Am 19. Juli feiert er sein 50. Priesterjubläum

Zu Besuch bei Bischof em. Heinz Josef Algermissen

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Nach der Emeritierung im Juni 2018 musste Bischof Heinz Josef Algermissen sich umstellen – nicht nur räumlich. Am 19. Juli ist er 50 Jahre Priester. Zeit für einen Rückblick und Ausblick. Von Hans-Joachim Stoehr.

Bischof Algermissen vor dem Kreuz in seiner Kapelle Foto: Stoehr
Bischof emeritus Heinz Josef Algermissen in der Kapelle seiner Wohnung.

Seit einem Jahr lebt Bischof emeritus Heinz Josef Algermissen in seiner neuen Wohnung im ehemaligen Weinkontor. „Das erste Mal in meinem Leben habe ich direkt neben meiner Wohnung Nachbarn: Erwachsene, aber auch Kinder“, sagt er bei einem kurzen Gang durch sein Zuhause. Am Anfang sei ihm die Umstellung schwer gefallen, gibt er zu. Aber inzwischen komme er gern dorthin „nach Hause“. Und dabei lächelt er zufrieden.

Sitzende Jakobus-Statue: Sich rüsten vor dem Aufbruch

Manches, was ihm bereits im Bischofshaus „Wegbegleiter“ war, umgibt ihn auch in seinem neuen Zuhause – etwa einige Gemälde an der Wand. Aber auch eine Jakobus-Figur von Sieger Köder, die ihm zum 70. Geburtstag geschenkt wurde. „Das ungewöhnliche daran ist, dass der Apostel als Pilger dargestellt ist, aber sitzend. Er rüstet sich, um dann aufzubrechen“, erklärt er.

Ein weiterer wichtiger Ort in seiner Wohnung ist dem Bischof die Kapelle direkt neben seinem Arbeitszimmer. In der Mitte der beleuchteten Wand hängt ein Korpus des Gekreuzigten – ohne Kreuzesbalken. „Hierher führt der erste Weg am Morgen und der letzte am Abend“, sagt er. Und er betet dort das Stundengebet zu den verschiedenen Tageszeiten. Aber auch die Messe feiert er manchmal in der Kapelle, in der sich auch ein kleiner Tabernakel befindet.

Das Leben seit seinem Eintritt in den Ruhestand hat sich geändert. Aber er ist nach wie vor auf dem neuesten Stand, was das Geschehen in der Kirche anbelangt. Beispiel: Der Brief von Papst Franziskus an die Kirche in Deutschland. „Da steht viel Bedenkenswertes drin. Etwa, wenn er darauf hinweist, dass es eine geistliche Sammlung geben muss, wollen wir in die Welt hinein wirken.“ Wenn die Kirche das nicht schaffe, dann entstehe ein Überbau, der aber nichts bringe. Algermissen: „In der weltumfassenden Dimension, zumindest in der europäischen, hat Bonifatius weiter gedacht als viele heute.“

Bischof Algermissen vor der Jakobusstatue Foto: Stoehr
Die Jakobus-Statue war ein Geschenk des Bistums zu seinem 70. Geburtstag.

Als Algermissen vor 50 Jahren empfanden viele dies als Zeit des Neuaufbruchs. Und dies als Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils, das 1965 abgeschlossen wurde. Aber schon damals seien beim genauerem Hinsehen Symptome der Krise erkennbar gewesen: Die Katholikenzahl ging zurück, auch die Zahl der Teilnehmer an den sonntäglichen Gottesdiensten. Der emeritierte Bischof verweist auf das Konzilsdokument „Gaudium et spes“, in dem es darum geht, die „Zeichen der Zeit“ zu erkennen. Algermissen: „Wir haben nicht immer die Zeitzeichen erkannt.“ Spätestens seit den 1990er Jahren gebe es einen permanenten Rückbau, der „Antwort auf eine schreiende Not“ sei, so der Bischof.

Für Algermissen steht seit langem fest: „Wir brauchen keine Modernisierung der Kirche, sondern eine Radikalisierung der Kirche im Wortsinn: eine neue Verwurzelung im Glauben.“ Seit 50 Jahren begleiten ihn die Fragen – wie ein roter Faden: „Warum haben wir die Nähe zu einem persönlich eingreifenden Gott verloren? Zu einem Gott, der zu uns wie eine gute Mutter und ein guter Vater ist, der uns nie verlässt!“, betont Algermissen.

„Gottesverlust“ die drängende Anfrage an die Kirche

Für den emeritierten Bischof ist der „Gottesverlust“ die drängende Anfrage an die Kirche. Erkennbar wird dies an der Unfähigkeit vieler Christen, über ihren eigenen Glauben zu sprechen. Genau dazu sei aber jeder Christ gerufen: Er solle Rechenschaft geben von der Hoffnung, die ihn im Glauben erfüllt und trägt. „Wir Christen sollen Antwort geben mit Worten, aber vor allem durch unser Leben. Unser Leben muss dazu führen, dass Menschen fragen nach dem Grund, weshalb wir so leben.“

Algermissen erinnert sich an die Zeit als Studentenpfarrer. „Ich habe damals erkannt, dass ich nicht die Auferstehung feiern kann an Ostern oder in jeder heiligen Messe, ohne bereit zu sein, dann in einer Kultur des Todes mit meinem Leben dafür einzustehen.“ Das hatte etwa die Folge, dass er sich erstmals mit den Themen Frieden und Krieg bezeihungsweise Waffengewalt auseinandersetzte. Ab 2002 dann war der Bischof Präsident von Pax Christi. Aber dieses Amt soll nun ein jüngerer Bischof übernehmen.

Und was macht dem 76-Jährigen Hoffnung? Algermissen: „So wie der Auferstandene die Jünger anhaucht und ihnen Friede zusagt, so ist dies auch uns zugesagt. Es ist uns nicht zugesagt, dass das Christentum hier in unseren Breiten flächendeckend bestehen wird. Aber ich glaube fest daran, dass der Glaube an Jesus Chrisus auch in Zukunft Stütze und Halt sein wird.“

Sein goldenes Priesterjubiläum feiert Bischof Algermissen am Sonntag, 22. September, um 15 Uhr im Fuldaer Dom. Daran schließt sich ein Empfang im Priesterseminar an.

 

ZUR SACHE: Mit brennender Lunte

Bischof Algermissen mahnt vor der Gefahr, die von Atomwaffen ausgeht: „Wir leben in einer Welt mit brennender Lunte. Die Leute merken das nur nicht.“ Und an die Adresse der Waffenproduzenten hierzulande sagt der Präsident von Pax Christi, deren Waffen würden in Afrika unmittelbar Bürgerkriege ermöglichen, die ein Grund seien für Flüchtlingsströme aus diesen Ländern. Er wiederholt, was er schon oft sagte: „Bereits der Besitz von Waffen ist ein Skandal.“ (st)