Regenbogenfahnen gestohlen
"Wir lassen uns nicht unterkriegen"
Zweimal wurden beide Regenbogenfahnen an den Kirchtürmen der St.-Lambertus-Kirche in Ostercappeln und der St.-Marien-Kirche in Ostercappeln-Schwagstorf binnen kurzer Zeit gestohlen. Zum Teil mit roher Gewalt. Fragen an Rainer Gelhot, Pastoraler Koordinator der Pfarreiengemeinschaft.
Radikale Kräfte oder sinnloses Tun – was steckt hinter diesen Taten?
Wir wissen es nicht. Es herrscht großes Rätselraten und Unverständnis in den Gemeinden. Denn offiziell haben wir fast gar keine negativen Reaktionen auf unser Statement bekommen – keine wutentbrannten Anrufe, keine verbale schriftliche Gegenrede. Die Fahnen sind für uns ein Zeichen der Solidarität mit Menschen, die eben nicht klassisch als Mann und Frau zusammenleben. Wir treten damit aktiv gegen das Segnungsverbot solcher Lebensgemeinschaften ein. Das haben wir in den Gremien aller drei Gemeinden bewusst so entschieden, dahinter stehen wir.
Was genau macht Sie fassungslos?
Die Flagge an sich hat ja keinen Wert. Fassungslos macht uns eigentlich, dass wir nicht wissen, wer dahintersteckt und dass so viel Gewalt und Aggressivität angewendet wurde. In Schwagstorf kletterten die Täter beim ersten Mal den Blitzableiter am Turm hoch, um die in rund zwölf Metern Höhe angeschraubte Flagge abzureißen. Das war sehr gefährlich. Auch die Ersatzfahne hing nur etwa drei Stunden lang, als ob jemand uns beobachtet hätte. Dabei schlugen die Täter das Oberlicht der Tür zur Glockenstube ein, um von innen die neue Flagge abzureißen. Gefunden wurde sie später in einem Mülleimer auf dem Friedhof. In Ostercappeln wurde beide Male ein sechs Meter langer Fahnenmast komplett aus der Erde gezogen, um die Fahne zu entwenden. Man hätte sie auch einfach am Band herunterziehen können. In allen Fällen wurde Anzeige erstattet.
Was werden Sie tun?
Wir haben fleißig nachbestellt und lassen uns nicht unterkriegen. Die dritten Fahnen hängen bereits – auch wenn durchaus die Gefahr von erneuten Kletteraktionen besteht und das Aushängen möglicherweise wieder Täter anlockt. Der Pfarrgemeinderat in Schwagstorf will sich etwas einfallen lassen, dass wir die Täter zumindest erkennen, wenn sie es noch einmal versuchen.
Haben Sie Ideen, Ihr Statement auch unabhängig von den Fahnen zu unterstreichen?
Bis Ende Juni soll die Aktion fortgesetzt werden. Dann werden die Flaggen in allen drei Gemeinden der Pfarreiengemeinschaft abgenommen. Was bleibt ist natürlich die Aufgabe der Gremien aber auch jedes Einzelnen, Gottes Liebe zu uns Menschen weiterzugeben und allen zuteil werden zu lassen, und dies unabhängig von der sexuellen Orientierung oder der Lebensform. Kirche muss sich ändern, muss toleranter werden. Das kann bei jedem Einzelnen beginnen.
Interview: Astrid Fleute