Das Bistum Dresden-Meißen feiert in diesem Jahr seine Wiedergründung vor 100 Jahren.

„100 gute Gründe“ erzählen

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Das Bistum Dresden-Meißen feiert in diesem Jahr seine Wiedergründung vor 100 Jahren. Im Interview gibt Bischof Timmerevers einen Ausblick und sagt, was er sich von der Jubiläumsfeier erhofft.


Herr Bischof, am ersten Advent hat für das Bistum Dresden-Meißen ein Jubiläumsjahr begonnen, das an die Wiedererrichtung des Bistums nach der Reformation vor 100 Jahren erinnert. Warum ist Ihnen die Feier dieses Jubiläums wichtig?

Ein Jubiläum ist immer ein guter Grund zurückzuschauen und – mit Blick auf die Geschichte unseres Bistums – ein Grund, dankbar zu sein. Diese 100 Jahre sind ja ein sehr bewegtes Jahrhundert. 1921 war eine Zeit des Aufbruchs nach dem Ersten Weltkrieg. In den Jahren davor war hier in der Region auch wieder das katholische Leben gewachsen. Dann kam die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs. Die Zerstörungen und der Schrecken des Nationalsozialismus sind gerade hier in Dresden aufgrund der Bombardierung der Stadt am 13. Februar 1945 sehr präsent. Nach Kriegsende folgte ein Neustart mit den vielen Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben worden waren und in unserer Region ein neues Zuhause gefunden haben. Sie haben das katholische Leben in unserem Bistum mitgeprägt und beflügelt. Dann kam die Zeit der DDR mit ihren Bedrängnissen vor allem auch für die Christen. Und vor 30 Jahren gab es dann wiederum eine große Veränderung im Zusammenhang mit der Friedlichen Revolution und der Deutschen Einheit … Es gab in diesen 100 Jahren unendlich viele Herausforderungen. Dass die Christen in dieser Region das durchgetragen haben, ist ein echter Grund, dankbar zurück zu schauen, und mit diesem reichen Erfahrungsschatz nach vorne zu blicken. Unser Jubiläumsjahr ist kein Triumphalismus, sondern ein großer Dank für die Lebensleistung und das Glaubenszeugnis der Menschen. Das kann uns Heutigen Zuversicht geben.

Sie haben es schon angedeutet: Bei der Feier eines Jubiläums geht der Blick nie nur zurück. Welche Herausforderungen sehen Sie für die Gegenwart und die Zukunft katholischen Lebens in der Region?

Wir können auf einen guten Grund bauen. Bei all den Turbulenzen, die uns herausfordern, merke ich, dass wir als Christen gefordert sind zu einer Umkehr zu Jesus Christus. Wir müssen uns ihm zuwenden und ihn neu entdecken als die Quelle des Lebens, als denjenigen, der Erlösung und Befreiung schenkt. Jesus ist die Mitte unseres Glaubens, unserer Kirche und meines Lebens. In dieser Christusverbundenheit zu wachsen – das wünsche ich mir als Fokus unseres Jubiläumsjahres.

Höhepunkt der Feiern soll ein Bistumstag am 20. Juni sein. Was erwartet die katholischen Christen, wenn Corona keinen Strich durch die Rechnung macht?

Der Bistumstag beginnt schon am Samstag in Meißen. Am Vormittag wollen wir vor allem ökumenisch engagierte Katholiken einladen. Jeder von ihnen soll einen evangelischen Christen mitbringen. Mein evangelischer Amtsbruder Landesbischof Tobias Bilz und ich werden einen ökumenischen Gottesdienst im Meißner Dom feiern. Hier ist die Wiege des Christentums in Sachsen. Und hier wollen wir einen gemeinsamen Blick auf den Ursprung unseres Glaubens und unseres Kirche-Seins werfen. Heute leben wir in unserem Bistum eine sehr konkrete praktische Ökumene mit vielen verbindenden Aktivitäten in den Gemeinden. Diese Zusammengehörigkeit wollen wir nach dem Gottesdienst mit einer gemeinsamen Schifffahrt auf der Elbe nach Dresden zum Ausdruck bringen.

Am Sonntag gibt es dann einen Gottesdienst auf den Elbwiesen. Dazu laden wir unsere Nachbarbischöfe ein. Der Vorsitzende unserer deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing aus Limburg, wird den Gottesdienst mit uns feiern und die Predigt halten. Nach dem Gottesdienst gibt es verschiedene Aktionen und ein Bühnenprogramm an der Elbe und in der Kathedrale.

Das ist der Plan für das Jubiläumswochenende. Welche Veränderungen Corona erfordert, müssen wir abwarten.

Das Motto des Jubiläums heißt „100 gute Gründe“. Können Sie uns einige dieser Gründe nennen?

Das Motto soll ein Ausdruck unserer Dankbarkeit sein. Beim Eröffnungsgottesdienst in der Leipziger Propstei am Abend vor dem ersten Adventssonntag haben ja einige Christen davon persönlich berichtet, warum sie heute in dieser Zeit und in dieser Welt einen guten Grund haben, Christ zu sein. Wenn andere Christen mir ihre Glaubenserfahrungen schenken, ist das immer eine Ermutigung und ein Ansporn, meinen eigenen Glauben zu vertiefen. Mein Wunsch ist, dass dieser rote Faden sich durch unser Jubiläumsjahr zieht.

Mit einer Reihe von Plakaten wollen wir darüber hinaus zeigen, welchen Beitrag wir als Christen in der Gesellschaft leisten. Wir sind eine kleine Kirche, aber wir sind da und leisten für die Gesellschaft einen Dienst – zum Beispiel mit unseren Schulen, unseren Sozialstationen, unseren Caritas-Einrichtungen …

Besondere Jubiläums-Gäste werden ja alle deutschen Bischöfe und Weihbischöfe sein. Sie kommen vom 22. bis 25. Februar zur Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz nach Dresden. Was möchten Sie Ihren Amtsbrüdern von Ihrer Ortskirche in diesen Tagen präsentieren?

Die Bischofskonferenz tagt traditionell im Herbst immer in Fulda, am Grab des heiligen Bonifatius. Im Frühjahr zieht sie sozusagen durch die deutschen Lande. Da werden dann immer Bistümer gesucht, die die Vollversammlung austragen. Die Bischofskonferenz hat schon einmal im Bistum Dresden-Meißen getagt – im damaligen Bischof-Benno-Haus in Schmochtitz. Jetzt kommen die Bischöfe nach Dresden. Ich habe sie anlässlich unseres Bistumsjubiläums hierher eingeladen. Wir sind als Kirche eine kleine, aber lebendige Gemeinschaft, von der viele Impulse für den Glauben ausgehen. Davon und von der Liebenswürdigkeit der Menschen hier und der Schönheit unserer Region möchte ich meinen Amtsbrüdern gerne einen Eindruck vermitteln.

Als ostdeutsche Diasporakirche ist es wichtig, gelegentlich das Signal in die gesamtdeutsche Kirche zu senden: Wir sind auch da. Unser kirchliches Leben findet oft unter ganz anderen Bedingungen statt, als das nach wie vor in vielen westdeutschen Bistümern der Fall ist. Wir haben hier ganz spezielle Erfahrungen als Kirche in einer säkularen Welt, die sich von der säkularen Welt in Westdeutschland doch deutlich unterscheidet. Das immer mal wieder in die öffentliche Wahrnehmung zu rücken, ist eines meiner Anliegen.

Umgekehrt setzen die Bischöfe mit ihrem Besuch in Dresden das Signal, dass sie diesen ostdeutschen Landstrich wahrnehmen. Erleben können die Dresdner die Bischöfe bei den Gottesdiensten in der Kathedrale. Besonders feierlich ist der Eröffnungsgottesdienst; an den anderen Tagen feiern die Bischöfe jeweils am Morgen vor den Beratungen einen eher einfachen Gottesdienst.

Das Jubiläum soll auch in den Pfarreien aufgegriffen werden. Wie soll das konkret geschehen und was erhoffen Sie sich?

Mir ist sehr wichtig, dass wir dieses Jubiläum geistlich begehen und feiern. Das heißt, dieses Jahr soll uns allen helfen, unseren Glauben zu vertiefen. Einen Vorschlag, den ich machen möchte, sind Gesprächsrunden, in denen wir uns die „100 guten Gründe“ erzählen, warum ich heute Christ bin. Durch diese Glaubenszeugnisse können wir uns gegenseitig im Glauben bestärken. In der Fastenzeit wird es außerdem das Angebot „Exerzitien im Alltag “ geben, mit dem wir einladen, sich wieder neu für die Botschaft des Evangeliums zu öffnen: Was sagt Gott mir und uns in dieser Zeit?

Ich wünsche mir, dass sich die Gemeinden vor Ort darüber hinaus fragen: Was können wir konkret aus dem Jubiläum unter dem Motto „100 gute Gründe“ hier vor Ort machen? Ich bin gespannt, welche kreativen Ideen dabei entstehen.

Interview: Matthias Holluba