Berufung zur Diakonin und Predigerinnentag
Die Hoffnung auf eine Weihe bleibt
Foto: Anja Sabel
Gabriele Kuhlmann ist Seelsorgerin im Christlichen Krankenhaus Quakenbrück. Tag für Tag begleitet sie Kranke, Sterbende und Trauernde, ist konfrontiert mit Leid. Aber sie mag den Dienst am Menschen – das Zuhören, die Nähe, für andere da sein, intensive Gespräche, Trost spenden, Segensfeiern am Sterbebett, Gebete, Gottesdienste in der Krankenhauskapelle. „Das sind meine Stärken, und ich bin immer wieder dankbar, dass ich meiner Berufung als Diakonin folgen kann.“
2018, beim Katholikentag in Münster, lernte sie an einem Stand auf der Kirchenmeile das „Netzwerk Diakonat der Frau“ kennen. „Die Gespräche dort haben mich unglaublich inspiriert“, sagt sie, obwohl sie den Gedanken, sich zur Diakonin fortbilden zu lassen, erst einmal zur Seite schob. Weil „ich doch schon längst diakonisch unterwegs bin“. Gleichzeitig reizte sie eine neue berufliche Herausforderung. Als sie sich im Personalreferat des Bistums beraten ließ, hieß es dort: „Werd‘ doch Diakonin. Wir können dich anschließend zwar nicht einstellen, aber mach' es einfach.“
Gabriele Kuhlmann bewarb sich beim „Netzwerk Diakonat der Frau“, das die einzigen Kurse dieser Art deutschlandweit anbietet, und zwar im Franziskanerinnenkloster Waldbreitbach in Rheinland-Pfalz. Die anspruchsvolle Fortbildung "Diakonische Leitungsdienste für Frauen" hat Kuhlmann nach dreieinhalb Jahren erfolgreich abgeschlossen, zusammen mit zwölf weiteren Frauen. Mit Zertifikat und bischöflichem Segen. Sie ist ebenso qualifiziert wie die männlichen Kollegen. Ohne Weihe befindet sie sich allerdings in einer Warteposition.
Es wurmt sie, dass Frauen und Männer in der Kirche nicht gleichberechtigt sind. Sie habe sich zum Beispiel immer gewünscht, als Seelsorgerin einen Gegenpol zum Leid im Krankenhaus zu haben und auch taufen zu dürfen. Seit dem vergangenen Jahr dürfen im Bistum Osnabrück auch nicht geweihte Personen taufen. Dass das noch nicht überall umgesetzt werden kann, bedauert neben Kuhlmann auch Monika Robin, Gemeindereferentin in Quakenbrück. „Ich habe schon erlebt, dass Tauffamilien den Schritt zu den Männern ins Pfarrhaus nicht geschafft haben.“ Stattdessen habe man sie gefragt. „Von Frau zu Frau oder von Mutter zu Mutter ist es eben oft leichter, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.“
Gabriele Kuhlmann möchte die Hoffnung auf das Diakoninnenamt nicht aufgeben. Es gibt viele Menschen, die sie unterstützen und anerkennende Worte finden. Das Bistum finanzierte ihre Fortbildung sogar, und das Seelsorgeamt hat sie und ihre Mitstreiterin Andrea Tüllinghoff aus Osnabrück jetzt zu einem kleinen Empfang eingeladen. Sie habe das auch für die jüngere Generation getan, betont die Mutter von vier Kindern. Um Mut zu machen: "Liebe junge Frauen, es bewegt sich was in der Kirche. Sie steht nicht still." Außerdem habe sie sich auch gern noch mal theologisch damit auseinandersetzen wollen, was diakonisch ist. "Muss die Kirche vielleicht diakonischer werden, damit sie überleben kann? Was kann ich als Frau mit bewegen? Und: Fühle ich eine Berufung in mir oder nicht?“
Muss die Kirche vielleicht diakonischer werden, damit sie überleben kann?
Vor allem jüngere Frauen sind überzeugt, dass der Zug für die katholische Kirche längst abgefahren ist. Selbst engagierte Frauen mittleren Alters hadern und denken über einen Austritt nach. Dass sich Gabriele Kuhlmann auf den Weg zur Diakonin gemacht hat, dass Frauen in der Kirche generell ein bisschen sichtbarer werden, „hat dazu geführt, dass einige geblieben sind und erst mal abwarten“, sagt Monika Robin. Aber die Geduld sei nicht unendlich.
Die Pfarreiengemeinschaft Artland beteiligt sich am bundesweiten Predigerinnentag vom 29. April bis 17. Mai, den die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) veranstaltet. Gabriele Kuhlmann wird am Sonntag, 5. Mai, in der St.-Marien-Kirche in Quakenbrück predigen. Der Predigerinnentag, erklärt Monika Robin stolz, sei aber nichts Besonderes in Quakenbrück, denn predigen dürfen Frauen dort schon lange. Vor ein paar Jahren beispielsweise wurde in der Kirche ein Apostelinnenleuchter installiert, verbunden mit zwölf Frauennamen. „Wir haben zu diesen Frauen einmal im Monat eine Eucharistiefeier gestaltet und gepredigt“, sagt Robin.
Über ihre Predigt am 5. Mai hat sich Kuhlmann schon Gedanken gemacht. Im Sonntagsevangelium spricht Jesus von Freunden – nicht mehr von Knechten. Und Freunde, sagt Kuhlmann, sind gleichberechtigt, auf Augenhöhe. Darauf werde sie eingehen, in Anspielung an das Amt der Diakonin. Nach dem Gottesdienst gibt es einen kleinen Empfang mit Kaffee und Sekt, denn die Gemeinde und alle, die sie begleitet haben, möchten unbedingt mit ihr feiern.
Zur Sache
Seit 1998 veranstaltet der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) am 29. April, dem Gedenktag der heiligen Katharina von Siena, den "Tag der Diakonin". Damit setzt sich der Verband für die Öffnung des sakramentalen Diakonats für Frauen ein. Frauen und Männer sind in gleicher Weise zum Dienst am Nächsten befähigt und ihnen sollen auch Ämter in gleicher Weise offenstehen. Gemeinsam mit der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), dem "Netzwerk Diakonat der Frau" und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) lädt der KDFB jährlich zu einer zentralen Veranstaltung am "Tag der Diakonin" ein.
Der 29. April ist auch Starttermin für den bundesweiten Predigerinnentag. Von Jahr zu Jahr beteiligen sich mehr Frauen, die ihre Berufung überzeugend sichtbar werden lassen. Die Veranstaltung endet am 17. Mai, dem Fest der Apostelin Junia - eine zweite starke Frau neben der heiligen Katharina von Siena, die in ihrer Zeit den Glauben überzeugend und mutig gelebt und verkündet hat.
In diesem Jahr setzen engagierte Christinnen mit ihrer Predigt ein kirchenpolitisches Signal für die Aufhebung des Predigtverbots für Laien in der Eucharistiefeier und für die Umsetzung der Beschlüsse des Synodalen Weges.
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