Zweite Führung über Baustelle der Sankt Hedwigs-Kathedrale

Ahnung künftiger Schönheit

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Zum zweiten Mal fand jetzt eine Führung über die Baustelle der Sankt Hedwigs-Kathedrale statt. Manche Fragen sind zwar noch zu klären, aber die Teilnehmer konnten die Grundzüge der Umgestaltung der Kirche erkennen.

Prälat Tobias Przytarski erklärt die Planungen für die Kathedrale am Bauzaun von Sankt Hedwig.    Fotos: Walter Plümpe

 

„Der erstplatzierte Entwurf des Architektenbüros Sichau und Walter mit dem Künstler Leo Zogmayer setzt den Gedanken der Zentralität konsequent um.“ Davon konnte Prälat Tobias Przytarski  bei zwei Baustellenführungen seine Zuhörer überzeugen. Am Styropor-Modell des künftigen Rund-Altars ahnten sie die künftige Schönheit der Sankt Hedwigs-Kathedrale, ihre zentrale Ausrichtung auf den in der Mitte stehenden Altar.
Der als Halbkugel geformte Altar dominiert auch künftig die heller gestrichene Kathedrale. Im Moment wird geplant, Steine aus allen Gemeinden des Erzbistums zu erbitten, sie zu zerkleinern und daraus einen Mörtel zu mischen. Aus ihm sollen dann Altar, Ambo und Taufbecken in der Unterkirche gegossen werden. Przytarski: „So soll die Kathedrale eine sichtbare Verbindungen zu den Gemeinden vor Ort erhalten.“

Anzahl der Plätze wird deutlich erhöht
Auch andere Überlegungen sind inzwischen zu Entscheidungen gereift: So wird es keine Stufe um die Altarinsel und den Ambo geben. Drei im Boden verankerte Leuchter und ein Vortragskreuz sollen als optische „Barriere“ den Altarbereich abgrenzen und Touristen wortlos um den nötigen Respekt bitten. „Die Fläche für liturgische Feiern aller Art wird sich im Vergleich zum früheren Zustand deutlich erhöhen.“ Das gilt auch für die Anzahl der Plätze. Je nach Bestuhlung mit Sitzen oder Bankreihen erhöht sie sich von 380 auf 480 bis 530.
Von außen fällt das komplett erneuerte Kupferdach auf. Weil die Berliner Luft in den letzten Jahren sauberer geworden ist, wurde die Grünspanbildung technisch beschleunigt. Die künftig klar verglaste Kuppelöffnung wird aus zwei Kunststoffschichten bestehen, zwischen die Luft wie in ein Luftkissen eingeblasen wird. „Eine kostensenkende Lösung.“ Licht von oben, gedämpftes Licht von den Schmelzglasscheiben an den Seiten, „all das sorgt innerhalb dieses monumentalen Raumes für Leichtigkeit, Transparenz und Flexibilität.“ Konzentrische Sitzreihen vermitteln den Eindruck eines geschützten und konzentrierten Versammlungsortes.
Die Unterkirche dürfte kaum wiederzuerkennen sein: Anstelle der bisherigen Stele als Verbindungselement zwischen der Krypta und der Oberkirche ist ein großes Taufbecken geplant – in Kreuzform, so dass auch ein ganzes Eintauchen ins Wasser wie in der Urkirche möglich wird. Die Seitenkapelle des seligen Bernhard Lichtenberg wird um die zwei angrenzenden kleineren Nebenkapellen erweitert. Eine eigene Kapelle wird den „Schatz“ der Kathedrale beherbergen: die neapolitanische Krippe, die zur Zeit noch restauriert und ergänzt wird. Der Zugang zur Unterkirche mit den Gräbern der Berliner Bischöfe erfolgt über den Vorraum. Unter dem ehemaligen und künftigen Platz der Orgel wird es eine Treppe geben.

 

Mit Bauhelmen geschützt hören 25 Teilnehmer der Baustellenführung Prälat Tobias Przytarski am Altarmodell der Sankt Hedwigs-Kathedrale zu.

 

Noch sind von den Gremien für die architektonischen, technischen und gestalterischen Fragen viele Details zu klären. Der Boden soll heller werden. Aber welcher Baustoff eignet sich dafür am besten? Die Zierelemente am Prospekt der Klais-Orgel sollen optisch etwas zurückgenommen werden. Das Chorpodest soll höhenverstellbar sein und ein Platz für einen künftig fahrbaren Orgeltisch (aus Kostenersparnis auf später verschoben) freigehalten werden.

Fertigstellung für 2024 geplant
Wenn alles weiter planmäßig verläuft, erfolgt am 1. November 2023 die Altarweihe, 250 Jahre nach der Einweihung der ersten „Kirche“, die König Friedrich der Große initiiert hatte. Die völlige Fertigstellung wird für 2024 erwartet. Für Umgestaltung und Sanierung der Kathedrale und des benachbarten Bernhard-Lichtenberg-Hauses plant das Erzbistum Berlin weiter mit einem Budget von 60 Millionen Euro. Rücklagen in Höhe von 20 Millionen hat das Erzbistum selbst gebildet, Bund und Land Berlin haben zusammen Fördermittel über das zweite Drittel zugesagt. „Auch die deutschen Bistümer unterstützen mit insgesamt zehn Millionen Euro die Stärkung dieses Ortes im Bewusstsein der gewachsenen Bedeutung der Kathedrale für die katholische Kirche in ganz Deutschland.“ Ferner sollen private Unterstützer gewonnen werden.
„Sankt Hedwig Mitte“ – so steht es unübersehbar auf dem Bauzaun zum Bebelplatz hin – soll keine „Wagenburg“ sein. Prälat Przytarski: „Sie ist vielmehr offen zur Welt und zur Gesellschaft. Darüber hinaus gleichzeitig eine Kraftquelle sowie Mittelpunkt unseres Bistums und unseres Glaubens.“ Der Künstler Leo Zogmayer ergänzt zur künftig neu gestalteten Kathedrale: „Die Tilgung und Entmachtung von Spaltungstendenzen ist die dringendste Aufgabe unserer heutigen kulturellen, politischen, aber auch (inner)kirchlichen Situation.“ Angst vor Spaltung sieht er als ein Thema, das zurzeit nicht nur Christen beschäftigt. Im liturgischen Raum komme daher die Überwindung von Spaltung und Sonderung im stufenlosen Zusammenfließen von Altar- und Gemeinderaum zum Ausdruck. „Im Communio-Raum erfahren wird eine völlig neue Intensität des Miteinanderfeierns.“
Einladen zur „Communio“ sollen demnächst auch drei hohe Glastüren im Portikus (Vorbau) der Kathedrale: eine Bischofskirche zwischen Tradition, Gegenwart und Zukunft. Przytarski: „Die größte Sicherheit zur Erhaltung der Sankt Hedwigs-Kathedrale ist ihre liturgische Nutzung. Daher müssen wir Entwicklungen und Veränderungen zulassen, um die Akzeptanz und Lebendigkeit zu wahren.“

Von Walter Plümpe