Erinnerung an die erste Weihe eines Ständigen Diakons
50 Jahre Ständige Diakone im Bistum
Am 12. Juli 1970 wurde Wilhelm Kirchner zum Ständigen Diakon geweiht. Er war der Erste im heutigen Bistum Erfurt und auf dem Gebiet der damaligen DDR. Der Sprecher der Erfurter Diakone, Winfried Lang, erinnert daran.
Seit 50 Jahren gibt es im Bistum Erfurt Ständige Diakone. |
Was ist ein Diakon? Ein Hilfspfarrer! Ein Ersatzpriester! Helfer in der Gemeinde! Mitarbeiter beim Pfarrer! Einer, der Priester werden will! u.s.w.
Die Antworten auf die Eingangsfrage fallen mitunter recht diffus aus, auch bei vielen unserer Gläubigen. Woran mag das liegen?
Viele wissen und kennen es nicht anders, als dass der Diakon lediglich als eine Durchgangsstufe auf dem Weg zum Priesteramt gilt. Und doch ist der Diakonat ein eigenständiges Dienstamt der Kirche innerhalb des dreigliedrigen Weiheamtes (Weihesakramentes), welches sich gliedert in Bischofs-, Priester- und Diakonenamt. Zudem reicht der Diakonat weit zurück bis in die apostolische Zeit (s. Apg 6,1-7). Durch Handauflegung des Bischofs und entsprechendes Gebet empfängt der Kandidat das Weiheamt des Diakons. Die Bezeichnung Diakon ist von dem griechischen Wort Diakonosher geleitet und bedeutet Diener. Er gilt als ein amtlich bestellter und beauftragter Diener, das heißt im kirchlichen Sinne, ein von Christus und seiner Kirche amtlich berufener und gesandter Diener, der sowohl in der Verkündigung der Glaubensbotschaft, sowie in der Feier der Liturgie (vorallem der Eucharistiefeier) als auch im vielfältig caritativen Engagement seinen Dienst vollzieht. Während seines letzten Abendmahles kniete Jesus nieder wie ein Sklave und wusch seinen Jüngern die Füße. Gemäß diesem Beispiel trägt der Diakon dafür Sorge, sich wie Jesus den Mühseligen und Beladenen zuzuwenden und ihnen mit konkreten Taten der Nächstenliebe die Zuwendung Gottes erfahrbar werden zu lassen.
Leider verlor das Diakonenamt in der Lateinischen Kirche im Laufe des Mittelalters seine Bedeutung als ein eigenständiges Dienstamt. Das aber hat sich vor nunmehr gut 50 Jahren geändert.
Mit dem Motu proprio Pauls VI., „Sacrum diaconatus ordinem“ (Päpstliches Schreiben zur Wiedererrichtung des Ständigen Diakonates in der Lateinischen Kirche) aus dem Jahre 1967 wurden Vorschläge der Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils, Lumen Gentiumund Ad Gentes, in die Wirklichkeit der Kirche übertragen. Nach über tausend Jahren war es nun wieder möglich, sowohl verheiratete als auch zölibatär lebende Männer in der Römisch Katholischen Kirche zu Ständigen Diakonen zu weihen. Darauf hin wurden bereits im April des Jahres 1968 im Kölner Dom und für das Erzbistum Köln fünf Kandidaten zu Ständigen Diakonen geweiht.
Seither strahlt das Weihesakrament, bestehend aus Bischofs-Priester-und Diakonenamt, in seiner dreigliedrigen Vollgestalt wieder auf als das unverzichtbare Dienstamt für das Volk Gottes, die Kirche. Dieses dreifache Dienstamt ist vorrangig dazu bestimmt, dem Glaubensleben jedes Getauften sowie des ganzen Gottesvolkes zu dienen. Dieses Volk der Erlösten ist mit Christus verbunden wie die Rebe am Weinstock und kann so reiche Frucht bringen als ein Zeichen und Werkzeug der Liebe Gottes in dieser Welt. Dabei ist der Diakon so zu sagen der sakramentale Garant und mahnendes Zeichen für die diakonische Berufung aller Getauften. Alle sind ja berufen, den Spuren Jesu zu folgen, und so sind alle auch gesandt, die Liebe und Menschenfreundlichkeit Gottes in Taten der Nächstenliebe und Solidarität zu leben, besonders mit den Armen, Benachteiligten und Schwachen.
Nur zwei Jahre später, am 12. Juli 1970, empfing der Katechet Wilhelm Kirchner im Dom zu Nordhausen durch Bischof Hugo Aufderbeck als erster im Bereich des heutigen Bistum Erfurt die Weihe zum Ständigen Diakon. Zugleich war er der erste Diakon der Katholischen Kirche auf dem Gebiet der damaligen DDR. Besondere Aufmerksamkeit wurde dabei der Tatsache geschenkt, dass Diakon Kirchner verheiratet und Vater dreier Kinder war. Mit ihm war auch in unserem Raum und im Leben der Kirche der ostdeutschen Bistümer ein wichtiger Anfang gesetzt, dem in den Jahren danach weitere Diakonenweihen folgten. So zählen zum Klerus unseres Bistums bis heute insgesamt 28 Ständige Diakone. Gegenwärtig sind acht unserer Diakone im aktiven Dienst und 16 bereits im Ruhestand.
Dennoch möchten zahlreiche Menschen ihren vielfältigen Dienst nicht missen. Sei es ihre Assistenz bei den Eucharistiefeiern, ihr Predigtdienst, ihre Leitung von Wort-Gottes-Feiern, Taufen, Trauungen und Beerdigungen, seien es Krankenbesuche oder auch die Begleitung von Gruppen und Einzelpersonen, sei es ihr Dienst in der Kinder-,Jugend-und Erwachsenenpastoral oder auch ihr Engagement in der Klinik-, Gefängnis-und Studentenseelsorge, der Schulseelsorge und Erwachsenenbildung oder auch konkrete Leitungsaufgaben in kirchlichen Gremien und Institutionen, wie etwa der Caritas u.v.m.
Die meisten der Ständigen Diakone weltweit sind verheiratet und haben Familie, so auch in unserem Bistum. Wir Diakone gemeinsam mit unseren Ehefrauen sind froh und dankbar, aus der menschlichen und aus der geistlichen Kraft dieser beiden Sakrament zu leben. Freilich, Partnerschafts-und Familienprobleme machen auch vor uns nicht halt. Immer wieder aber dürfen wir erfahren, wie sehr Ehe-und Weihesakrament sich gegenseitig tragen und ergänzen und uns Halt und Kraft geben für unseren Auftrag. Mit ihrem Verständnis, ihrem Wohlwollen und ihrer Liebe haben unsere Ehefrauen ihren nicht zu unterschätzenden Anteil an diesem Auftrag und tragen ihn mit. Gerade diese mitunter sehr persönlichen Erfahrungen aus Ehe und Familie bringen wir gern mit ein in unseren Dienst als einen wertvollen Lebensschatz für die ganze Kirche. Etliche Gläubige, aber auch viele, die der Kirche ferner stehen, wissen das dankbar zu schätzen, besonders dann, wenn sie wahrnehmen, dass sie als Mensch ernst genommen werden und ihnen mit Wohlwollen undVerständnis in ihrer Lebenssituation begegnet wird.
Vier der Mitbrüder unseres Diakoniums sind inzwischen verstorben, und wir gedenken ihrer in diesen Tagen mit großer Dankbarkeit. Ihr Lebenseinsatz ist uns von bleibendem Wert im Prozess der Wiedererrichtung des Ständigen Diakonats in der Kirche und für die Menschen, denen sie durch ihren Dienst Begegnungen mit Christus ermöglicht haben.
So blicken wir Ständigen Diakone des Bistums Erfurt voll Dankbarkeit auf 50 Jahre gelebten Diakonats zurück. Geplant war, dieses Jubiläum am 12. Juli dieses Jahres im Dom zu Nordhausen angemessen zu begehen, zusammen mit unserem Bischof, Dr. Ulrich Neymeyr, der Dom-Gemeinde sowie Gästen aus nah und fern. Leider hat die Coronapandemie auch uns da einen Strich durch die Rechnung gemacht, und wir sahen uns veranlasst, unter den gegebenen Umständen diesen Tag des Feierns und der Begegnung abzusagen.
Eine weitere Jubiläumsveranstaltung ist jedoch im Zusammenhang mit der Bistumswallfahrt zum Erfurter Mariendom am 20. September 2020 vorgesehen. Bis dahin werden hoffentlich die Risiken der Coronapandemie soweit eingedämmt sein, dass die Wallfahrt stattfinden kann. Neben der besonderen Teilnahme der Diakone am Wallfahrtshochamt ist eine thematische Zwischenveranstaltung geplant unter dem Thema: “50 Jahre Ständiger Diakonat im Bistum Erfurt -Wozu braucht die Kirche Diakone?“ Als Referent ist Professor Josef Freitag eingeladen. Im Anschluss an seinen Vortrag wird es ein Podiumsgespräch geben. Alle am Thema und dem Amt des Diakons interessierte Wallfahrer und Wallfahrerinnen laden wir herzlich dazu ein. Desweiteren soll es auf der Bistumswallfahrt einen Info-Stand über den Diakonat und unser Jubiläum geben.
Wir Diakone im Bistum Erfurt schauen aber nicht nur auf Vergangenes, sondern richten unseren Blick auch auf die Zukunft der Kirche. Dabei möchten wir gern die eigenen vielfältigen Gaben, Erfahrungen und Ideen mit einbringen, wenn es darum geht, Menschen fit zu machen für eine größere geistliche Tiefe und Strahlkraft des persönlichen Glaubens sowie der lebendigen Gemeinschaft unserer Kirchengemeinden. Wir möchten gern mitgehen auf der Suche nach neuen Wegen der Pastoral, in Prozesse der Erneuerung und in die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten kirchlichen Lebens, zu dem der Heilige Geist bewegt und vielleicht auch manche Überraschung bereit hält. Wir möchten eine Kirche mitgestalten, in der glaubhaft etwas aufstrahlt von Jesus Christus, der von sich selbst sagt: „Der Menschensohn ist nicht in die Welt gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mt
20,28). Möge auch durch den Dienst der Diakone die Kirche erfahren werden als eine menschenfreundliche und Orientierung gebende Begleiterin an der Seite der Menschen, mit deren Freuden und Leiden, deren Ängsten und Hoffnungen (vgl. Vat. II Gaudium et Spes Nr. 1). Darin vor allem sehen wir Diakone die Ausrichtung unseres Dienstes und den der ganzen Kirche.
Möge es gelingen, kraft der Gnade und des Segens des dreifaltigen Gottes.
Diakon Winfried Lang
Sprecher der Ständigen Diakone des Bistums Erfurt