Geschichten aus der Bahnofsmission

Ein „mysteriöser“ Diener

Adelheid Bornholdt hat von 1991 bis 2015 die Ökumenische Bahnhofsmission Magdeburg geleitet. Hier erzählt sie von ihren Erlebnissen:


An einem sonnigen Vormittag betrat ein etwas kleinerer Herr mit fremdländischem Aussehen und mit einer langen Soutane bekleidet die Ökumenische Bahnhofsmission. Der Besucher wirkte recht unsicher und erkundigte sich nach einer Möglichkeit, etwas zu essen und zu trinken zu bekommen, was ihm dann gern von den Mitarbeitern gereicht wurde.
Nach einer geraumen Zeit berichtete der Gast in gebrochenem Deutsch, dass er aus Riga stamme und dort als griechisch-katholischer Priester im Dienst des Herrn stehe. Leider habe er in der vergangenen Nacht keine Unterkunft gefunden und musste auf dem Hauptbahnhof die nächtliche Zeit verbringen. Weiter berichtete er, dass er drei Jahre in der Theologischen Akademie in Rom als Restaurator tätig gewesen und nun auf Durchreise sei. Während des Gesprächs zeigte er einige Fotografien, die das Berichtete bestätigen sollten, dennoch kamen bei den Mitarbeitern zunehmend begründete Zweifel über den Wahrheitsgehalt der Aussagen des angeblich Geistlichen auf. Ungeachtet dessen versuchten die Mitarbeiter für ihn eine Schlafmöglichkeit, insbesondere im kirchlichen Raum zu finden, was dann auch für eine weitere Nacht in einem christlichen Bildungshaus mit einer finanziellen Beihilfe gelang.
Am darauffolgenden Morgen kam der „mysteriöse“ Diener des Herrn wieder gut erholt in die Bahnhofsmission, wurde dann von den Mitarbeitern freundlich bewirtet und erkundigte sich abermals nach einer weiteren Übernachtungsmöglichkeit in einem kirchlichen Haus.Trotz wiederholter diesbezüglicher Versuche gelang es dann nicht mehr, ihm eine erneutes Schlafquartier zu beschaffen. Somit begab sich der Gast auf die Weiterreise mit möglicherweise unbekanntem Ziel.
Gerne hätten die Mitarbeiter der Ökumenischen Bahnhofsmission den Mann mit angeblich geistlichem Status weitergeholfen, aber leider war dies nicht mehr möglich.