Käufer für St. Pius-Haus gesucht

Das sächsische Castel Gandolfo

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Das Dresdner Domkapitel sucht einen Käufer für das St. Pius-Haus, die einstige Sommerresidenz katholischer Würdenträger in Schirgiswalde. Die Suche gestaltet sich schwieriger als zunächst erwartet.


Eine der Tapeten mit einem Motiv die Landnahme der Europaer in Südamerika.

 

Seit 2006 sind die Lichter aus im Sankt-Pius-Haus in Schirgiswalde. 14 Kilometer südlich von Bautzen gelegen, erhebt sich inmitten von 10 800 Quadratmetern Park die ehemalige Sommerresidenz des katholischen Domkapitels St. Petri zu Bautzen mit 600 Quadratmetern Wohnfläche. Idylle, Abgeschiedenheit, Platz für Träume.
Die bislang keiner träumen will, obwohl das Anwesen seit dem Auszug eines Kindergartens in eine ausgebaute Scheune leersteht und die Kirche Käufer sucht, sagt Domdekan Andreas Kutschke. Auch bei zwei Auktionen im August fanden sich keine Bieter, trotz der als Startgebot aufgerufenen 195 000 Euro.
 
Blick vom Park auf das zum Verkauf stehende Schirgiswalder Piushaus. | Fotos: Michael Kunze

„Liebhaberobjekt“ braucht ein durchdachtes Nutzungskonzept
Jahrelang hatte das Domkapitel in Branchenkreisen als viel zu hoch eingeschätzte 465 000 Euro zu erzielen gehofft. Doch Putz bröckelt, Mauern sind feucht, an den Holzkastendoppelfenstern schlägt die Farbe Blasen – dazu die Lage. „Das ist ein Liebhaberobjekt, für das es eine durchdachte Nutzung braucht“, so der zuständige Repräsentant der Deutschen Grundstücksauktionen AG, Günter Thielicke.
Dass derartige Sommerresidenzen aus der Mode kommen, ist spätestens bekannt, seit Papst Franziskus die seine, Castel Gandolfo, vor zwei Jahren zum Museum gemacht hat. Das Anwesen im bis ins 19. Jahrhundert zum habsburgischen Böhmen gehörenden Schirgiswalde ist längst keine Sommerfrische mehr. Diente es nach dem Krieg Domkapitel und Bischof Petrus Legge noch als Unterkunft, nachdem dessen Haus in Bautzen beschossen und zerstört worden war, zog Ende der 1950er-Jahre eine Kirchenmusikschule ein. Seit 1972 brachte der Kindergarten Leben in das um 1700 errichtete, unter Denkmalschutz stehende Haus mit wuchtigen Gewölben im Erdgeschoss und Resten der einstigen Kapelle, Stuckdecken weiter oben und einer Besonderheit von überregionaler Bedeutung, sagt Veronika Paul. Sie ist beim Domkapitel für Bauangelegenheiten zuständig.
Pfarrer Laurenz Tammer, der in Schirgiswalde aufwuchs, kennt diese nur zu gut. Er gehörte als Kind einem Chor an, mit dem die Musikschüler im Haus das Dirigieren übten. „Als die Hauskapelle damals erneuert wurde, fand die heilige Messe vorübergehend in einem der Tapetenzimmer statt“, erinnert sich der 64-Jährige.

 
Ablenkungen für einen Ministranten der 60er Jahre
Zwei Räume sind mit in den 1820er-Jahren gedruckten Bildtapeten ausgekleidet, ein weiterer mit Architekturtapete. „Da gab es für mich als Ministranten was zu gucken während der Messe. Man musste achtgeben, den Ablauf nicht zu verpassen“, sagt Tammer schmunzelnd.
Die Tapeten müssen erhalten werden, so der Denkmalschutz. Wegen mancher Schäden werden sie im Mittelzimmer – mit farbigen Szenen von der Landnahme der Europäer in Südamerika, die Segelschiffe, Dschungel und Plantagen voller Indianer zeigen– schon mit Stützen an den Wänden gehalten. Domdekan Ignaz Bernhard Mauermann hatte sie im Zuge eines Umbaus anbringen lassen.
 
Bildtapete aus einer Tapetenmanufaktur von Weltrang
Was die von Hand in unzähligen Arbeitsschritten bedruckten Bahnen besonders macht: Sie sind nicht nur 190 Jahre alt, sondern stammen aus der seit 1797 im elsässischen Rixheim ansässigen Manufaktur Zuber & Cie mit Schauräumen in New York, Moskau oder Dubai. Drucke der in Schirgiswalde angebrachten Exemplare aus der Serie „Les Vues de Brésil“ können nach wie vor geordert werden. Zuber & Cie verfügt über ein Depot mit zehntausenden Druckstöcken aus Birnenholz. John F. Kennedys Frau Jacqueline ließ 1961 den sogenannten Diplomatic Reception Room im Washingtoner Weißen Haus mit aus dem Jahr 1834 stammenden Zuber-Bildtapeten ausstatten, die zuvor anderswo abgenommen worden waren. Popmusikerin Madonna zählt zu den Kunden des Hauses, schrieb die Zeitung „Die Zeit“. Eine historische Zuber-Panoramatapete aus 32 Bahnen erzielte vor Jahren auf einer Auktion 40 500 US-Dollar und galt seinerzeit als teuerste je verkaufte.
Dass sich angesichts des papiernen Schatzes bislang kein Käufer gefunden hat, „ist sehr schade“, so Domdekan Kutschke, der mangels einer geeigneten kirchlichen Nutzung weiter auf Interessenten in der sogenannten Nachverkaufszeit zu den jüngsten Auktionen hofft.
 
Näheres über die langwierige Herstellung der Bildtapeten erfahren Sie auf der Internetseite der Tapeten-Manufaktur Zuber & Cie.
 
Von Michael Kunze