Anstoss 49/19
„Die Nacht ist vorgedrungen“
Es gibt im Leben nicht nur schöne, lichtvolle Momente, es gibt auch so manches Schwere und Leidvolle. Wir sprechen von dunkler Nacht. Auch in dieser Adventszeit gibt es diese dunkle Nacht, wo Menschen kein Licht, keine Perspektive sehen, alles scheinbar sinnlos erscheint.
Auch Christen und manche großen Gestalten der Kirchengeschichte erleben, erleiden und beschreiben diese dunkle Nacht, wo sie zweifeln und verzweifeln – auch an Gott, der doch das Licht der Welt ist.
Diese dunkle Nacht seines Lebens beschreibt Jochen Klepper, der Texter des Liedes „Die Nacht ist vorgedrungen…“ Es gehört zu unseren Adventsliedern – stimmungsvoll, sehnsuchtsvoll, aber auch traurig. Klepper beschreibt sich selbst und seine Familie, ihr Leid, ihre Verzweiflung, ihren letzten Weg – ein Weg, der getragen ist von einem großen Gottvertrauen. Klepper, der niederschlesische Pfarrerssohn, Theologe und Dichter textet dieses Lied 1938. Er hatte eine jüdische Frau geheiratet, die sich sogar hat taufen lassen, auch um den Nationalsozialisten zu entkommen. Sie hatten Kinder. Dann die Reichsprogromnacht am 9. November 1938, es brannten die Synagogen und die jüdischen Bürger wurden ab jetzt geächtet und deportiert. Die Vernichtung in den Gaskammern begann. Doch das Schlimmste geschieht einige Zeit später. Die Nazis bedrohen Klepper mit der Zwangsscheidung von seiner jüdischen Frau. Doch er weigert sich und weiß, das bedeutet Auseinandereißen der Familie und Deportation. Er beschießt, mit seiner Frau und der Familie lieber in den Tod zu gehen – sie begehen Selbstmord, um dem KZ zu entgegen. Seine letzten Worte: „Wir sterben nun – ach, auch das steht bei Gott – Wir gehen heute Nacht gemeinsam in den Tod. Über uns steht in der letzten Stunde das Bild des segnenden Christus, der um uns ringt. In dessen Anblick endet unser Leben.“