Europa wählt

Ein Herz für Europa

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Reinhard Kühn
Nachweis

Foto: Edmund Deppe

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Ein festes Untensil auf dem Schreibtisch von Reinhard Kühn ist die Europa-Fahne.

Wenn am 9. Juni ein neues Europäisches Parlament gewählt wird, hofft Reinhard Kühn vom Diözesan-Caritasverband Hildesheim, dass sich alle Wahlberechtigten ihrer Verantwortung bewusst sind und ihr Kreuz bei den demokratischen Parteien machen.

Schon als Jugendlicher hat sich Reinhard Kühn für die europäischen Nachbarländer interessiert und sich mit dem „Virus Europa“ infiziert. Dass er sich auch einmal beruflich mit Europa befassen würde, hätte er sich damals nicht träumen lassen. „Schon seit Mitte der 80ger Jahre habe ich bei der Caritas mit Mitteln des europäischen Sozialfonds gearbeitet. Wir haben damit Einrichtungen wie zum Beispiel Jugendwerkstätten mitfinanziert. Das war für den damaligen Diözesan-Caritasdirektor Karl Bernert Expertise genug, Kühn zu bitten, ihm etwas für einen Vortrag aufzuschreiben, den er in seiner Funktion als Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege auf dem „Forum für ein soziales Europa“ in Braunschweig halten sollte. Dazu eingeladen hatte der niedersächsische Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Jürgen Trittin. „Die Veranstaltung war ein voller Erfolg und Bernert kehrte glücklich zurück. Kurz darauf, ich glaube es war 1991/92, wurden im Verband neue Strukturen eingeführt und Referate gebildet. Bernert hielt das Thema Europa und EU für so wichtig, dass er mich zum EU-Referenten machte, den ersten bei einem deutschen Caritasverband“, erinnert sich Kühn. Andere Caritasverbände zogen nach und parallel wurde vom Deutschen Caritasverband unsere Hauptvertretung in Brüssel aufgebaut. „Wir sind nach und nach immer stärker geworden und waren lange Zeit der einzige dort vertretene Wohlfahrtsverband.“

Oft hat Kühn selbst das Caritasbüro in Brüssel genutzt. „Es ist Luftlinie nur hundert Meter vom Europäischen Parlament entfernt und ein Superort, um Lobbyarbeit für Caritas und katholische Kirche zu betreiben“, erzählt er und betont die enge Zusammenarbeit von Caritas und dem Katholischen Büro Berlin. „In letzter Zeit waren wir sehr stark unterwegs in Sachen Beihilferecht, Reform des Beihilferechts in der EU und beim Vergaberecht.“ 

Wenn Kühn über sein Verhältnis zu Europa nachdenkt, sagt er ganz klar: „Die EU erscheint oft unheimlich kompliziert. Wenn du da nicht mit Herzblut dabei bist, dann geht das nicht. Die Europäische Gemeinschaft und die EU sind ja erst einmal als Wirtschaftsgemeinschaft gestartet. Und wir haben uns seit Jahrzehnten dafür eingesetzt, dass der soziale Aspekt genauso stark Berücksichtigung findet, so dass sich diese beiden Säulen angleichen.“ Immer wenn Kühn in den letzten Jahrzehnten in Brüssel war, ging es darum, „für Belange von Menschen in Not einzutreten“. Viele Jahre hat er für den Deutschen Caritasverband und im Auftrag der Nationalen Armutskonferenz im europäischen Antiarmutsnetzwerk mitgearbeitet. „Wir haben viel mit der Europäischen Kommission und dem Parlament verhandelt, wie MIttel aus der EU dafür eingesetzt werden können“, so Kühn.

» Ich träume von einem sozialen Europa! «

Doch nicht nur dienstlich fühlt sich Reinhard Kühn als Europäer, er versucht diese Einstellung auch privat weiterzugeben. „Meine Kinder haben da anscheinend eine Menge abgekriegt und sind europäisch unterwegs. Ich habe das Gefühl, ich habe dieses europäische Virus gut weitergegeben“, sagt der Europaexperte lachend. Aber gleich wird er wieder ernst, wenn er an die kommende Europawahl denkt. „Wenn ich sehe, wie in den letzten Jahren die rechten Fronten in Europa zugenommen haben, ist das ganz fürchterlich, weil sie sich mit ihren Äußerungen auch gegen unser christliches Menschenbild wenden. Der Mensch ist das Ebenbild Gottes, das ist unsere Überzeugung. Wenn Politiker und Parteien die Würde von Menschen in Frage stellen, da sie nicht ihrer Norm entsprechen, tut mir das weh. Damit kann ich als Christ nicht leben. Aber es gibt eine starke Kraft in unserer Bevölkerung, die sich solidarisch gegen diese Tendenzen stemmt, wie es die Demonstrationen für Demokratie gezeigt haben. Wir müssen allerdings aufpassen und dürfen nicht nur einfach sagen, das ist alles Mist, was aus der rechten Ecke kommt, sondern müssen selbst deutlich herausstellen, für was wir stehen. Wir stehen für Menschen, egal wer sie sind, egal wie sie leben, egal woher sie kommen. Das ist das Wesentliche, was unsere Arbeit ausmacht, was uns als Christenmenschen ausmacht“, betont Kühn und hofft auf eine hohe Wahlbeteiligung, um die demokratischen Kräfte in Europa zu stärken.

Reinhard Kühn Porträt

Zur Person

Reinhard Kühn (64) gehört zum Vorstand des Caritasverbandes für die Diözese Hildesheim und ist bei der Caritas im Land Niedersachsen zuständig für Europafragen. 

Edmund Deppe