Frauen in der Kirche: Teil 2

Der Glaube wird bleiben

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Ann-Christin Pelke war evangelisch, fühlte sich aber schon als Kind im katholischen GlaubeAn wohler. Er stärkte sie vor allem nach einem Schicksalsschlag. Schließlich konvertierte die junge Frau – was sie bis heute nicht bereut. Obwohl die katholische Kirche für sie reformbedürftig ist.


Ann-Christin Pelke arbeitet als Jugendreferentin. Für den katholischen Glauben hat sie sich ganz bewusst entschieden. Foto: Theresa Brandl

Der Wendepunkt ist die Osternacht 2016. Nach der Jugendmesse sind alle eingeladen, in der Kirche zu bleiben und „die ganze Nacht zu quatschen“. Ann-Christin Pelke erlebt, wie schön es ist, sich mit Gleichgesinnten über den Glauben auszutauschen. Die intensiven Gespräche prägen sie bis heute. Nach dieser Nacht fasst Ann-Christin Pelke einen Entschluss: Sie möchte konvertieren und Teil der Gemeinschaft sein, der sie sich so zugehörig und nahe fühlt. Sie vertraut sich Gemeindereferentin Johanna Richter an, die sie von da an auf diesem Weg begleitet. 

In einem Vorbereitungskurs lernt Pelke alles, was sie wissen muss: Sakramente, Taufpatrone, Glaubensbekenntnis, wann im Gottesdienst sitzen, wann knien? An einem Samstagabend in der Pfarrkirche in Gellenbeck ist es dann soweit. Ann-Christin Pelke darf die Messe mitvorbereiten und Wünsche äußern, ihr Kinderchor singt. Nach dem Gottesdienst kommen die Gläubigen auf sie zu und gratulieren ihr. Sie ist jetzt eine Katholikin. 

Pelke wächst im katholisch geprägten Hagen-Gellenbeck auf. Im katholischen Kindergarten fühlt sie sich so wohl, dass sie sich später auch für den katholischen Kinderchor, katholische Gruppenstunden und das Zeltlager entscheidet. In der Grundschule wird die Klasse im Religionsunterricht geteilt, die katholischen Kinder bleiben im Klassenraum, die evangelischen müssen den Raum wechseln. Ich habe mich sehr ausgegrenzt gefühlt“, sagt Ann-Christin Pelke. Als die Erstkommunion ansteht, verstärkt sich dieses Gefühl nochmals. Im Jahrgang kommen damals 56 Kinder zur Erstkommunion. Ann-Christin Pelke ist nicht dabei. Dennoch entscheidet sie sich in der achten Klasse bewusst für die Konfirmation. In der Hoffnung, dass sie ihren Glauben stärken kann. 

Doch es fühlt sich nicht richtig an. Im Konfirmandenunterricht gibt es ein Punktesystem. Die Jugendlichen müssen Gottesdienste besuchen und Punkte sammeln, um zur Konfirmation zugelassen zu werden. „Das war für mich eher ein Zwang, dahinzugehen“, erinnert sich die 24-Jährige. Damals singt Pelke auch regelmäßig mit dem Kinderchor in den katholischen Sonntagsgottesdiensten. Darauf freut sie sich mehr als auf das Punktesammeln. Die Konfirmation ist ein besonderer Tag, doch „danach war es auch vorbei, dann kam nichts mehr“. 

Der evangelische Glaube macht ihr keine Angebote mehr

Der evangelische Glaube macht ihr keine Angebote, während sie sich zum katholischen immer stärker hingezogen fühlt. Letztlich so sehr, dass sie sich nach dem Abitur für ein Freiwilliges Soziales Jahr entscheidet: im Jugendbüro ihrer Heimatgemeinde. Im November 2015 plötzlich ein schwerer Schicksalsschlag: Ihre Mutter verunglückt bei der Arbeit in der Gastronomie und liegt ein halbes Jahr im Krankenhaus. Ihr Gottvertrauen ist erschüttert. Sie fragt sich: „Warum passiert sowas?“ Eine Antwort hat Ann-Christin Pelke bis heute nicht gefunden. Dennoch: „Ich bin durch meinen Glauben besser damit klargekommen und er hat mir auch Kraft gegeben.“ 

Mittlerweile realisiert Ann-Christin Pelke, dass sie sich neben ihrem Glauben auch für eine reformbedürftige Institution entschieden hat. Als Ende 2018 öffentlich wird, dass in ihrer Heimatpfarrei Gellenbeck ein Priester lebte, der früher Kinder sexuell missbraucht hatte, sieht sie sich mit unangenehmen Fragen konfrontiert: „Warum machst du das? Warum arbeitest du für die Kirche?“  Sie ist wütend über die mangelnde Aufklärung, sagt, es werde immer noch vieles totgeschwiegen. Das dürfe nicht sein bei einem Thema, das viele psychisch belas­te. Nach vielen Diskussionen müssten endlich Taten folgen. 

Auch in der Frauenfrage: „Ich finde es gut, dass Frauen gleichberechtigt  als Koordinatorinnen eingesetzt werden und dass Frauen nicht nur Beiläufer sind. Das sind wir eben nicht!“, sagt Pelke bestimmt. Sie selbst ist Jugendreferentin der Pfarreiengemeinschaft Georgsmarienhütte-Ost und für die Jugendlichen von Maria Frieden und Kloster Oesede zuständig. Oft stellt sie sich vor, was passieren würde, würden alle Frauen in der Kirche ihren Dienst niederlegen. Frauen müssen Priesterinnen werden und predigen dürfen, davon ist Ann-Christin Pelke überzeugt. Sie sieht noch Zukunft in dieser katholischen Kirche, für die sie sich so bewusst entschieden hat. Sie bleibt, weil sie hofft, dass sich etwas verändert. Und wenn nicht? Der Glaube, sagt Ann-Christin Pelke, wird bleiben. Aber die Kirche als Arbeitgeber? Ungewiss.

Theresa Brandl

 

Dieses Porträt ist Teil der Reihe "Frauen in Kirche". Insgesamt erzählen sieben Frauen, warum sie in der Kirche bleiben.

Teil 1

Es folgen:
- eine Ordensschwester
- eine junge Frau, die sich ehrenamtlich in der Jugendarbeit engagiert und im Regionalvorstand des BDKJ sitzt
- eine Mutter, die den Glauben an ihre Kinder weitergibt
- eine junge homosexuelle Katholikin
- eine engagierte Frau der Reformbewegung Maria 2.0

Anlass ist die Podiumsdiskussion "Keine Kirche ohne Frauen" am 29. April. Anmeldung zur Onlineveranstaltung bis 23. April.