Aus für Edith-Stein-Haus
In Frage stand die Zukunft des Edith-Stein-Hauses in Parchim schon lange. Die Corona-Krise hat das Haus noch einmal getroffen. Jetzt steht fest: Das Exerzitien- und Bildungshaus wird Ende Juni geschlossen.
Eine Schließung heißt in diesem Fall: Das Haus wird nicht wieder öffnen. „Seit November haben wir keinen Gast mehr hier gehabt“, sagt Hausleiter Lothar Pfeil. Das bedeutete einen Ausfall von Einnahmen und eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. Die angespannte wirtschaftliche Situation des Erzbistums zwinge dazu, Aufgaben abzugeben, so begründet das Bistum den Schritt. In einer Pressemitteilung heißt es: „Der starke Rückgang in der Auslastung des Hauses führte dazu, dass das Erzbistum Hamburg seinen jährlichen Zuschuss auf zuletzt rund 300 000 Euro erhöhen musste. Die gesetzlichen Auflagen aufgrund der Corona-Pandemie haben die Situation des Hauses zusätzlich verschärft.“
Dazu Generalvikar Ansgar Thim: „Das Edith-Stein-Haus war 25 Jahre lang ein wichtiger Treffpunkt der katholischen Kirche in Mecklenburg. Hier waren durchaus nicht nur katholische Christen willkommen. Ich bin dankbar für die Gastfreundschaft, die ich auch selbst oft erfahren habe.“
Parchim war lange Ort katholischer Bildung
Das Edith-Stein-Haus ist die erste größere Einrichtung im Bistum, die im Zuge des aktuellen Sparprozesses geschlossen wird. Unsicher war der Bestand des Parchimer Bildungs- und Exerzitienhauses schon lange. Seit Ende 2016 besteht es nur aufgrund eines Moratoriums (also eines Aufschubs). Es hatte danach kein eigenes Veranstaltungsprogramm mehr, sondern war nur Tagungsort für Gastveranstaltungen, etwa für Seminare der Pastoralen Dienststelle oder des Thomas-Morus-Bildungswerks.
Parchim hat als Ort für katholischer Erwachsenenbildung und Exerzitien eine lange Tradition. 1925 wurde das „Nikolausstift“ als Kinderheim und „Kommunikantenanstalt“ gegründet. Nach 1945 leiteten Jesuitenpater dort Exerzitien, das Haus diente als Ausbildungsstätte für Katechetinnen. Nach der Wende entsprach das Haus auf dem Pfarrgelände nicht mehr den Anforderungen eines modernen Bildungshauses. Deshalb wurde ab 1994 in der Nähe ein neues Haus gebaut – gemeinsam mit dem benachbarten Alten- und Pflegeheim St. Nikolaus.
Neben den Seminaren des Thomas-Morus-Bildungswerkes entwickelte der langjährige Leiter, Diakon Dr. Stefan Handy, und sein Team ein für Mecklenburg zugeschnittenes Programm. Dazu gehörten Exerzitien für ausgewählte Gruppen, offene Schweige- und Wanderexerzitien, Ikonenmalkurse mit dem russischen Ikonenmaler Valerij Grischanow – aber auch Seminare für Schülersprecher, Schülerzeitungsredakteure, Deutschkurse für Aussiedler, die beliebten Singetage für Senioren, Computerkurse und seit einigen Jahren Integrationskurse für Flüchtlinge.
Auch für Religiöse Kinderwochen, für die Polizei- und Militärseelsorge war das Edith-Stein-Haus ein beliebtes Ziel – bis vor einem Jahr. Schon die geplante 25-Jahr-Feier im August musste ausfallen. „Eigentlich hatten wir für das erste Halbjahr 2021 noch eine gute Belegung“, sagt Lothar Pfeil. „Aber dann kam der erneute Lockdown. Die Wanderexerzitien im Herbst waren unsere letzte Veranstaltung.“
Was aus dem Haus wird, ist derzeit noch nicht klar. Das Bistum sei mit der Caritas im Gespräch, ob das Gebäude vom Pflegeheim St. Nikolaus genutzt werden könne, so eine am Mittwoch veröffentlichte Presseerklärung. „Von der Schließung sind sieben Angestellte betroffen. Ein noch mit der Mitarbeitervertretung zu verhandelnder Sozialplan soll gewährleisten, dass die bestehenden Beschäftigungsverhältnisse sozialverträglich beendet werden können.“
Text: Andreas Hüser