Anstoss 34/2018
DDR-Ausreiser und Flüchtlinge
Vor 30 Jahren waren sie ein großes Thema: die Ausreiser aus der DDR. Immer mehr wollten weg und hatten genug von dem Land, das Menschen ständig bevormundete und dessen Läden so ganz anders aussahen als die Intershops. Die einen versuchten todesmutig über die Grenze zu kommen, andere stellten den Ausreiseantrag.
Was im Westen wirklich wartete, konnten die meisten nur ahnen. Am wichtigsten war die Hoffnung, dass es drüben besser wäre. Für die DDR war für sie Hopfen und Malz verloren. Die einen wollten aus politischen Gründen weg, andere wollten endlich durch die Welt reisen, ein gutes Auto fahren, sagen können, was sie wollen oder einfach in einem reichen, sicheren Land leben.
Viele hatten Glück und trafen Menschen, die ihnen im neuen West-Leben halfen. Der Staat Bundesrepublik tat es mit Freikäufen, Begrüßungsgeld und Eingliederung. Viele fanden eine neue Heimat.
Was unterscheidet die DDR-frustrierten Ausreiser von damals eigentlich von den Flüchtlingen heute? Außer der Nationalität meine ich. Viele wollen nach Europa, weil sie der Misere in ihren Ländern entkommen wollen. Wer zu DDR-Zeiten weg wollte, wird das nachvollziehen können. Ganz egal, aus welchen Gründen. Viele nehmen dabei unglaubliche Risiken in Kauf und setzen ihr Leben aufs Spiel. Für manche ist es im wahrsten Wortsinn die letzte Rettung vor Verfolgung, Krieg und Tod.
Papst Franziskus ist in dieser Frage in seinem neuen Lehrschreiben „Gaudete et exultate“ eindeutig: „Einige Katholiken betrachten die Lage von Migranten als nebensächliches Thema.“ Eine solche Haltung sei aber allenfalls bei einem „um seinen Erfolg besorgten Politiker“ verständlich, „aber nicht bei einem Christen“. Zu einem Christen passe nur die Haltung, „sich in die Lage des Bruders und der Schwester zu versetzen, die ihr Leben riskieren, um ihren Kindern eine Zukunft zu bieten“.