Kinder setzen in Worbis Zeichen für Menschenwürde

Sprühen für die Würde jedes Einzelnen

Kinder sprühen Farbe auf den Boden

Fotos: Gregor Mühlhaus

Die Kinder sprühen auch die Internetadresse „wuerde-unantastbar.de“ auf den Boden. Auf der Website informiert der Verein für Menschenwürde und Demokratie über seine Anliegen.

Eltern und Kinder der „Familienbande Worbis“ haben mit einer Straßen-Spray-Aktion den Erhalt von Vielfalt, Demokratie und Menschlichkeit eingefordert.

Es ist ein kalter und ungemütlicher Mittwochnachmittag, als Sandra Schmidt vor dem „Hugo Aufderbeck Haus“ der katholischen Gemeinde in Worbis steht und zahlreiche Pappschablonen auspackt. „Würde Unantastbar“, „Worbis bleibt bunt“ und „Kinderkirche“ lauten die Schriftzüge, die die 50-Jährige vom Familienkreis „Familienbande Worbis“ mit weiteren fleißigen Helferinnen in die Pappen eingestanzt hat. Die mahnenden Worte sollen mit Kreidefarbe auf den Kirchplatz gesprüht werden. Auch sind Schablonen vorbereitet, die eine Krone zeigen. Diese soll für die Einzigartigkeit eines jeden stehen.

Als die ersten Kinder mit ihren Eltern kommen, erzählt Schmidt, dass ihr die Idee zur Aktion beim Surfen im Internet kam. „Ich sah, dass sich ein Verein für Demokratie vehement dafür einsetzt, dass Würde und Akzeptanz nicht nur Worte bleiben, sondern jeden Tag neu eingefordert werden müssen“. Also startete die Kirchortratsvorsitzende eine große Farbsprühaktion in der Pfarrei St. Antonius Worbis.

Leo, Antonius, Dorothea und Feline schnappen sich die ersten Schablonen und Dosen, schütteln sie und beginnen mit ihrer Arbeit. Andere Kinder haben sich auf den Weg zum evangelischen Pfarrhof, zu einem Pflegeheim und zur Antoniuskirche gemacht. Auch dort wird für die „Würde“ gesprüht, ebenso wie in Breitenworbis vor der Kirche St. Vitus. „Einige Leute wollen, dass bestimmte Menschen aus unserem Land verschwinden sollen. Ich will das nicht. Deswegen mache ich hier heute mit“, sagt Antonius, während er sich eine zweite Farbdose schnappt. Leo neben ihm sprüht einen Buchstaben nach dem anderen und erzählt, dass drei muslimische Kinder in seiner Klasse waren, die richtig nett sind. „Die möchten auch in Würde leben. Aber manche Politiker können Ausländer nicht leiden“, sagt er.

Dankbar, in Deutschland leben zu können

Nach einer knappen Stunde kommen bereits Teilnehmer von der Antoniuskirche zurück. Mit dabei sind Baroa Tarbush, ihr Bruder und ihre Mama, die bei dem Projekt mitmachen. Sie sind vor zwei Jahren aus der Stadt Alhasaka in Syrien geflüchtet. Baroa erzählt, dass es dort, wo sie herkommt,  keine Schulen, keine Krankenhäuser und keine Apotheken mehr gibt. „Alles ist zerstört“, sagt die Zwölfjährige. Baroas Mama stellt ihre Sprühdose auf den Tisch und erzählt in gebrochenem Deutsch: „Wir sind so froh, dass wir hier sein können. Manchmal erzählt man uns, dass es in Deutschland Politiker gibt, die uns loswerden wollen. Dann weiß ich nicht, was ich den Kindern sagen soll. Ich will sie nicht unendlich traurig machen.“

Kinder mit Motto-KronkorkenSandra Schmidt teilt unterdessen bedruckte Kronkorken aus. In jedem steht ein kleiner Spruch wie „Königskind“, „Mit Würde ausgesendet“ und „Worbis hat Würde“. „Es sind Kronen für die Hosentasche. Steckt sie euch als Erinnerung ein“, sagt sie dabei den Kindern.

Bevor alle den Heimweg antreten, zeigt sich auch Christiane Vernaleken mit dem Nachmittag zufrieden. Die Worbiserin hat sich an der Initiative beteiligt und wünscht sich noch mehr solcher Aktionen. „So kann es weitergehen. Es muss Leute geben, die vorangehen. Und die haben wir in unserer Pfarrgemeinde. Man muss einfach etwas tun gegen Strömungen, die demokratiefeindlich sind. Und die gibt es leider genug.“

Gregor Mühlhaus