Fröhliche Feier beim mexikanischen Allerseelenfest im Hamburger MARKK Museum

Besuch von den Toten

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Beim mexikanischen Allerseelenfest, dem „Tag der Toten“, verbinden sich katholische und vorchristliche Bräuche zu einer fröhlichen Feier. In Hamburg ist dieser Tag zu einer ganzen Aktionswoche geworden – im Museum MARKK.

Eröffnung des Día de los Muertos im Hamburger MARKK-Museum vor dem Totenaltar – mit dem mexikanische Botschafter Francisco Quiroga (2. v.l.) und der Vorsitzenden des Vereins CIMA Norma Kesting (r.)und zwei „Catrinas“
Eröffnung des Día de los Muertos im Hamburger MARKK-Museum vor dem Totenaltar – mit dem mexikanische Botschafter Francisco Quiroga (2. v.l.) und der Vorsitzenden des Vereins CIMA Norma Kesting (r.)und zwei „Catrinas“. Foto: Andreas Hüser

Allerheiligen und Allerseelen – an diesen katholischen Feiertagen besuchen Menschen die Gräber ihrer Verstorbenen. Sie lassen die Gräber segnen und entzünden Kerzen, deren Licht an das Ewige Licht vor dem Tabernakel erinnert. 

In Mexiko wird Allerseelen, spanisch: „Día de los Muertos“, ganz anders gefeiert. Dort besuchen am 1. und 2. November die Toten die Lebenden. Und zusammen feiern beide ein fröhliches Fest bis in die Nacht. Dazu gibt es die Leibspeisen der Toten, für die toten Kinder Spielsachen und allerlei Leckereien, zum Beispiel Totenköpfe aus Zucker. Das alles wird auf einer Ofrenda, einem Hausaltar, aufgetürmt. Der Altar ist prächtig gestaltet mit gelben Blumen (die Farbe Gelb können die Seelen am besten sehen), Kreuzen, Fotos, Kerzen und jeder Menge Skelette und Knochenschädeln. 

Eine solche „Ofrenda“ (Altar) ist im Hamburger Völkerkundemuseum „MARKK“ aufgebaut. So ein Altar würde allerdings in kein Wohnzimmer passen – denn er ist mehrere Meter hoch, ein Kunstwerk aus Blumen, Figuren, Kerzen und Früchten. „Seit 27 Jahren feiern wir den Tag hier im Museum “, sagt Norma Kes­ting, Vorsitzende des mexikanisch-deutschen Vereins CIMA. Bis vor einigen Jahren wurde eine richtige Zeremonie abgehalten, mit Weihrauch, Gebeten und Gesängen bis in den frühen Morgen. Das aber war sehr aufwendig für das Museum. Dafür ist jetzt aus dem „Mexikanischen Totenfest“ ein fünftägiges Festival geworden; mit Konzerten, Tänzen und Vorträgen rund um das Totenfest. Eröffnet wurde die Woche vom mexikanischen Botschafter Francisco Quiroga – er ist selbst Mitglied im Hamburger Verein.

Die Totenfrau sagt: Auch Reiche müssen sterben!

85 Prozent der 120 Millionen Mexikaner sind katholisch. In den Bräuchen des Totengedenkens mischen sich jedoch christliche Elemente und „präkolumbische“ Anschauungen, die aus der aztekischen Kultur kommen. Dazu gehört der Hund, ein Xoloitzcuintle – so heißt die Rasse –, der die Sterbenden über den Totenfluss geleitet. Die „Catrina“, die Totenfrau, ist dagegen eine moderne Erfindung. Das Urbild ist eine Karikatur des Kupferstechers José Guadalupe Posada aus dem Jahr 1913. „Der Karikaturist wollte den Reichen sagen: Auch ihr Reichen müsst sterben“, erklärt Sabine Clausen, stellvertretende CIMA-Vorsitzende. Sie ist in Mexiko aufgewachsen, kennt daher die Totenfeste – „aber erst in Deutschland habe ich begonnen, nach diesem Brauch zuhause eine Ofrenda aufzustellen.“ 

Der Altar in der Eingangshalle des Museums besteht aus sieben Stufen, die sich zu einem blumenbesetzten Kreuz emporheben. Unter dem Kreuz stellen Kerzen das Fegefeuer dar. Auf der untersten Stufe fordert eine Schale mit Kalk, Salz und Samenkörnern zur Reinigung auf. Auf der zweituntersten Stufe sind Spielsachen aufgereiht. Die toten Kinder eröffnen das Fest, sie kommen am 1. November nach Mitternacht, die Erwachsenen in der Nacht zu Allerseelen. 

Auf den weiteren Stufen präsentieren diverse Knochenfiguren Symbole: ein Behälter mit Wasser, das in Mexiko knapp und wertvoll ist. Kürbis, Mais und Bohnen sind nicht nur die wichtigsten Nahrungsmittel – sie verkörpern auch den guten Umgang mit der Natur. Die Bohnen ranken am Mais, die großen Kürbisblätter schützen den Boden vor dem Austrocknen. 

Normalerweise befinden sich auch Fotos der Verstorbenen auf dem Altar. In diesem Jahr gibt es nur ein Bild. Es zeigt die verstorbene Stickerin Ilda Martinez, aus deren Werkstatt die Stoffbänder des Altars stammen. „Für die Frauen war unsere Bestellung wie Weihnachten und Ostern zusammen. Während der Coronazeit hatten sie kaum Aufträge und kamen in Schwierigkeiten“, sagt Sabine Clausen. 

Die Tage der Toten sind inzwischen vorbei. Aber sie haben eine besondere Wirkung. Die Lebenden haben der Toten gedacht – nicht nur im Gebet, sondern auch in der neu aufgefrischten Erinnerung an das, was diese Menschen waren und was sie besonders mochten. Und eine weitere Nachwirkung des mexikanischen Allerheiligenfestes: Alles was die Toten nach der Fête an Leckereien übrig lassen, dürfen die Lebenden selber essen. „Bei uns in Mexiko“, sagen die Mexikaner, „wird alles nicht so ernst genommen. Man sieht und macht alles mit Humor. Das hilft uns zu leben.“ 

Informationen zum Festival „Mexikanisches Totenfest“ im Internet: https://markk-hamburg.de

Text u. Foto: Andreas Hüser