lebens ist. Moderne Christkönigsdarstellungen zeigen Christus meist mit ausgebreiteten Armen, die Menschen einladend in seine Gemeinschaft. Die wohl größte Christusfigur der Welt bei Swiebodzin in der Diözese Zielona Góra in Polen ist ein Beispiel dafür.
Es gilt: Wir gehen auf Christus zu
Das Christkönigsfest erinnert uns an unsere „Heimatadresse“ als Christen und an die der ganzen Welt. Wir laufen nicht ins Leere und schon gar nicht ins Dunkle. Wir gehen auf Christus zu – das gilt für das ganze Kirchenjahr und es gilt noch mehr für unser Leben. Wenn wir einmal sterben, so glauben wir, werden wir von ihm empfangen. „Der letzte Feind, der entmachtet wird, ist der Tod. Wenn ihm dann alles unterworfen ist, wird auch er, der Sohn, sich dem unterwerfen, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles in allem sei.“ (1 Kor 15, 28 – zweite Lesung des Christkönigsfestes im Lesejahr A).
Unsere Welt ist derzeit geprägt vom Terrorismus, der Menschen in Angst und Schrecken versetzen will. Wir sehen die Bilder von Machthabern, die ihre Position schamlos ausnutzen und uneinsichtig und diktatorisch regieren. Mir fällt dabei sofort die Situation aus Belarus und anderen Ländern ein: Einschüchterung, um die eigene Autorität zu retten, das scheint oft das Motto zu sein.
Wie anders ist da das Bild des Königs, den wir am letzten Sonntag des Kirchenjahres feiern: Ein König, der gerecht richtet, aber der zugleich auch Hirte und Wegbegleiter ist. Inmitten vieler schrecklicher, ungerechter und gefährlicher Herrscher, denen Menschen ausgesetzt und unterworfen sind, ist das Bild dieses Königs tröstlich und Hoffnung gebend. Darum ist dieses Fest gerade heute ein wichtiger Ausblick am Ende des liturgischen Jahres.
Ein Lied aus unserem Gesangbuch fasst diesen Gedanken zusammen: Christus, du Herrscher / Himmels und der Erde, / Herr über Mächte, / Throne und Gewalten. / Du bist der Erste, / und du bist der Letzte, / Anfang und Ende./ In deinen Händen /Ruht der Menschen Schicksal. / Nichts kann auf Erden / Deiner Macht entgleiten. / Du sprichst das Urteil / Über alle Völker / Voll des Erbarmens.
Von Bischof Wolfgang Ipolt