Lob für Bischofswort

Klare Kante statt Worthülsen

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Portrait Landesbischof Tobias Bilz
Nachweis

Foto: imago/epd

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Tobias Bilz ist Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens.

Kirche muss mehr Klartext sprechen, fordert Landesbischof Tobias Bilz und nennt den Wahlaufruf der katholischen Bischöfe als positives Beispiel. Außerdem sieht er eine Wagenburg-Mentalität bei Christen im Osten kritisch.

Die Kirche muss ihre Kommunikation umstellen und viel stärker deutlich machen: „Es geht uns nicht um uns“, sagte der sächsische Landesbischof Tobias Bilz in einem Interview mit der Katholischen Nachrichtenagentur (kna). Kirche finde mit ihren Positionen durchaus Gehör in der säkularen Gesellschaft – wenn sie mehr als „dreimal abgewogene Floskeln“ liefere.
Nach der Sprachfähigkeit der Kirche befragt, bezog der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens auch die katholische Kirche mit ein: „Wenn wir auf die Glaubenskommunikation schauen, muss man schon sagen: Die Kirchen, die evangelische vielleicht noch mehr als die katholische, sind immer davon ausgegangen, teils bis heute, dass sie meinen, eine Botschaft zu haben, die sie an den Mann, an die Frau bringen müssen.“ Doch dieses belehrende „Ich vermittele dir jetzt mal was“ komme bei den Menschen von heute nicht mehr gut an, betonte Bilz. Stattdessen müssten beide Kirchen mehr auf Dialog setzen und gerade auch Nicht-Christen viel stärker zuhören. Dann wäre in seinen Augen schon viel gewonnen.

Katholisches Bischofwort hat Gewicht

Auch die Frage, ob sich die Kirchen gesellschaftspolitisch zu Wort melden sollten, wurde behandelt. Bilz’ Meinung nach sind die Kirchen nicht zuständig für die politische Gestaltung der Welt. „Aber wir melden uns zu Wort und tragen das zur Gesellschaft bei, was unserem Glauben gemäß in die Gesellschaft hinein zu sagen ist. Wenn es etwa um Menschenliebe, Nächstenliebe oder Zusammenhalt geht, sagen wir natürlich, was die christlichen Werte sind.“ Dabei sei es aber wichtig, Klartext zu sprechen und sich nicht hinter Worthülsen zu verstecken. Dann hätten Stellungnahmen auch ein gesellschaftliches Gewicht. 
Als positives Beispiel nannte der Landesbischof das gemeinsame Wort der katholischen Bischöfe in Ostdeutschland zur AfD. „Was das für einen Hall macht! Sie haben es gewagt, etwas zu dieser Partei zu sagen und zu einer Frage, die die Menschen beschäftigt, klar Stellung bezogen.“

Abschied von der DDR-Kirche ist wichtig

Im Interview wurde auch über die Situation der Kirchen zu DDR-Zeiten gesprochen. Damals mussten sich Christen häufig für ihren Glauben rechtfertigen. Das habe aber für Bilz nicht dazu geführt, dass ostdeutsche Christen heute besser über ihren Glauben sprechen könnten. „Der gesellschaftliche Kontext, in dem wir unsere Sprachfähigkeit erlernt haben, ist ja nicht mehr da. Das war zu DDR-Zeiten immer eine Drucksituation, eine Konfrontation, in der wir vom Glauben gesprochen haben.“ 
In der sozialistischen Gesellschaft sei Kirche ein Gegenort gewesen. „Wir haben quasi Rückzugsburgen gebildet, wo wir uns verteidigt haben.“ Doch heute sei das Land frei, was aber vielerorts nicht zum Verlassen der „Kirchenburgen“ geführt habe. „Das heißt, wir brauchen neue Fertigkeiten, um Gesellschaft zu gestalten und in die gesellschaftliche Breite zu wirken. Manchmal – vergröbert gesprochen – ist es bei uns so, dass wir eher die Leute einladen, bei uns auf der Burg zu leben, statt hinauszugehen.“ Gerade hier brauche es ein Umdenken. Bischof Bilz brachte das im Interview so auf den Punkt: „So wie die westliche Kirche einen Abschied von den fetten Jahren braucht, brauchen wir einen Abschied von der DDR-Kirche.“

kna/tdh