Bischöfe zum Tag der deutschen Einheit

Alle Menschen im Blick haben

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Katholische und evangelische Bischöfe aus verschiedenen Teilen Deutschlands haben sich anlässlich des Tages der deutschen Einheit zu Wort gemeldet und vor allem ihre Sorge um den Zusammenhalt der Gesellschaft ausgedrückt.

Erzbischof Heiner Koch und der evangelische Bischof Markus Dröge leiteten den ökumenischen Gottesdienst im Berliner Dom anlässlich des Tages der deutschen Einheit. | Foto: epd

Anlässlich des Tages der deutschen Einheit haben sich Vertreter der Kirchen mit mahnenden Worten zur gesellschaftlichen Situation in Deutschland geäußert. Die Berliner Bischöfe haben beim zentralen ökumenischen Gottesdienst zum gesellschaftlichen Engagement für eine soziale Einheit in Deutschland aufgerufen. „Nur wenn wir alle mitnehmen, sichern wir den sozialen Frieden in unserem Land“, sagte der evangelische Bischof Markus Dröge. Vor Spitzenvertretern aus Politik, Kultur und Gesellschaft sagte er weiter: „Wenn wir die Einheit unseres Landes, wenn wir die Freiheit und Demokratie nicht gefährden wollen, dann müssen alle im Blick sein.“
Der Berliner Erzbischof Heiner Koch mahnte in der Predigt mehr Lernbereitschaft an: „Die gegenwärtigen inhaltlichen und kommunikativen Verhärtungen in unserer Gesellschaft zeigen genauso wie die simplifizierenden Pauschalisierungen und wuterfüllten Empörungen des Populismus unserer Tage, dass wir oft vergessen haben, uns als Lernende zu verstehen in vielen Bereichen“. Lernen sei „lebensnotwendig“ für eine Gesellschaft. Dazu gehöre auch die Auseinandersetzung und der Austausch mit Menschen, deren Lebensart und Lebenskultur einem zunächst fremd und „im guten Sinne fragwürdig erscheint“.

„Nicht so tun, als sei die Einheit vollendet!“
Der Bischof von Magdeburg, Gerhard Feige, hat die Deutschen in Ost und West aufgerufen, an der Vollendung der Einheit mitzuwirken. Dazu brauche es „weiterhin ein ehrliches Interesse aneinander“, sagte er in einem Interview. „Man sollte nicht so tun, als sei die deutsche Einheit vollendet, man schreite voran und es gebe keine Probleme mehr.“ Vielmehr sei die Bereitschaft gefragt, tatsächlich aufeinander zu hören. „Da wird noch viel Ballast mitgeschleppt, auch Verwundungen und Prägungen.“ Es sei wichtig, das zu verstehen, um besser zusammenleben zu können. Dazu gehöre auch, möglichst an den anderen zu denken.
Die Rolle der Kirchen hat laut Feige in den vergangenen 28 Jahren auch in Ostdeutschland an Bedeutung verloren. Zur Wendezeit sei es für ihn fast unvorstellbar gewesen, was da in Gang gekommen war und welche Rolle die Kirchen dabei spielten. „Wenn man sich heute umschaut, muss man natürlich sagen, dass Kirche im allgemeinen Bewusstsein nicht mehr so bedeutsam ist wie damals.“ Aber sie habe nach wie vor eine wichtige Aufgabe, vor allem, wenn es um die Würde des Menschen und das Gemeinwohl geht. „Da sind wir auch hier im Osten für viele ein wichtiger Partner.“ Die Kirchen müssten sich neu orientieren. Sie hätten jetzt weniger Mitglieder als damals. Dafür aber seien sie vielfältiger und bunter. Inzwischen gehörten etwa 13 Prozent Ausländer aus 120 Nationen zum Bistum Magdeburg und etwa gleich viele Katholiken aus den alten Bundesländern. „Das weitet unseren Blick, tut uns durchaus gut, bringt uns aber auch in neue Herausforderungen hinein.“

„Ost und West müssen jetzt zusammenstehen“
Die mitteldeutsche Landesbischöfin Ilse Junkermann hat anlässlich des Tages der deutschen Einheit weiteres Engagement für den gesellschaftlichen Zusammenhalt angemahnt. Es bedürfe der „Anstrengung und des guten Willens aller, angesichts der Probleme, die es bei diesem Zusammenwachsen bis heute gibt und die sich für zahlreiche Menschen dramatisch auswirken, dass sich alle Menschen in unserem Land gleichermaßen gesehen und gewürdigt fühlen. Angesichts der vermehrten Versuche von Krawallmachern, den sozialen Frieden zu stören, braucht es unsere klaren Gegenstimmen und unseren aktiven Einsatz für ehrliche und offene Auseinandersetzungen und friedensstiftende Lösungen.“
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, äußerte seine Sorge um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland. „Wir müssen jetzt, im Westen wie im Osten, zusammenstehen. Wir lassen uns unsere Kultur der Weltoffenheit nicht zerstören.“ Zugleich ging Bedford-Strohm hart mit der AfD ins Gericht. Die rechtsradikalen Stimmen in der Partei hätten „immer mehr die Oberhand gewonnen“. Sie instrumentalisiere so schlimme Ereignisse wie die Tötung eines Menschen für ihre politischen Zwecke.

(kna / epd / tdh)