Sommerserie 2020 - Teil 6

Wo Meister Petz sich gerne sonnt

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Mit der Kirchenzeitung geht es in einen „Tierischen Sommer“. Letzte Station ist der Besuch im Wildtierpark in Weilburg. Dort treffen Sie auf Bären, Wölfe, Urpferde – und mit viel Glück auch auf die beiden Fischotter. Von Barbara Faustmann.

Bär in der Sonne Foto: Barbara Faustmann
Der Bär fühlt sich im Wildtierpark in Weilburg sichtlich wohl. Foto: Barbara Faustmann

Ich will zu Tim und Steve. Die beiden Bären-Brüder sind Waisen und kommen ursprünglich aus der Tatra. Heute leben sie im Wildtierpark in Weilburg. Begrüßt werde ich am Eingang des Tierparks von einem stolzen Hahn mit schillerndem Gefieder. Einen Blick ist der kecke Gockel schon wert. Ein paar Enten watscheln herum, stören sich nicht im geringsten an den Besuchern. Die sind das gewohnt, denke ich. Da, das Hinweisschild zum Bärengehege. Ich mache mich auf den Weg. Eine Wackelbrücke führt zum Steg, der den Blick auf das wirklich imposant große Gehege der Braunbären freigibt. Und was für ein Glück, Meister Petz hockt am Rand des kleinen Sees und sonnt sich. Er reckt seinen imposanten Kopf gen Himmel, dreht ihn mal rechts, mal links herum. Sichtlich genießt er die Sonne auf seinem Pelz. Fast ist er zum Anfassen nah, aber natürlich ist das Gehege absolut gesichert. Ich entdecke jetzt auch seinen Bruder. Er tummelt sich in der Wiese und rupft genüsslich Grashalme aus. Am See hat der andere Bär genug vom Bad in der Sonne. Träge erhebt er sich, wirft noch einen Blick in die staunende Runde, trottet in schattige Büsche und ward nicht mehr gesehen. In Deutschland sind Braunbären, die als Raubtiere gelten, ausgestorben. Der letzte Bär, ein Überläufer aus Österreich, war unter dem Namen Bruno zur Berühmtheit gelangt und wurde erlegt. Bären fressen alles, am liebsten Obst und Gemüse, ist dem Hinweisschild am Gehege zu entnehmen. 

Ein kleiner Wasserfall lenkt meine Aufmerksamkeit von den Bären weg. Er sprudelt aus einer Felswand in einen Teich. Dort tummeln sich zwei Fischotter, sie sind jetzt ein Jahr alt. Es sind sehr scheue Gesellen, und ich kann keinen der beiden im Tümpel oder in der Wiesenfläche entdecken. Egal, die fast verträumt angelegte Teichanlage fesselt mich noch eine ganze Weile. 

Über breit angelegte Pfade führt mich mein Weg weiter. Ich bestaune den alten Baumbestand mit alten Buchen und Eichen, genieße die würzige Luft. Wie zufällig sind abgestorbene Baumstümpfe und Äste am Wegesrand drapiert. Sie wirken auf mich wie Kunstgebilde aus Holz. Es sind viele Familien mit Kleinkindern unterwegs. Genügend Rastplätze laden zum Picknick ein. Das Damwild hat zur Freude der Kinder keine Scheu. Es lässt sich mit Blättern füttern und sogar streicheln. 20 unterschiedliche Tierarten gibt es im Wildpark. Urweltlich anmutende Wisente, Auerochsen, Elche und gefährliche Raubtiere wie die Wölfe. Deren Gelände befindet sich in einem Hochsicherheitstrakt. Ich muss genau spähen, in der Hoffnung, ein Exemplar zu sehen. Wahrhaftig, nicht weit vom Zaun liegen zwei stattliche Wölfe unter Bäumen im Schatten und halten Siesta. Die Tiere sind der Erdfarbe so angepasst, dass man sie glatt übersehen kann. Reglos liegen sie nebeneinander, dösen friedlich vor sich hin. 

Idyllische Seen lassen den Blick in die Ferne schweifen.
Idyllische Seen lassen den Blick in die Ferne schweifen. Foto: Barbara Faustmann

An kleinen Seen vorbei führt der Rundgang unter schattigen Bäumen zum Gehege der Alpensteinböcke. Einer kommt ganz nah und mustert mich aus bernsteinfarbenen Augen neugierig. Ein riesiger Steinwall gibt den Tieren die Möglichkeit, ihre Kletterkünste zu erproben. Ein Alpensteinbock hat es schon mal vorgemacht. Er hockt oben im Futterstadl und verspeist das Heu. Auf einer Wiese nebenan grasen urwüchsige Wildpferde. 

Jetzt noch zu den Wildkatzen und den Elchen. Die große Elchwiese liegt verlassen in der Nachmittagssonne. Kein Elch weit und breit in Sicht, obwohl, so denke ich, diese imposanten Tiere nicht wirklich zu übersehen sind. Auch bei den Wildkatzen rührt sich nichts. Auch gut, sie haben sich wohl ins Gebüsch verzogen. Ich bin auf der Rückrunde entlang der alten Ringmauer unterwegs. Lauschige, einsame Waldwege spenden Ruhe und Erholung. Ich kreuze das große Areal der Wildschweine. Sie sind von jeher ein Anziehungspunkt des Tierparks. Kleine Frischlinge wühlen mit ihren Rüsseln in der feuchten Erde. Die Muttersau schaut dem Treiben lang ausgestreckt zu. Bloß nicht einem Kleinen, das vorwitzig seinen Rüssel durch den Zaun bugsiert, zu nahe kommen. Mutter Sau ist hellwach und reagiert schon mal warnend mit einem feindseligen Schnauben. 

Langsam nähere ich mich dem Ende des Rundwegs im Wildgarten, der vom Weilburger Forstamt betrieben wird. Doch noch mal einen schnellen Blick auf die Bärenbrüder werfen oder hoffen, dass die Otter sich blicken lassen. Weiß der Geier, wo sich die Otter eingegraben haben, ich sehe sie nicht. 

Den Nachmittag lasse ich im Lokal des historischen Fachwerkhauses am Eingang des Wildtierparks ausklingen. Hier gibt es Kuchen und die berühmte Wildschwein-Bratwurst. 

Der „Tiergarten Weilburg“ (Tiergartenstraße) ist von 9 bis 19 Uhr geöffnet.