Ein Ort für Begegnung, zum Entdecken, Erforschen und Spielen

Abenteuerspielplatz Arche

Image
Ein Ort für Begegnung, zum Entdecken, Erforschen und nicht zuletzt Spielen ist „Anoha“, die große Kinderwelt des Jüdischen Museums Berlin. Als Vorlage für die Gestaltung dient die biblische Geschichte um die Arche Noah.

Die „Anoha“, die Kinderwelt des Jüdischen Museums Berlin, beherbergt 150 Tierskulpturen.   
Fotos: Yves Sucksdorff

 

Egal, ob der Stammesvater Noah, Noach oder Nuh heißt: Die Geschichte von der Arche verbindet Christen, Juden und Muslime. Auch vielen Kindern ohne religiöse Prägung ist sie ein Begriff. „Das Motiv der Arche Noah wurde bewusst gewählt, denn Berlin ist eine Stadt, in der viele Kulturen, viele Religionen beheimatet sind. Gerade hier im Stadtteil Kreuzberg. Hier in der Ausstellung in unserer Kinderwelt sind sie alle willkommen“, sagt Dalik Sojref, Bildungsreferent des Jüdischen Museums. „Ausstellung“ ist gut, denn mit einer klassischen Museumspräsentation hat „Anoha“, die Kinderwelt des Jüdisches Museums Berlin nur wenig zu tun. Über 150 Kinder und Eltern toben sich auf dem sieben Meter hohen und 28 Meter breiten Nachbau der Arche gerade aus, es ist ein großes Gewusel. So oder so ähnlich könnte es auch auf der „echten“ Arche zugegangen sein.

Die Arche bietet Kindern viel Platz zum Entdecken, Ausruhen und Spielen.

Durch die biblische Geschichte Fragen zur Gegenwart stellen
9 Millionen Euro steuerte der Bund bei, rund 2,6 Millionen Euro wurden gespendet. Vor allem Kinder im Grundschulalter, bei Bedarf gern aber auch deren Eltern, sollen zum Nachdenken angeregt werden, über Gott und die Welt, über Werte wie Einbeziehung und Vielfalt, Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Als Inspiration dient das jüdische Konzept „Tikkun Olam“, das jeden auffordert, die Welt ein Stück besser zu machen.
Die Ausstellung wird stetig erweitert, wie zuletzt durch das Hör- und Suchspiel „Lauscher auf“, bei dem die Kinder spielerisch und detektivisch herausfinden sollen, welches Tier auf der Arche eigentlich noch fehlt.
„Anhand der Geschichte von Noahs Arche könnte man Fragen stellen, die auch unsere Gegenwart betreffen.“ Er zeigt ein paar Handpuppen-Stofftiere. „Jedes Kind darf zu Beginn des Besuchs eines mit auf die Arche mitnehmen. Wir fragen sie: ‚Welches Tier wollt ihr retten?‘ Was natürlich die Frage aufwirft, was mit all den anderen Tieren geschehen soll.“ Sojref erinnert an das Schicksal der Flüchtlinge an der belarusisch-polnischen Grenze, die im Gegensatz zu den Ukrainern von der EU abgewiesen wurden – „mal ganz ohne Wertung“.
Was haben Noah und Familie eigentlich die 370 Tage auf der Arche gegessen? Schließlich haben laut Protokoll (1.Mose 8,19) alle Tiere den Aufenthalt auf dem Schiff gut überstanden. „So gesehen müsste Noah ein Vegetarier gewesen sein“, sagt Sojref.
Auf dem Rundgang durch die Arche warten verschiedene Stationen auf die jungen und älteren Besucher. An einer Bastelstation können die Kinder aus diversen Materialien ihre eigene Mini-Arche bauen und anschließend auf einem Wasserparcour, dem „Sintflut-Simulator“, die See- und Sturmtüchtigkeit testen.
Die unterschiedlichsten Tiere sind unterwegs anzutreffen, fast alle in Original-Lebensgröße. Bei der Gestaltung kannte die Fantasie der Künstler offenbar keine Grenzen: Die 150 Tiere bestehen aus Feuerwehrschläuchen, Stehlampen, Würfelbechern, Fußbällen und anderen recycelten Gebrauchsgegenständen. Das größte Tier: ein drei Meter hohes Mammut aus verarbeitetem Schiffsholz. Tatsächlich hatten die Vorfahren der Elefanten – zumindest, wenn man die biblischen Zeitangaben wörtlich nimmt – zu Noahs Zeiten (rund 5500 Jahre vor Christus) mancherorts noch gelebt. Das Gleiche kann man vom Einhorn zwar nicht behaupten, aber auf ausdrücklichen Wunsch von Berliner Schulkindern, die als „Kinder-Beirat“ bei der Planung miteinbezogen wurden, durfte auch das Fabeltier mit auf die Arche. In der „Einhornklasse“, in der Kinder die verschiedenartigen Talente der Tiere nahegebracht bekommen, ist es der Lehrer.
Auch der große, siebenfarbige Regenbogen, in der Bibel Zeichen des Bundes zwischen Gott und den Menschen, soll die Kinder ermuntern, ihre Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen und zu Papier zu bringen: Wovon gibt es zu wenig auf der Welt („Frieden“, „Liebe“), wovon zu viel („Krieg“, „Hass“), was bereitet dir Freude (klarer Punktsieger: „Mama und Papa“)? So banal die Antworten auch sein mögen: Bei den Kindern stimmt der innere Kompass.

Auf einem Wasserkurs können die Kinder selbst Boote schwimmen lassen.

 

Nach dem Toben auf dem Bibelschiff mal in die Heilige Schrift schauen?
Deutlich wurde auch: Hier in der Kinderwelt „Anoha“ geht es nicht darum, den Kindern die Geschichte des biblischen Buches Genesis einzutrichtern. Zwar gibt es zur Einführung einen Film über die Arche Noah, in dem Kinder die Sprecher sind. Und auf der Arche sind Wissensvermittler unterwegs, um bei Bedarf Fragen zu beantworten. Aber die Tierwelt auf der Arche scheint einfach viel zu spannend. Aber wer weiß: Vielleicht ist das Erlebte ja Anstoß, abends mit den Eltern noch einmal einen Blick in die Familienbibel zu werfen?

Von Stefan Schilde