Papst Johannes Paul II. war Thema im Eichsfeld-Forum
Ein Abend zum „eiligen Vater“
„Er war ein Missionar, ein Verkünder. Wenn ich ihn mit einem Fußballspieler vergleiche, dann war er der Stürmer. Für die Weltöffentlichkeit und für die Medien war er die Nummer eins – ein Mensch, an dem man nicht vorbeikommen konnte.“ So beschrieb Jesuitenpater Eberhard von Gemmingen aus München im ersten Eichsfeldforum nach der Sommerpause Papst Johannes Paul II.. Gebeten hatte ihn Niklas Wagner, Geschäftsführer des Bildungswerkes im Bistum Erfurt, mit wenigen treffenden Worten dieses Oberhaupt der katholischen Kirche zu charakterisieren. Der Abend des 10. September im Marcel-Callo-Haus war dem 100. Geburtstag von Papst Johannes Paul II. gewidmet, dem früheren Krakauer Erzbischof Karol Wojtyla, geboren am 18. Mai 1920 im polnischen Wadowice. Zum Papst gewählt wurde er am 16. Oktober 1978 und starb nach fast 27 Jahren in diesem hohen Amt am 2. April 2005.
Pater von Gemmingen leitete von 1982 bis 2009 die deutschsprachige Sektion von Radio Vatikan, dem Sender, dessen Beiträge täglich in der Welt in etwa 35 Sprachen zu hören sind. Mit seinem spannenden Vortrag war die Absicht verbunden, „eine hervorragende Persönlichkeit in Erinnerung zu rufen“. Die Papst-Botschaft zu Beginn seines Pontifikats „Habt keine Angst, öffnet die Tore weit für Christus“, ließ die Welt aufhorchen, auch die politischen Machthaber in den sozialistischen Ländern.
Sein Wirken habe, wie Pater von Gemmingen unterstrich, wesentlich zum Zusammenbruch des Kommunismus beigetragen. Vieles in seiner Amtszeit war neu für alle, die ihn erlebten, sich über ihn in der Zeitung, im Rundfunk oder Fernsehen informierten. Dass ein Papst am Ende einer Messe im Freien einfach noch bei den Christen blieb, Erwachsenen die Hand auf die Schulter legte oder ein Kind auf den Arm nahm, hatte es noch nie zuvor gegeben. Eine weitere Neuerung: Fünfzig Journalisten durften ihn auf seinen zahlreichen Reisen im Flugzeug begleiten, ihm Fragen stellen, die er bereitwillig beantwortete, ohne dass diese Fragen vorher schriftlich eingereicht werden mussten.
Die Welt sollte sich öfter an den Papst erinnern
Weil noch kein Papst vor Johannes Paul II. so viele Reisen in alle Kontinente der Erde unternommen hatte, sprach der Jesuitenpater davon, dass aus dem heiligen Vater ein eiliger Vater geworden sei. Er weilte im französischen Taizé, sprach im Bundestag, vor dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland und vor den Vereinten Nationen, wo er entschieden gegen das Wettrüsten auftrat, empfing Michael Gorbatschow und trug bei zur Ökumene in Mitteleuropa. Auf seine Idee geht das Weltjugendtreffen zurück, das er eigentlich zunächst als einmaligen Höhepunkt vorgeschlagen hatte. Seine Erklärung zur Religionsfreiheit hat zum Inhalt, Religion dürfe keinem Menschen aufgezwungen werden, jeder Einzelne habe das Recht, nach seinem Gewissen zu entscheiden. Pater von Gemmingens Wunsch lautete, heute sollte sich die Welt öfters an Worte des Papstes erinnern.
Viele Menschen würden den Vatikan als eine kleine Familie betrachten, in der sich alle gut kennen. Deshalb hörte und hört er nicht selten: „Sicher waren Sie mit Papst Johannes Paul II persönlich bekannt.“ Darauf antwortet Pater Eberhard von Gemmingen: „Wir haben uns die Hand gereicht, beispielsweise immer dann, wenn ich ihm gemeinsam mit anderen Vatikan-Mitarbeitern frohe Ostern oder frohe Weihnachten gewünscht habe. Aber eine enge Bekanntschaft war gar nicht möglich, weil in der Vatikanstadt 4000 Menschen arbeiten.“
Von Christine Bose