Am Samstag wurde Heiner Wilmer zum 71. Bischof von Hildesheim geweiht

Ein Bischof für die Menschen

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Es war ein feierlicher Gottesdienst und ein fröhliches Fest auf dem Domhof: Am Samstag wurde Heiner Wilmer zum 71. Bischof von Hildesheim geweiht. Als er das erste Mal auf seinem Bischofsstuhl im Hildesheimer Dom Platz nahm, brandete lang anhaltender Beifall auf. Gleich in seiner ersten Ansprache sparte der neue Bischof ein schwieriges Thema nicht aus: sexuellen Missbrauch.


Bischof Heiner Wilmer nimmt zum
ersten Mal auf der Kathedra Platz –
und die Menschen  im Dom freuen
sich mit ihm. | Foto: bph/Schulze

Den fast vierstündigen Gottesdienst verfolgten rund 4500 Gläubige, die sich im Hildesheimer Dom, auf dem Domhof sowie in den benachbarten Kirchen St. Godehard und Heilig Kreuz versammelt hatten. Auf dem Domhof und in den beiden Kirchen ließ sich die Bischofsweihe auf einer Großbildleinwand und auf gro­ßen Bildschirmen verfolgen. Außerdem wurde der Gottesdienst im Internet übertragen.

Der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterović, überreichte Wilmer die päpstliche Ernennungsurkunde. Als Zeichen der Demut vor Gott und seinem neuen Amt legte sich Heiner Wilmer während der Allerheiligenlitanei auf den nackten Steinfußboden des Domes – mit dem Gesicht nach unten.

 


Bischof Norbert Trelle überreicht
seinem Nachfolger die Lipsanothek,
das Gründungsreliquiar des Bistums
Hildesheim.

Trelle überreicht das Gründungsreliquiar

Der eigentliche Weiheakt erfolgte durch die Salbung und die Handauflegung von Erzbischof Stefan Heße und seinen Mitkonsekratoren Bischof Norbert Trelle und Weihbischof Johannes Wübbe aus Osnabrück. Anschließend legten rund zwei Dutzend Bischöfe Wilmer ebenfalls die Hand auf. Erzbischof Heße überreichte Wilmer die bischöflichen Insignien, die Zeichen seiner Bischofswürde: Ring, Mitra, Stab und Kreuz. Im Anschluss setzte sich Wilmer auf die Kathedra, den Bischofssitz – und nahm damit das Bistum Hildesheim in Besitz. Sein Vorgänger Norbert Trelle übergab dem neu geweihten Bischof die Lipsanothek, das Gründungsreliquiar des Bistums Hildesheim.

Während seiner Ansprache, die er teilweise auf Plattdeutsch, Spanisch, Englisch, Französisch und Italienisch hielt, sagte der neue Hildesheimer Bischof: „Im Dienst an den Menschen, die im Bistum Hildesheim leben, verstehe ich mich selbst als einer unter mehreren Gehilfen zu ihrer Freude.“ Damit spielte er auf seinen Wahlspruch als Bischof „Gehilfen zu eurer Freude“ an.

Bischof in einer herausfordernden Zeit

Wilmer erklärte, ihm sei bewusst, dass er seinen Dienst in einer für die Kirche herausfordernden Zeit antrete: „Es wird schwierige Themen geben. Das schwerste und bitterste Thema ist für mich der Zusammenhang von sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch in unserer Kirche. Diesem Thema werde ich mich von Anfang an mit aller Kraft widmen. Was die Menschen brauchen, ist Heilung und Hoffnung.“
 


Während zwei Diakone das Evangeliar
über Pater Wilmer halten, legt er
seine Bereitschaftserklärung ab.

Der neue Bischof versprach, auch auf die Zweifler zuzugehen: „Die Zahl der Skeptiker und Agnos­tiker und jener, die mit der Kirche hadern, wächst. Sie alle lade ich zum Gespräch ein“, sagte er.

Erzbischof Heße dankte Wilmer, dass er die Wahl zum Bischof von Hildesheim nach anfänglichen Bedenken angenommen habe: „Wir alle wissen, was so ein Jawort in dieser Zeit bedeutet“, sagte er. Es sei spannend und herausfordernd, heute Bischof zu sein. Wie Wilmer kam auch Heße auf den sexuellen Missbrauch zu sprechen. Aber auch knappe Finanzen und Unsicherheiten in der Gesellschaft müssten bewältigt werden. An Bischof Wilmer gewandt, meinte Heße: „Wie du bisher ein Herz-Jesu-Pries­ter warst, werde ab heute ein Herz-Jesu-Bischof, der das Herz am rechten Fleck hat – für Gott und die Menschen.“

Wilmer zieht segnend über den Domhof

Dass Wilmer ein Bischof für alle und nicht nur für wenige sein will, zeigte sich schon kurz vor Schluss des Gottesdienstes: Er verließ den Dom und zog rund zehn Minuten segnend über den Domhof, wo er von der Menge stürmisch begrüßt wurde.

An dem Festgottesdienst nahmen mehr als zwei Dutzend katholische Bischöfe aus vielen Teilen der Welt teil, darunter auch Vertreter aus dem Partnerland des Bistums, Bolivien. Mehrere evangelische und orthodoxe Bischöfe und weitere führende Geistliche aus unterschiedlichen Konfessionen nahmen ebenfalls an der Feier teil. Auch Vertreter der jüdischen Gemeinde und der Muslime folgten dem Geschehen. Pater Carlos Luis Suarez Codorniú, der Wilmer als Generaloberer der weltweit tätigen Herz-Jesu-Pries­ter nachgefolgt ist, sprach ein kurzes Grußwort.
 


Prominente und sangesstarke Gäste: (von links)
Altbundespräsident Christian Wulff, Ministerpräsident
Stephan Weil, Staatsminis­ter Hendrik Hoppenstedt
und Oberbürgermeister Dr. Ingo Meyer.

Zu den prominenten Gästen aus Politik und Gesellschaft gehörten Bundespräsident a. D. Christian Wulff und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil. Der Ministerpräsident sagte, Staat und Kirche seien in Deutschland zwar getrennt, hätten aber gemeinsame Werte und eine gemeinsame Verantwortung für die Gesellschaft.

In einem von Pater Hans Langendörfer verlesenen Grußwort hieß der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, Wilmer im Kreis der deutschen Bischöfe willkommen. Marx dankte auch Wilmers Vorgänger Norbert Trelle, der viele Jahre die Migrationskommission der Bischofskonferenz geleitet hat und zum Schluss stellvertretender Vorsitzender des Gremiums war. Sein Dank galt ebenso Weihbischof Dr. Nikolaus Schwerdtfeger, der das Bistum knapp ein Jahr lang als Diözesanadministrator kommissarisch geleitet hat.

Der Hildesheimer Oberbürgermeister Dr. Ingo Meyer sagte, die Erwartungen an den neuen Bischof seien hoch. Man solle sie aber nicht ins Unermessliche steigern – womit er dem neuen Bischof wohl aus dem Herzen gesprochen haben dürfte.

Der Vorsitzende des Diözesanrates, Claus-Dieter Paschek, hieß Wilmer im Namen des Volkes Gottes willkommen: „Die Herde im Bistum Hildesheim, mit ihren weißen, gefleckten und auch schwarzen Schafen begrüßt ihren Hirten.“


Auf dem Domhof feiern rund 1000 Menschen die
Bischofsweihe vor der Großbildwand andächtig mit.

Im Anschluss an den Gottesdienst nahm Bischof Wilmer auf dem Domhof die Glückwünsche der Gläubigen entgegen. Stundenlang war er von einer Menschentraube dicht umdrängt. Mehrere tausend Menschen feierten bei schönstem Sommerwetter bis in den späten Nachmittag hinein. Unter den Feiernden waren auch mehrere hundert Gäs­te aus dem Emsland, der Heimat Wilmers.

 

Jetzt ist er unser Bischof Heiner

Es ist 6.15 Uhr. In etwas mehr als zwei Stunden wird der Dom geöffnet, noch knapp vier Stunden bis zum Beginn der Bischofsweihe. Doch bereits die ersten Gläubigen stehen vor dem Dom und warten, hoffen darauf, dass sie einen der viel begehrten, nicht reservierten Plätze in der Bischofskirche ergattern. Um 8.30 Uhr stehen fast 400 in der Schlange. Als der Dom geöffnet wird zählen Ordner ab. Wer einen Platz im Dom bekommt, freut sich, die anderen nehmen vor der Großbildwand auf dem Domhof platz, gehen in die Kirche Zum heiligen Kreuz oder in die Basilika St. Godehard. In beide Gotteshäuser wird der Weihegottesdienst übertragen. Genau wie im Dom singen und beten die Menschen mit, sind ganz nah dabei.
 


Länger als geplant dauert der Segensrundgang
Wilmers über den Domhof und durch den Dom.
Vor Händeschütteln kommt er kaum zum Segnen.

Nach der Wandlung ziehen Ministranten, Priester und Kommunionhelfer von der Bischofskirche in einer kleinen Prozession zu den beiden Kirchen, bringen die konsekrierten Hostien. Genau wie im Dom wird die Kommunion verteilt. „Ich hätte zwar gerne dort den Gottesdienst miterlebt, aber dabei war ich hier in Heilig Kreuz auch“, sagt eine ältere Dame. Und ihre Freundin ergänzt: „Wahrscheinlich haben wir die Weihe auf der Leinwand viel besser gesehen, als wenn wir hinten im Dom gesessen hätten.“

Auch auf dem Domhof ist die Stimmung gut. Als der frischgeweihte Bischof aus dem Dom tritt und zum ersten Mal seinen bischöflichen Segen spendet, wird er mit Beifall begrüßt, der gar nicht enden will. „Jetzt ist er unser Bischof Heiner“, erklärt eine junge Frau ihrem Töchterchen. Zahlreiche Hände strecken sich Bischof Heiner entgegen, ein kleiner Vorgeschmack auf den Gratulantenreigen nach dem Gottesdienst.

Nach rund vier Stunden: Schlusssegen und Auszug. Erzbischof Edmundo Abas­toflor aus La Paz, Bolivien, meint: „Ihr lernt von uns. Eure Gottesdienste dauern fast schon so lange wie bei uns in Bolivien.“ Über die Wahl von Heiner Wilmer freut er sich besonders: „Er braucht bei Partnerschaftsbesuchen keinen Dolmetscher.“ Denn Spanisch gehört zu den Sprachen, die Wilmer fließend spricht.
 


Dicht umdrängt: Verwandte, Freunde, Wegbegleiter
und viele Gläubige aus dem Bistum Hildesheim gratulieren
dem neuen Hildesheimer Bischof.

Bei Brötchen mit Leberkäse oder Schnitzel, gefüllten Wraps und Laugenbrezeln sowie Kaltgetränken wird die Bischofsweihe zu einem richtigen Bistumsfest. Der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Dinklar und die Blaskapelle aus Schapen, Wilmers Geburtsort, sorgen für Stimmung. Während es sich die Besucher gut gehen lassen, alte Bekanntschaften auffrischen und neue schließen, steht Bischof Heiner wie ein Fels in der Brandung – Stunde um Stunde, schüttelt Hände von zahlreichen Gratulanten, die ihn wie eine Woge umspülen. Dabei nimmt er sich bei jedem Zeit für ein paar persönliche Worte.

Viele Gläubige aus dem Bistum drängen zu ihrem Bischof, auch etliche Wegbegleiter aus vielen Ländern der Erde, Mitbrüder aus dem Orden der Dehonia­ner, Gäste aus den Orten, wo er vorher gewirkt hat, Jugendliche und junge Erwachsene, mit denen er an den letzten Wochenenden im Bistum gepilgert ist. – alle wollen ihrem Bischof Glück wünschen. Und dann ist da auch die große Schar der Emsländer. Mit Gesang versuchen sie Bischof Heiner zu sich zu locken. „Wir woll’n unser’n Heiner sehen“, skandieren sie. Doch Bischof Heiner wartet bis zum letzten Händeschütteln. Drei Stunden sind es insgesamt, dann ebbt der Strom der Gratulanten ab. Die rund 4000 Wraps, Brötchen und Laugenbrezel sind inzwischen alle, die Bierfässer sind leer, aber es gibt noch Flaschenbier, Limo und Wasser.

Egal wo man hin hört. Das Fazit zur Bischofsweihe lautet: „Es war ein tolles Fest, es war ein toller Tag!“

Matthias Bode/Edmund Deppe