Görlitzer Bauamtsleiter geht in Ruhestand
„Bauen war immer Seelsorge“
Thomas Backhaus war 27 Jahre Leiter der Bauabteilung des Bistums Görlitz, nun ging er in den Ruhestand. Es gibt kaum einen Ort im Bistum, den er in dieser Zeit nicht kennengelernt hat.
„Die für mich wichtigsten Stationen waren die kleinen Diaspora-Gemeinden mit ihre Kirchen und Kapellen“, sagt Thomas Backhaus. „Besonders dort wurde ich in den zurückliegenden 27 Jahren gebraucht, konnte helfen und vieles auf den Weg bringen. Ich habe die Not gesehen, die die Gemeinden hatten, ihre Gebäude in Stand zu halten.“ Bauen ist Seelsorge – so verstand er als Ordinariatsrat seine Arbeit in der Diaspora.
In Görlitz schnell heimisch geworden
Kirchlich geprägt wurde der bekennende Thüringer einst durch Seelsorger wie den heutigen Propst emeritus Heinz-Josef Durstewitz und den Erfurter Taizé-Kreis. Der gebürtige Eisenacher mit väterlicherseits Eichsfelder Wurzeln – seine Mutter stammt aus der Rhön – lebt seit 1981 in der Neißestadt. „Hier bin ich schnell heimisch geworden. Görlitz ist offen für Menschen, die etwas bewegen wollen, bietet viel Kultur.“ Auch beruflich boten sich Möglichkeiten. „Görlitz war schon damals unter Fachleuten eine bekannte Stadt mit großen städtebaulichen Qualitäten.“ Als Bauingenieur arbeitete er im Bereich der Denkmalpflege, war für die Sanierung von Barock- und Renaissance-Häusern zuständig, auch für Kirchen. Im Hochbauamt der Stadt Görlitz betreute Backhaus nach der Wende die konstruktive Sicherung der Neuen Synagoge, baute das Waidhaus zum Fortbildungszentrum für Handwerk und Denkmalpflege mit um. 1991 wurde er in die Architektenkammer Sachsen aufgenommen. 1994 wechselte er als Architekt ins Bistum Görlitz, wurde Bauamtsleiter.
Erste Arbeiten waren die Innensanierung der Filialkirche in Vetschau und die Altarraumgestaltung der Pfarrkirche in Luckau. Schon bald folgte der Ersatzneubau der Pfarrkirche in Storkow-Hubertushöhe, der in nur fünf Monaten 1998 errichtet wurde. Thomas Backhaus lieferte die architektonische Idee und Vorplanung, übernahm die künstlerische Begleitung der Ausstattung. In Zusammenarbeit mit der Löbauer Architektin Susanne Döbbel-Winkler und verschiedenen Künstlern, darunter dem Maler und Glaskünstler Helge Warme aus Berlin, entstand ein beeindruckender Sakralbau. Die Kirche St. Maria in Holzleimbinder-Bauweise, die im Grundriss einen Fisch als Symbol für die Diaspora-Christen beschreibt, besticht auch nach 24 Jahren durch ihre spirituelle Atmosphäre. Sie gehört seit einigen Jahren auch zur Straße der Moderne in Deutschland.
Ein weiteres großes Projekt war der Neubau des Zelebrationsaltars in der Stiftskirche Neuzelle. Viele Jahre stand dort ein einfacher Holzaltar, ein Provisorium, an das sich alle gewöhnt hatten. Der Architekt brauchte Geduld und Gespür für den hochbarocken Raum, um schließlich eine Lösung für Zelebrationsaltar, Ambo und Altarinsel zu finden.
Interessante Aufgaben für den Architekten
Unter Beachtung der Gegebenheiten des Altarraumes, der Liturgie und der Wirkung des Gesamtraumes gelang Thomas Backhaus eine überzeugende Raumkomposition, so, als wäre diese schon immer dort gewesen. Der Altar wurde aus dem Naturstein „verde guatemala“ hergestellt. Mehr als zuvor wird nun deutlich, dass der Altar der zentrale Ort der Eucharistiefeier ist. Bischof Wolfgang Ipolt weihte am 16. August 2014 diesen für das Bistum bedeutenden Altar.
Neben Altarraum- und Farbgestaltungen in den Gemeinden des Bistums setzte sich Backhaus für denkmalgerechte Instandsetzungen von Kirchenfenstern ein, so in Großräschen, Wittichenau und der Kathedrale. Darüber hinaus schuf der Architekt neue Fenster nach eigenen Entwürfen für fünf Kirchen und Kapellen. Mit einfachen Mitteln, gestrahlten Flächen und Applikationen mit Echtantikglas entwarf er so für die Cottbuser Christuskirche einen Fensterzyklus zum Thema „Lebensweg der Christen“. Für die heutige Hildegard-Burjan-Kapelle in der Kathedrale gestaltete er zwei über Eck stehende Zwillingsfenster. Das Thema „ Zeit und Ewigkeit“ wurde mit historischen Gläsern und neuen Echtantikgläsern in Rot und Blau interpretiert und regt Besucher zur Meditation an. Impulse für künstlerische Umsetzungen fand der ehemalige Bauamtsleiter in der Natur, bei Exkursionen und Tagungen der deutschen Diözesanbaumeister und der Vereinigung der Europäischen Dombaumeister, deren Mitglied er seit 1999 ist.
Thomas Backhaus war es immer wichtig, im Team zu arbeiten, Leute für ein Projekt zu gewinnen, zu integrieren, zu begeistern. Pfarrer und Kirchenvorstände, Architekten und Künstler, Handwerker und Restauratoren brachte er beim Kirchenbau zusammen. Diese Fähigkeit konnte er besonders bei der Sanierung der Kathedrale einsetzen. „Ich habe mich immer als Dienstleister in der Diaspora verstanden. Das wurde dankbar angenommen“, sagt er zufrieden in der Rückschau auf ereignis-, aber auch erfolgreiche Dienstjahre im Bistum Görlitz.
Von Holger Jakobi