Anstoß 33/2020
Davor bewahrt, im Leid zu versinken
Wenn die Anzahl der Verfilmungen etwas über die Bedeutung einer Geschichte aussagt, muss die Legende von Robin Hood, dem Hauptmann der Geächteten vom Sherwood, wirklich wichtig sein.
Immer wieder wurde diese Geschichte auf die Leinwand gebracht. Die Menschen scheinen solche Geschichten zu lieben, in denen selbstlose Helden ihr Leben einsetzen, um das Leben anderer zu retten. Ein Blick in das Alte Testament zeigt, wie alt diese Hoffnung ist. Im zweiten Teil des Buches Jesaja ist von einem Gottesknecht die Rede, der verachtet und geschlagen wird, aber im Vertrauen auf Gott das Übel überwindet und den Menschen damit Heil bringt.
Die Anhänger des neuen Weges, wie die ersten Christen genannt wurden, erkannten Jesus Christus in dieser prophetischen Gestalt wieder. Für sie war Jesus die Erfüllung ihrer Hoffnungen. Er war der leidende Gottesknecht, der Schmähungen und Spott ertragen und sein Leben hingegeben hat und damit die Dinge wieder in Ordnung gebracht hat.
Im Evangelium fragt Jesus seine Jünger: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ und Petrus bekennt: „Du bist der Messias.“ (Markus 8,29) Diese Frage stellt Jesus durch die Zeit hindurch allen, die sich zu ihm bekennen: „Für wen haltet ihr mich?“
Die frühe Kirche hat mit einem Bild auf diese Frage geantwortet: Christus medicus. Christus ist wie ein Arzt, der Heilung für die Seele bringt und den Menschen davor bewahrt, im Leid zu versinken.
Im Johannesevangelium gibt Jesus selber eine Antwort auf diese Frage. Er ist der Weg, auf dem ich Gott finden kann und dieser Weg verweist mich direkt auf meinen Nächsten. (Johannes 14,6) Jesus zeigt mir, dass ich Gott in dem Freund finde, der um meine Hilfe bittet; in der Nervensäge, die meine Gelassenheit herausfordert; in dem Flüchtling, der hilflos an meine Tür klopft und auf jeden Fall am Grunde meiner Seele.
„Für wen haltet ihr mich?“ Diese Frage stellt Jesus seinen Jüngern durch die Jahrhunderte hindurch. Welche Antwort geben wir?
Pfarrer Marko Dutschke, Görlitz