Altenburg, Lucka, Meuselwitz, Rositz und Schmölln gründen Pfarrei
Aus Erfahrung unaufgeregt
Gruppenbild mit Engagierten aus allen Gemeinden vor der Marienikone im Eingangsbereich der Altenburger Pfarrkirche: Von links: Birgit Hoffmann (Schmölln), Pfarrer Konrad Köst, Dr. Ursula Zippel (Altenburg), Hubertus Titz (Rositz), vorne: Reinhardt Sulewski (Lucka), Claudia Friesel (Meuselwitz). Foto: Dorothee Wanzek |
Im Vergleich zur Stimmungslage, in der Katholiken in manchen anderen Regionen auf ihre Pfarreien-Fusion zugehen, halte sich im Altenburger Land „der Schrecken in Grenzen“, stellt Konrad Köst fest. Der amtierende und künftige Pfarrer von Altenburg verweist auf die zahlreichen Aktivitäten, die seit Jahren gemeinsam laufen, von Kinderveranstaltungen wie Sternsinger-Ausbildung oder Religiöser Kinderwoche über Familienkreuzwege, Fasching und Fronleichnamsfeiern bis hin zum Alten- und Krankentag. Alle Teile der Pfarrei im Dreiländer-Eck zwischen Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt könnten zudem bereits eigene Zusammenschluss-Erfahrungen einbringen. So haben sich Lucka und Meuselwitz der Pfarrei Rositz angeschlossen, Altenburg und Schmölln gehen seit 2002 als eine Pfarrei zusammen. Meuselwitz hat obendrein schon einen Bistums-Wechsel von Magdeburg nach Dresden-Meißen vollzogen.
Insbesondere die Schmöllner hätten in den Planungen immer wieder beruhigend auf ihre Mitstreiter aus den kleineren Gemeinden eingewirkt, erzählt der Pfarrer: „Keine Angst, wir haben das doch alles schon mal durch. Es war nicht einfach, aber es geht schon ...“
Hinderlich für die Pfarreien-Vereinigung waren zur Jahrtausendwende nicht nur die Sorgen der kleineren Pfarrei, geschluckt oder überrollt zu werden, sondern auch die historischen Animositäten zwischen den Reußschen Landen, zu denen Schmölln einst gehörte und den Wettiner-Besitztümern, denen Altenburg zuzurechnen war. Das Bedürfnis, um die jeweils anderen einen weiten Bogen zu machen, hatte sich jahrhundertelang gehalten.
Die Schmöllnerin Birgit Hofmann erinnert sich noch gut an erste gemeinsame Busausfahrten mit den Altenburgern. „Da haben wir entdeckt, dass man sich mit denen ja doch ganz nett unterhalten kann“, erzählt sie schmunzelnd. Trotz der gewachsenen Gemeinsamkeit sei vieles erhalten geblieben, was vor Ort noch möglich sind, auch wenn viele junge Gemeindemitglieder weggezogen sind. Nach wie vor gibt es beispielsweise einen Gemeindestammtisch, bei dem die Aktiven in regelmäßigen Abständen zum Planen zusammenkommen, ein eigenes Gemeindefest mit Theater, Kabarett und Musikstücken, lebendige ökumenische Beziehungen und einen Glockenverein, der sich die Wiederherstellung des alten Geläuts auf die Fahnen geschrieben hat. „Wir haben gelernt, zuerst das Positive an den anderen zu sehen“, sagt Birgit Hoffmann. Im Zusammentreffen mit weiteren Gemeinden profitieren sie nun davon.
Das Fest zum 150-jährigen Bestehen der katholischen Gemeinde in Altenburg wurde im vergangenen Sommer als Gelegenheit genutzt, das Miteinander in der künftigen Großpfarrei zu stärken. Foto: Matthias Holluba |
Die Gemeinden der künftigen Pfarrei Altenburg „ticken ganz unterschiedlich“, bescheinigt Pfarrer Köst ihnen. In Lucka, das sich zwischenzeitlich in Richtung der mittlerweile zu Leipzig-Süd gehörenden Gemeinden Zwenkau, Groitzsch und Zwenkau orientiert hatte, wird die Wallfahrtstradition besonders hoch gehalten, nennt Reinhardt Sulewski als Beispiel für eine Gemeinde-Besonderheit. So sei die Marienwallfahrt nach Hohndorf aus dem Luckaer Gemeindeleben nicht wegzudenken. Die Bereitschaft, sich über die eigene Gemeinde hinaus für Gesellschaft und Politik zu engagieren, ist hingegen in Altenburg am weitesten entwickelt.
Gemeinsam ist den Katholiken im Altenburger Land eine gute Portion Pragmatismus. „Wir haben bereits 1995 unsere Kinder zur Frohen Herrgottstunde nach Altenburg gefahren, weil bei uns einfach nicht mehr genügend Kinder zusammenkamen“, berichtet etwa Claudia Friesel aus Meuselwitz.
Gewachsen ist die Bereitschaft, Dinge auszuprobieren und gegebenenfalls wieder zu verwerfen – so bei den Erstkommunionfeiern. Bewährt hat sich die gemeinsame Vorbereitung. Feiern wollen die Gemeinden jedoch nach Möglichkeit vor Ort. „Es tut jeder Gemeinde gut, bei einer solchen Gelegenheit die Kinder in der eigenen Kirche zu erleben“, begründet der Pfarrer die Entscheidung.
Beruhigt habe viele die Information, dass die Gemeinden ihre Patrozinien behalten werden. „Anfangs war das vielen nicht so klar.“ Ein heißes Eisen bleibt die bevorstehende Entscheidung über die künftige Immobiliennutzung. „Dieses Thema darf nicht im Vordergrund stehen“, ist Konrad Köst wichtig. „Irgendwann werden wir auch das angehen – und zwar alle gemeinsam!“
Von Dorothee Wanzek