Interview mit Pax-Christi-Engagiertem

Die Sprache der Waffen beenden

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Ein Mann hält ein Buch
Nachweis

Foto: Matthias Petersen

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Gerrit Schulte hat einst zur historischen Friedensforschung promoviert. Wichtige Impulse hat er durch die Schriften des Pazifisten und Journalisten Hellmut von Gerlach (1866-1935) bekommen.

Die katholische Friedensbewegung Pax Christi (PC) beteiligt sich an einer Veranstaltung in Osnabrück, zu der ehemalige Zivildienstleistende eingeladen sind. Auch junge Leute können dabei sein, die sich mit der Frage nach einem militärischen Dienst beschäftigen. Fragen dazu an PC-Mitglied Gerrit Schulte.

Sie haben zu einem Abend für Kriegsdienstverweigerer eingeladen, den Sie „Veteranentreffen“ nennen. Was ist genau vorgesehen?

Unter der Überschrift „Friedenstüchtig – eine Frage der Entscheidung“ geht es um eine positive Würdigung derer, die vor vielen Jahren den Kriegsdienst verweigert und damit eine ihr Leben prägende Entscheidung gefällt haben. Wir wollen nachfragen, was sie damals zugrunde gelegt haben. Und wir wollen die Arbeit würdigen, die sie für den Frieden in der Gesellschaft geleistet haben, im Bereich der Pflege, im Bereich der Ökologie, im Bereich technischer Hilfswerke und an vielen anderen Stellen, was ja auch ein wichtiger Friedensdienst ist. Das Datum ist bewusst gewählt: Am 12. November ist der 70. Jahrestag der Wiederbewaffnung Westdeutschlands.

Es sind also vornehmlich ältere Semester eingeladen?

Nein, wir gehen auch in einen Dialog mit jungen Menschen, die vor der Frage stehen, ob sie sich für einen Dienst an der Waffe entscheiden sollen. Letztlich müssen sie diese Entscheidung selbst treffen. Aber wir wollen ihnen dazu Hilfen an die Hand geben; deswegen kommt der Beauftragte für Friedensfragen der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover zu uns, Felix Paul, der über Kriegsdienstverweigerung gestern und heute sprechen wird.

Wie kommt es zum Begriff „Veteranen“ – der wird doch eher für altgediente Soldaten gewählt?

Das ist natürlich augenzwinkernd gemeint. Gleichzeitig hat es auch eine ernste Seite, die deutlich macht: Nicht nur Soldaten leisten einen für die Gesellschaft und das Land wichtigen Dienst, sondern auch Zivildienstleistende. 

Was sagen Sie Menschen, die es angesichts der Bedrohung durch Russland für blauäugig halten, gerade jetzt den Kriegsdienst zu verweigern?

Wer in den 1970er oder 1980er Jahren verweigert hat, wurde gern als „Vaterlandsverräter“ bezeichnet. Ähnliche verbale Aggressionen nehme ich auch heute wahr. Da heißt es schnell: Ihr lasst die Ukraine im Stich. Aber Pazifismus heißt ja nicht, dass man einem Land, das von einem Aggressor angegriffen wird, das Recht auf Selbstverteidigung abspricht. Pazifismus hat eine vielfältige Geschichte, die sich seit der Aufklärung entwickelt hat und auch das Völkerrecht umfasst. Kirchlich betrachtet war Papst Johannes XXIII. wichtig und seine Absage an den sogenannten Gerechten Krieg. Ich persönlich halte meine Entscheidung, die ich damals getroffen habe, heute für wichtiger denn je, weil es eine innere Haltung zum Ausdruck bringt, die Frieden fordert - gerade in Zeiten des Krieges.

Was wünschen Sie sich für die nahe Zukunft? 

Zum einen fordern wir für den Ukrainekrieg einen sofortigen Waffenstillstand und dann Verhandlungen, die zum Frieden führen. Aber wir denken auch weiter und wollen Grundlagen für eine Politik der Gewaltfreiheit schaffen, wir wollen die Sprache der Waffen beenden. Zum Beispiel sind jetzt Sperrverträge für bestimmte Bewaffnungen wichtiger denn je. Ich denke an die Entwicklung automatisierter Waffen. Und was wir im Krieg der Drohnen erleben, suggeriert, das Töten sei ein Videospiel. Die Menschlichkeit wird verraten.

Interview: Matthias Petersen

Impulsgeber für den Abend ist der Politische Frühschoppen, der sich regelmäßig im Stadtgaleriecafé am Markt in Osnabrück trifft, wo die Veranstaltung am Mittwoch, 12. November, um 18 Uhr beginnt. Pax Christi ist Mitveranstalter.