Menschen berichten
Ein Blick nach vorn ins neue Jahr
Noch ist das Jahr 2019 neu. Wohl jeder hat Wünsche, Pläne, Perspektiven. Acht Menschen aus unserem Bistum berichten aus ihrer ganz persönlichen Sicht.
Ich wünsche mir mehr Ruhe und Freundlichkeit
Die 54jährige Manuela, genannt Ela, streicht über die flauschigen Strickpullover, die neu im Spendensortiment des Göttinger Mittagstisches sind. „Ich stricke selber auch. Bunte Pullover als Geschenke für andere. Aber mein Leben selbst war bisher eher von tristen Farben geprägt. Da gab es einige Schicksalsschläge zu verarbeiten. In jungen Jahren lebte ich sogar eine Zeit lang auf der Straße. Bedeutend schöner waren die Jahre in Frankreich. Wir haben bei der Weinernte geholfen und hatten so ein bisschen mehr Geld in der Tasche.
Jetzt komme ich dreimal in der Woche für eine warme Mahlzeit zum Mittagstisch in die Gemeinde St. Michael. Für das neue Jahr wünsche ich mir vor allem Ruhe. Mehr innere Ruhe, um zu mir zu kommen. Meine Kinder kommen zu Besuch, etwas Besonderes ist dafür nicht geplant. Einfach nur nett zusammen sein. Die letzten Jahre waren für mich eher durchwachsen, Krankheit und schwere Operation. Außerdem wünsche ich mir mehr Freundlichkeit in den Begegnungen. Als ich jetzt einer Frau aus dem Nachbarhaus eine frohes neues Jahr gewünscht habe, hat sie abweisend geantwortet: ‚Kennen wir uns?‘ Das tat weh, denn ich hatte es einfach nur nett gemeint.
Manuela Jotzo (54)
Regelmäßige Besucherin des Mittagstisches in St. Michael in Göttingen
Wir gehen nicht in ein fremdes Land…
In den vergangenen Tagen haben wir die Zelte hinter uns abgebrochen, wie man so schön sagt. Jetzt richten wir uns im Fränkischen neu ein, in der Heimat meiner Frau. In unserer neuen Wohnung in Bad Orb sieht es noch ein bisschen orientierungslos aus zwischen all den Kisten und Kartons, die wir noch auspacken müssen. Dabei haben wir uns von vielen Sachen getrennt. Es ist schon erstaunlich, was sich in den vergangenen 30 Jahren in unserem Haus in Hameln angesammelt hat.
Nein, mit leichtem Herzen sind wir nicht gegangen. Dafür waren wir zu gern in Hameln. Viele Freunde und Bekannte lassen wir zurück. Aber jetzt, nachdem ich im Ruhestand bin, wollten wir einen Neuanfang wagen. Noch fühlen wir uns dafür jung genug. Und unsere Kinder haben gesagt: Kommt zu uns – nicht als Babysitter, sondern einfach, damit wir uns in der Nähe haben. Das ist nicht selbstverständlich. Ich kenne Familien, da heißt es: Bleibt, wo ihr seid!
Wir freuen uns darauf, neue Menschen kennenzulernen. Mir fällt es ja nicht schwer, Kontakte zu knüpfen. Es wird sich alles ergeben, da bin ich mir sicher. Auf jeden Fall möchte ich mich mit neuen Themen befassen und in St. Georgen in Frankfurt noch mal theologische Vorlesungen und Seminare besuchen – aber ganz ohne Absichten, habe ich mir fest vorgenommen. Und dann werde ich mir ein Altenheim suchen. Nein, nicht in weiser Voraussicht, sondern als seelsorglicher Begleiter für die Menschen. Zumindest, was das angeht, will ich die Arbeit aus dem Hamelner St.-Monika-Heim fortsetzen.
Ich bin mir sicher, dass meine Frau und ich uns bald wohlfühlen werden in Bad Orb. In den vergangenen Wochen haben wir uns schon manchmal wie Abraham und Sara gefühlt. Aber wir gehen ja nicht in ein unbekanntes Land.
Hans Georg Spangenberger (66)
30 Jahre hat der Pastoralreferent in Hameln gearbeitet.
Gott suchen und meinen Glauben vertiefen
Meine berufliche Reha beenden, Motorrad fahren lernen, ins Erzgebirge reisen, das sind einige Ziele, die ich in diesem Jahr erreichen möchte. Es wird einige Veränderungen in meinem Leben geben. Das für mich wichtigste Ereignis ist die Aufnahme in die Probezeit bei der Oblatengemeinschaft in Fulda.
„Oblaten? Ist das nicht was zum Essen?“, das werde ich meistens gefragt, wenn ich von meinem Vorhaben berichte, Oblatin zu werden. Bei einem Urlaub in der Benediktinerinnenabtei zur heiligen Maria in Fulda hörte ich zum ersten Mal den Begriff „Oblate“. Damals konnte ich nichts damit anfangen. Eine Oblatin erzählte mir aus ihrem Leben. Neugierig geworden, begann ich zu recherchieren. Frauen und Männer, die sich einem Kloster anschließen und dabei in ihrem alltäglichen Umfeld bleiben. Sie finden in der Benediktsregel einen Leitfaden für ihr persönliches Leben. Was ich im Internet fand, faszinierte mich. Sich einem Kloster anschließen, wahrhaft Gott suchen, das ging mir tagelang durch den Kopf. Seit meiner Firmung 2015 bin ich dabei, meinen Glauben weiter zu vertiefen. „Warum nicht Oblatin werden?“, dachte ich mir. Ich nahm Kontakt zu Schwester Hildegard, der Oblatenrektorin in Fulda, auf.
Nun nähere ich mich der benediktinischen Spiritualität durch das Lesen der Regel des heiligen Benedikt von Nursia. Regelmäßige Treffen mit dem Oblatenkreis in Fulda geben mir wertvolle Impulse für mein Leben. Wie kürzlich, als Loslassen das Thema war. Es gibt Menschen und Dinge, die ich verloren habe oder gehen lassen musste. Ich schöpfe Kraft aus diesen Begegnungen und meinem Glauben.
Ich möchte fest zu diesem Kreis gehören. Nun warte ich aufgeregt auf meine Aufnahme in die Probezeit.
Adelheid Freier
Freie Mitarbeiterin der katholischen Öffentlichkeitsarbeit im Untereichsfeld
Platz für alle und ein offenes Ohr
Im neuen Jahr fängt es für mich in meiner Gemeinde St. Aegidien in Braunschweig mit der Sternsingeraktion an. Darauf freue ich mich immer wieder aufs Neue, weil ich merke, wie begeistert die Mädchen und Jungen sind, Gleichaltrigen in Not zu helfen. Nebenbei läuft am Jahresbeginn immer schon die Vorbereitung auf den Weltgebetstag am ersten Freitag im März. Ein zweiter Punkt, den ich gern mache und wo ich mich seit Jahren engagiere. Ich freue mich auch darauf, dass wir diesen Tag wieder ökumenisch vorbereiten und viele katholische, evangelische und freikirchliche Gemeinden mitmachen.
Im vergangenen Sommer war ich bei einer Bundeswerkstatt und habe mich schon mehrere Tage auf den Gottesdienst hier in unserer Region vorbereitet und mich auf das Land Slowenien eingelassen, das dieses Jahr im Mittelpunkt steht. Slowenien ist ein sehr gastfreundliches Land, Feiern wird großgeschrieben. Der Bibeltext über das Gleichnis vom Gastmahl, den die Frauen aus dem Balkanstaat ausgesucht haben, beschäftigt mich immer noch so sehr. Da steht: „Kommt, alles ist bereit und es ist noch Platz da.“ Im Gleichnis erzählt Jesus, wie die ursprünglich Eingeladenen ablehnen und dann die Armen und Ärmsten eingeladen werden und kommen. Der Diener des Hausherrn sagt: „Es ist noch Platz da.“
Ich frage mich: Wer ist eigentlich eingeladen, wo müssen wir vielleicht als Kirche auch hingehen, um einladend zu wirken und wirklich zu sagen, wir haben noch Platz? Ich glaube, dieser Platz wird nie ausgeschöpft sein, ich bin immer wieder eingeladen, zu kommen.
Was das ganze Jahr für mich wichtig ist, zu schauen, wie ich meinen Glauben immer wieder neu verstehen und versuchen kann, ihn zu leben: An dem Ort wo ich arbeite, bei den Kindern, den Eltern, den Kollegen, den Menschen, die mir begegnen. Für alle ist Platz und ein offenes Ohr in meiner Klasse: Für die, die wenig können, für die, die viel können. Glaube ist nicht nur etwas, was sonntags im Gottesdienst stattfindet, sondern ich versuche, ihn zu leben, auch wenn ich oft merke, dass es nur Stückwerk ist.
Simone Gellrich (51)
Grundschullehrerin und Fachberaterin für katholische Religion sowie Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) im Dekanat Braunschweig
Der eine geht, die andere kommt
Wechsel beim Gesamtverband der katholischen Kirchengemeinden in Hannover: Horst Vorderwühlbecke geht in Ruhestand, Regina Ingelmann übernimmt.
Vorderwühlbecke: 40 Jahre bin ich nun im kirchlichen Dienst, 25 davon als Referent des Regionaldechanten und als Geschäftsführer des Gesamtverbandes. Beim Blick zurück ist auffällig, wie sich vor allem der Gesamtverband verändert hat. Aus einer eher verwaltenden Einrichtung mit Finanzverwaltung und Meldewesen ist eine tätige geworden: durch die Trägerschaft des [ka:punkt] und von mittlerweile zehn Kindertagesstätten, die bisher pfarrgemeindlich waren. Das ist für mich auch die Antwort auf eine wichtige Zukunftsfrage für die Kirche: Pfarrgemeinden von Verwaltungsfragen entlasten, damit sie sich inhaltlich mehr um die Zusammenarbeit mit KiTas kümmern können.
Ingelmann: Solche Impulse möchte ich gern aufnehmen. Bisher habe ich seit 30 Jahren als Gemeindereferentin gearbeitet. Ich hatte den Wunsch nach Veränderung, nach der Übernahme von Verantwortung, von Leitung. Nun blicke ich auf eine ganze Region mit vielen Einrichtungen und auf für mich neue Fragen wie Finanzen oder Bauwesen.
Vorderwühlbecke: Ich musste mich schon damit auseinandersetzen, die Verantwortung abzugeben. Irgendwann taucht die Zahl 65 auf, da kann man es nicht mehr wegschieben. Einen Rat habe ich aber beherzigt: Nicht jetzt schon Ehrenämter zu übernehmen, sondern das erst nach dem Eintritt in den Ruhestand auf mich zukommen zu lassen. Die Frage ist ja eine andere: Was macht man privat? Da freue ich mich mittlerweile einfach darauf Freiheit zu haben. Aber diese Freiheit muss man in die Hand nehmen. Seit März gibt es ein Enkelkind – und Opasein ist cool. Und es gibt noch viele Tourenradwege an Flüssen zu entdecken.
Ingelmann: Eine deutliche Veränderung der Arbeit hat es für mich jetzt schon gegeben. Bisher als Gemeindereferentin waren viele Wochenenden verplant. In der neuen Funktion habe ich jetzt auch freie Wochenenden. Das ist für mich schon etwas Neues. Eine weitere spannende Herausforderung ist es, als Frau Kirche zu repräsentieren. Das habe ich bisher schon im Stadtteil als Gemeindereferentin gemacht. Nun mache ich das in der ganzen Stadt und Region.
Horst Vorderwühlbecke und Regina Ingelmann
Die Glut unter der Asche wieder neu entdecken
Mit großer Freude und Zuversicht blicke ich auf das Jahr 2019. Ganz besonders freue ich mich auf die Begegnung mit Menschen in unserem großen Bistum. Im Laufe des Jahres werde ich alle Dekanate besuchen. Ich freue mich aber auch sehr auf die zentralen Veranstaltungen der Jugend wie die Sternsingerdankmesse, die Chrisammesse und die 72-Stunden-Aktion. Für Letztere habe ich gemeinsam mit Ministerpräsident Stephan Weil die Schirmherrschaft übernommen. Erstmals werde ich alle diese Veranstaltungen als Bischof von Hildesheim mitfeiern und miterleben.
Ich wünsche mir, dass die Spiritualität im Bistum noch mehr an Bedeutung gewinnt und Menschen in diesen unruhigen Zeiten zu sich und zu Gott finden. Es wird darum gehen, die Glut unter der Asche wieder neu zu entdecken. Das Feuer des Glaubens, die Wärme der Worte Jesu und der Dienst an der Freude sollen im Mittelpunkt stehen. Was die Menschen brauchen, ist Heilung und Hoffnung. Meine besondere Aufmerksamkeit gilt den Lieblingen Gottes: die Armen und Bedrängten, alle Menschen, denen es nicht gut geht. Begleiten möchte ich die Menschen, sodass sie aus dem Glauben heraus Kraft und Halt finden und so ihr Leben gestalten.
Schließlich hoffe ich darauf, dass wir bei der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs einen großen Schritt nach vorn machen und unabhängige Fachleute die Vorfälle beleuchten und uns dabei helfen, die richtigen Schlüsse aus diesen schrecklichen Geschehnissen zu ziehen. Ich werde dieses Thema weiterhin mit aller Kraft angehen, hoffe aber auch, dass es nicht alle anderen Entwicklungen des Bistums überlagern wird.
Dr. Heiner Wilmer
Bischof von Hildesheim
Ich freue mich auf eine große Ausstellung!
Im September 2019 eröffnet im Dommuseum unsere Sonderausstellung „Zeitenwende 1400. Hildesheim als europäische Metropole“. Wir wollen eine bislang wenig beachtete aber für die spätere Entwicklung sehr wichtige Phase der Geschichte von Stadt und Dom präsentieren. Die heutige Baugestalt unserer Domkirche geht auf diese Epoche zurück ebenso wie andere das Stadtbild prägende Bauten, zum Beispiel St. Andreas. Die städtische Gesellschaft differenziert sich aus. Bildung, Krankenversorgung und die neue Frömmigkeit der „Devotio moderna“ sind von zentraler Bedeutung für das städtische Leben. Es ist eine Zeit klimatischer Veränderungen, neuer Technologien und eines neuen vom Individuum ausgehenden Menschenbildes.
Eine solche Ausstellung heißt für alle im Dommuseum viel, viel Arbeit. Die Vorplanungen laufen schon seit fast zwei Jahren und jetzt kann richtig durchgestartet werden, denn die Unterstützung zahlreicher Sponsoren macht die Realisierung überhaupt möglich. Es kommen Leihgaben aus vielen europäischen Ländern und aus den USA. Die besondere Herausforderung besteht darin, dass erstmals nach der Wiedereröffnung das ganze Museum umgebaut wird. Im Vorfeld ist daher die Zusammenarbeit mit dem Gestalter extrem wichtig. Katalogautoren müssen gewonnen werden und weil auch digitale Medien in der Vermittlung eine zentrale Rolle spielen, beschreiten wir neue Wege in der Zusammenarbeit mit den entsprechenden Dienstleistern.
Ein solches Projekt klappt nur, wenn das gesamte Team im Museum an einem Strang zieht, zumal zum „Aschermittwoch der Künstler“ und in den Sommermonaten zwei weitere Ausstellungen geplant sind, zusätzlich zum Tagesgeschäft. Mein großer Wunsch ist, dass alle durchhalten und viele interessierte Besucherinnen und Besucher in die Ausstellung kommen.
Professor Claudia Höhl
Direktorin des Hildesheimer Dommuseums